20140513

Fall 1 - XXXV

Mit einem lautem Krachen komme ich zu Boden, stütze mich und versuche gleichzeitig mich abzurollen. Ein etwas kläglicher und schmerzhafter Versuch, der zum Scheitern verurteilt ist, als ich mit den Füßen voran und einer enorm schmerzhaften Landung auf dem Rücken aufkomme.

Langsam werden diese seltsamen Landungen zu einem Normalzustand. Vielleicht sollte ich mir irgendwann so ein Manöver antrainieren, mit dem ich das besser hin bekomme Für den Moment jedoch, mit schmerzender Rück- und Vorderseite erstmal aufstehen. Schmerz in der Bauchgegend. Hab ich jetzt natürlich besonders gebraucht und gewünscht. Leichtes Abklopfen. Um gucken

Ich befinde mich in einem langen Korridor, der verschiedene Seitentüren zur rechten aufweist, sowie eine lang gezogene Fensterfront zu meiner Linken. Außer einigen vernagelten Brettervorschlägen die von außen den Lichteinfluss senken und nur vereinzelt Licht hereinlassen, ist hier ansonsten von nirgendwo ein Lichtstrahl zu erkennen. Nur das Leuchten aus dem Raum hinter mir und dem unregelmäßigen Leuchten des zersplitterten Displays ist es zu verdanken, dass ich überhaupt irgend etwas in der Dunkelheit vor mir erkennen kann. Das bisschen Licht, das durch die Ritzen der Bretterverschläge durch die Dunkelheit zu meiner Linken dringt, reicht nicht ansatzweise, um auch nur ein Fitzelchen dieses Ortes zu erhellen. Immerhin macht es deutlich, dass sich hinter der Fensterfront ein größerer Raum verbergen muss. Wo der Eingang ist, und warum es mit Brettern dicht gemacht wurde, bleibt zu erforschen.

Der Korridor selbst setzt das Fliesenmuster fort, das auch schon im Raum des Alten zu erkennen war. Starker Staub an vielen Stellen deutet an, dass dieser Bereich schon seit langem keine menschliche Seele mehr gesehen hat, während hier und da hängende Spinnweben dafür sorgen, dass zu mindestens eine Sorte von Lebewesen aus diesem dunklen Ort etwas macht. Soweit ich erkennen kann, liegt ab und zu mal eine Haufen Unrat im Weg, alte Möbel, die gestapelt wurden, Stühle und Tische, die wohl mal zu einer typischen Büroware gehörten.

Insbesondere die ersten Räume zu meiner rechten, in die ich rein gucken kann, machen den deutlichen Eindruck von Büros. Unwirsch zusammen geworfene Kisten voll mit Akten bis unter die Decke, welche in Teilen schon anfängt unter dem Gewicht und der Last des Alters oder einer ungünstigen Bauweise zusammen zu brechen, während der stetige Regenfall die meisten Unterlagen, als ich einmal durch gehe, unleserlich gemacht hat.

Als ich dem Korridor weiter in die Tiefe folge, macht er irgendwann scharf halt an einer Kreuzung. Zu meiner Linken, neben einer Verbindung in den Raum mit der Glasfront zu einer zweiflügeligen Tür, dickes gelbliches Absperrband über die gesamte Seite gezogen, während gähnende Dunkelheit mich gerade die Kreuzung hinunter und zu meiner Seite erwartet. Wollen wir doch mal sehen, was für ein Ort dies sein mag.

Flinken Fußes bin ich durch die Masse aufgewirbelten Staubs und, nachdem ich mich durch diverse Spinnennetze gekämpft habe, an der großen Tür angekommen. Das Absperrband widersetzt sich mir. Es erfordert etwas Aufwand, bis es einigermaßen gezerrt ist. Schließlich kann ich die Tür ohne Probleme erreichen. Nächstes Problem. Ich drücke die Klinke herunter und nichts passiert. Abgeschlossen. Mist.

Versuch Nummer Zwei. Taste mich an der Seitenwand Richtung Glasfront-Raum. Kann die Türöffnung wiederfinden und trete ein. Groß. Sehr tief, nicht höher von der Decke her, als der restliche Raum, aber immer noch sehr hoch.  Tische, die aufeinander gestapelt Reihe an Reihe in der Mitte des Raumes stehen, diverse Stühle, die daneben achtlos umher geworfen einen Großteil des Bodens bedecken, dass ich schon vorsichtig die Füße voreinander setzen muss, um nicht spontan und sehr schmerzhaft auszurutschen.

An einem der Fensterverschläge stehen geblieben, blicke ich durch ein Loch. Im ersten Moment sticht mir die Helligkeit schmerzlich ins Auge. Ist das Sonnenlicht? Das kann gar nicht sein, es war irgendwas nach Mitternacht als ich das Haus erreicht hatte. Ich meine, wie lange bin ich hier unten, wenn das Sonnenlicht ist?

Für eine kurze Weile muss ich wie ein verrückter blinzeln, die ganze Zeit immer mit einem Auge durch den Verschlag zu blicken. Es ist in der Tat Sonnenlicht, wenngleich nicht direkt die Sonne, die hinein spiegelt Ich kann etwas großes metallisches erkennen, das den Sonneneinfall reflektiert. Ein Schild? Eine Anlage? Drücke mich von der Wand weg, ergreife einen der Stühle und zimmere ihn mit Gewalt gegen den Verschlag. Mit einem lauten Bersten und Krachen bricht dabei die Lehne des Stuhls ab, bis ich nach dem dritten Schlag nur noch die einfachen dürren Stahlfüße des Stuhls in den Händen halte. Auch nicht so glücklich. Aber die Tische sind zu schwer, um sie gegen den Verschlag zu hämmern. 

Es hilft nicht, hier jetzt lange zu überlegen, entweder ich komme hier irgendwie weiter oder ich mache unten weiter. Aber unten werde ich irgendwann Fouquier treffen. Hin und Her. Abwägen? Zweiter Stuhl. Dritter Stuhl. Als ich den Achten oder  Zehnten Stuhl schließlich am Verschlag probiere, bricht das Holz und mit etwas Druck kann ich das gesamte Konstrukt durchbrechen. Licht flutet den Raum, der aufgewirbelte Staub und die Spinnenweben reflektieren den rötlichen Lichtschein in tausend Formen. Die Helligkeit wirkt blendend.

Vor mir eröffnet sich die Weite des Industrieparks. Ich kann auf diverse großflächige Anlagen blicken, hier und da ein paar Strommasten sowie ein großes metallenes Objekt, das in seiner Form etwas an eine Hyperbol-Antenne erinnert, wenn es nicht gerade die aufgehende Morgensonne, die rötlich am Horizont im Osten gerade dabei ist aufzugehen, heraus reflektieren und genau in mein Gesicht und gegen die Fensterwand des Gebäudes scheinen würde, in dem ich mich befinde. Leider trennen uns ein großer Zaun und ein hoch angestelltes Schild, das von meiner Seite aus nur abgeblätterte Überreste von Farbe zeigt, welche das darunter zum Vorschein kommende Holz offenbaren. 

Vorsichtig klettere ich über den jetzt aufgebrochenen Fensterrahmen aus dem Gebäude heraus und stürze erneut beinah, weil der Boden auf der Außenseite etwas tiefer angelegt ist, als ich es erwartet hatte. Haue mir etwas den Staub von den Klamotten und schaue mich um. Ein großes Absperrband bedeckt auch von Außen die Doppelflügelige Eingangstür, durch welche ich ursprünglich meinen Weg machen wollte, während die restlichen Fenster, das Gebäude geht dahinter noch weiter, ebenso verbarrikadiert sind, wie dieses. Je länger ich es betrachte, umso mehr erinnert es in seiner Fertigbauweise an die typische Art Haus, das eigentlich nachdem es nicht mehr in Benutzung ist, abgerissen werden sollte. Vermutlich hat sich das hier nicht gelohnt. Ein Blick nach oben offenbart verwunderlicheres. Direkt über dem eigentlichen Part, wo man das Hausdach vermuten würde, steht bedrohlich heraushängend ein Felsüberhang, an den das gesamte Bürogebäude angesetzt wurde, als ob es einfach nur darunter gebaut wurde. Mutig.

Ich latsche zum großen Schild Richtung Zaun. Als ich davor stehe wird einiges klarer. Das Schild beginnt mit einer Beschriftung, die zuerst einmal von der örtlichen Baufirma berichtet, sowie der Tatsache, dass es aus Sicherheitsgründen für gefährlich und somit abbruchreif erklärt hatte. Scheint so, als ob jemand die Nachricht nicht bekommen hat. Wobei mich der Bauherr etwas mehr interessiert. Ein gewisser Jonah Frothers von Ill-Deemed Investments. Der Hochofen kommt mir in der Erinnerung wieder vor Augen. Die gesamte Konstruktion muss von Anfang an geplant worden sein, so etwas kann nicht einfach von nur einer Person hoch gezogen werden. Aber das ist für später interessant, für den Moment mache ich mich wieder zum Fenster, und klettere mühsam erneut über den kaputten Fenstersims hinein, was sich als schwieriger ausnimmt, als es klingen mag. Hätte ich bloß mal einen Stuhl heraus geworfen.

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