20160229

Darkest Dungeon

Gothischer Horror. Ein Anwesen überrannt von Dunkelheit und Monstern jenseits unserer Vorstellungskraft. Und unvorstellbare Reichtümer und ein Erbe, für das Leute bereit sich, sich dem Tod zu stellen. Und es wird Tote geben....

Darkest Dungeon, seit dem 19ten Januar aus dem Early Access raus, ist ein Dungeon-Crawler Par Excellence in einem gothischen Horror-Ambiente alla Lovecraft, bei der man mit einer wachsenden Gruppe von Söldlingen ein gigantisches Anwesen und dessen Umgebung erkundet, um die Mächte der Dunkelheit entweder zurück zu schlagen oder dabei drauf zu gehen.

Dazu entsendet man eine Gruppe von 1-4 Söldnern unterschiedlichster Klasse in ein Raum-für-Raum basierten Lageplan der von den eigenen Leuten durchschritten wird (Node-Based-Design!) und hält an, um seltsame Kuriositäten zu erkunden oder sich Gefechte mit Monstren zu liefern, von Skeletten, banditen, zu Schweinemenschen und Fischwesen ist die gesamte Palette erhalten, selbst lovecraftsche Bestien sind auffindbar, wenn man sich denn traut, natürlich.

Dabei wird die Umgebung, in ihrer Größe und ihrem Schwierigkeitgrad von ein paar einfachen Faktoren bestimmt und zufallsgeneriert, wodurch man also jedesmal auf ein neues Muster von Räumlichkeiten trifft, sei es in den Ruinen des Anwesens, oder den dunklen Tropfsteinhöhlen der Schluchten-reichen Bucht am Meer.

Hierzu heuert der Spieler aus einem begrenzten Pool von Personen freiwillige Söldner die eine von 8 Klassen haben an, und hofft, dass sie lange genug überleben, um die Herausforderungen zu bestehen, Schätze zu sammeln und letztlich den Angriff auf das Hauptgebäude, den Hort des Schreckens selbst, zu überleben.

Schwieriger wird es dadurch gemacht, dass die Charaktere nicht nur auftrainiert werden müssen, sondern auch noch durch den ausgesetzten Horror der Umgebung zermürbt werden, und Charakterzüge sammeln können, wie Wahnsinn, Selbstsüchtig oder Flagellant, was Vor- und Nachteil bringen kann.

Diese Tatsache kombiniert mit dem Rollenspiel-Element und der Tatsache, dass man das eigene Lager, ein kleines Dörfchen am Rande des Anwesens, auch noch ausbauen kann, machen Darkest Dungeon zu einem sehr langlebigen, aber durchaus auch sehr frustrierenden Spiel, weil es durchaus vorkommen kann, dass mal eine ganze Truppe in der Dunkelheit verloren geht, von Wesenheiten des Jenseits attackiert wird und verschlungen, oder ein Charakter, durchdreht, an Herzversagen zusammen bricht, oder einfach durch eine Verkettung unglücklicher Umstände stirbt.

Für Freunde des längeren taktischen Rollenspiels, die nicht schade drum sind, auch mal ein paar Charaktere zu verlieren, ist dies ein Ohren- und Augenschmaus, denn Darkest Dungeon ist zudem auch noch ein wirklich gutes Spiel, dem man die verlängerte Entwicklungszeit im Early Access auch ansieht.

20160226

Gut Geklaut ist Halb Gewonnen?

Ein sehr bekanntes und interessantes Sprichwort. Aber wir sollten ein wenig ausholen. Denn dieses Sprichwort begleitet sicherlich viele Schaffende und Schöpfende aller Generationen. 

Es erinnert mich ein wenig an den Satz "Es ist alles schonmal dagewesen, es gibt nichts neues mehr", welcher vermutlich ebenso bedenklich wie unwahr und gleichzeitig wahr sein mag.

Über unzählige Jahrhunderte hinweg, ja Jahrtausende, haben wir bemerkt, dass Kunst, Kultur und Künstlerische Entfaltung sich zuallerst an dem orientiert hat, was für seine Zeit typisch war. So war denn jede Kunst auch ein Ausdruck ihrer Zeit und der Entwicklung die sich daraus ergab.

Gleichzeitig bediente und bedient sie sich natürlich der Elemente, welche bereits vorhanden sind, und versucht daraus auch etwas völlig neuartiges zu kreieren. So ist in dieser Form der Schöpfung entweder eine konstante Entwicklung oder Verfeinerung zu beobachten. Dies ist natürlich ein stark von westlichem Gedankengut durchsetzter Entwicklungsstrang, aber zu anderen Richtungen werden wir an anderen Tagen sprechen müssen.

Es gibt keine Kunst ohne etwas, auf dem sie aufbaut. Sei es die Erfahrung des Einzelnen oder eine grundlegendere Art der Kunst, in beiden Fällen gilt es, dass wir auf den Schultern von Titanen stehen, wenn wir uns an das große Werk wagen.

So ist letztlich auch der Satz gemeint. Denn:

Gut Geklaut ist Halb Gewonnen

Bezieht sich auf die Tatsache, dass wir, aus den richtigen Versatzstücken etwas kohärentes eigenes zu basteln, wenn man es denn richtig, also "gut" macht, etwas schafft, das einem selbst enorm viel Arbeit abnimmt. Gleichzeitig ist es für Kenner des Originals als "Hommage" erkennbar und kann somit auf einen größeren Stamm an Personen zurückblicken, welche mit dem Inhalt etwas anfangen können, was es wiederum für die Allgemeinheit tauglicher machen kann.

Gleichwohl ist es eine gefährliche Wahrheit, denn nicht alles das wir übernehmen, ist auf der einen Seite sinnvoll, oder auf der anderen Seite gut übernommen. Ich kann unzählige Momente und Beispiele anführen, egal ob Film, Fernsehen, Literatur oder im Rollenspiel.

Ohne Verstand etwas zu klauen, einfach nur weil es gut wirkt, ist absurd. Gleichzeitig ist etwas, selbst wenn gut übernommen, noch lange keine Garantie dafür, dass die Übernahme auch sinnvoll war. Dinge, die nur dazu dienen, das Werk aufzublasen, die übernommen wurden, weil es sich so gehört oder weil man es schon immer so gemacht hat.

Was ist also letztlich die Aussage, die ich hier tragen lassen will? 

Vermutlich, neben einem selbstkritischen Blick nur ein "Achtet auf das was ihr übernehmt."

20160223

Die Gefahr der konstanten Revision

Mit meiner aktuellen Sonntags-Runde mache ich etwas, das ich vorher immer mit der Bremer-Runde gemacht habe. Das ist, angepasste und eigene Spielsystem entwickeln und ausprobieren.

Aktuell versuchen wir uns gerade an einer simpleren Form von STAR WARS. Das Regelsystem ist eine sehr einfache Form des D20-Systems in abgewandelter Form, entwickelt aus den OSR-Ideen von anderen Regelsystemen.

Wir haben bei jedem Spielabend Diskussionen über Regelmechanismen, was ist sinnvoll, was ist es nicht, wann sollte "Realismus" Vorrang haben, wann "Spiellogik" etc, gerade im Beispiel STAR WARS.

Warum ist das von Bedeutung?

Weil hier etwas passiert, das ich ganz faszinierend finde, denn im wahrsten Sinne des Wortes schreiben wir uns das System das wir nutzen, um dieses Module zu erleben, auf die Haut, denn alles was wir damit spielen, wird so auf die Spielerschaft zugeschneidert.

Das hat mehrere Effekte. Zum einen kann es bedeuten, dass es genau alle Trigger erfüllt, welche meine Gruppe glücklich machen. Gleichzeitig ist es aber in seiner Art nicht zwingend geeignet, den gleichen Effekt bei anderen hervorzurufen. Wie sich in der Theorie bereits gezeigt hat, "System Does Matter" da ein bestimmtes System letztlich auch für eine bestimtme Nutzung bereitet werden kann.

Werden nicht die Optionen geliefert, oder besitzt der SL nicht die Bereitschaft, die Konvertierungs-Arbeit auf andere Inhaltsfelder einzufügen, so verkommt die Benutzung des Regelsystems plötzlich zu einer anstrengenden Tätigkeit statt einer spaßigen. Wenn dann noch die Mechanismen des Spiels selbst der Spielerfahrung selbst im Wege stehen, wird es umso bizarrer, weil das, was man als Spielgefühl versucht zu erlangen nicht erhält.

Zum anderen bedeutet es, dass es auf die Idee, welche jeder von uns von der Spielerfahrung hat, also der Art, wie wir es erleben "müssten" unterscheidet und hier nur ein Amalgamat zusammenkommt. Eine amorphe Masse von Ideen welche dazu dienen soll, ein gleiches Level/Niveau davon zu schaffen, damit alle ihre Erwartungshaltung auf den gleichen Nenner bringen, sozusagen.

Das Problem hierdran ist offensichtlich, denn JEDER von uns, und damit meine ich nicht nur meine Rollenspiel-Runde, sondern wir alle als STARWARS-Freunde haben eine sehr unterschiedliche Idee davon, was das Spielgefühl ausmacht, wie es sich anfühlen muss.

Für die einen ist es wie in WEG STAR WARS ein Erleben von kleineren Abenteuern, wo die Spieler niemals an das Niveau der Filmfiguren rankommen werden, gleichzeitig aber in die Rolle der echten Unterstützungs-Charaktere schlüpfen können. Für die nächsten ist es FFG STAR WARS, wo die Spieler je nach Rolle in einen narrativen Fluss einschlüpfen und sich der durchaus rapide wandelnden Handlung ergeben, um ihrer Charakterrolle gerecht zu werden, welche auch hier wieder nur unterhalb der Filmhelden zu sehen ist. Und für wieder andere kann es sein wie in STAR WARS SAGA EDITION wo es zu einem extrem cineastischen, aber gleichzeitig auch sehr tödlichen System von epischen Helden geht, welche gleichzeitig aber auch mit allen Problemen dieses Epos leben müssen und genauso schnell draufgehen wie aufsteigen können.

Das kann, je nachdem wie verbreitbar so ein System werden kann, durchaus ein Problem werden.

Zudem kommt noch dazu, dass durch die konstanten Änderungen natürlich keine Mechanik wirklich mal mehr als 10h Test-Zeit durchläuft, ehe die Möglichkeit besteht, dass es wieder über den Haufen geworfen wird, insofern kann es auch zu einer totalen Verzerrung von Grundlage und Effekten führen. 

Man merkt also, es ist viel hinter diesem Thema, das auf den ersten Blick vielleicht nicht so klar war, aber das durchaus einer Erörterung wert wäre. Hier daher nur so viel, und an anderer Stelle vielleicht mehr.

20160220

Kommunikation

Es ist mir aufgefallen, und deswegen verschiebe ich mal, was ich ursprünglich schreiben wollte nach Hinten, dass die Kommunikation zwischen Spielern und Spielleiter von größerer Bedeutung sein kann.

Wie komme ich darauf?

In einer aktuellen Runde, die ich leite, haben wir einen TimeSkip von ca. 4 Jahren. 

Zwei Spieler leite ich im einzelnen mit Solo-Szenarien und viel viel viiieeeeelllll Text dazu, dass bestimmt wird, was sie machen in dieser Zeit, während der Rest der Truppe nicht so richtig entscheidungsfreudig ist, jenseits davon, dass sie zusammen irgendwas in die Luft jagen wollen, wobei der eine eher Chaos und Anarchie verbreiten will, während der andere eher im Fahrtwasser des ersteren anfangen möchte, Dinge auszurauben und generell seinen Reichtum zu erhöhen.

Das Ergebnis des ganzen war dann, um einerseits trotz dessen ein interessantes Spielerlebnis zu bieten und den Spielern nicht aufzuzwingen, dass sie die gesamten Geschehnisse mittels Text aufdirigieren würden, dass wir das ganze abstrahiert abhandeln.

Das heißt, ich habe mich hingesetzt und im wahrsten Sinne des Wortes ein Brettspiel für die beiden entworfen, bei dem es darum geht, dass sie als 2 Spieler gegen einen Spieler arbeiten, und einerseits Chaos bringen und andererseits Plünderungen machen.

Das ganze wurde von mir zu einem groben Skelett eines Spiels ausgearbeitet, auf das ich, wie üblich, doch auch ein kleines bisschen stolz war in seiner Arbetisgeschwindigkeit, da ich in weniger als 4 Tagen ein vollständiges und spielbares Brettspiel gezimmert hatte.

Bis ich das ganze dann der Truppe zum Lesen gab. Und hier kommt der springende Punkt. Meine Spieler haben gelesen was ich verzapft habe und waren...sagen wir mal, Begeisterung sieht anders aus. Trotz allem waren sie diplomatisch genug mir mitzuteilen, dass ich sie "missverstanden hätte".

Dies ergab, notgedrungen, ein schnelles klärendes Gespräch zwischen den Teilnehmern. In meinem Kopf surrte es. "Was habe ich falsch gemacht?" Aber um eventuelle Spannung gleich aufzulösen, es war bei weitem nicht so schlimm, wie ich dachte. Hauptsächlich waren es Problem mit 2 Aspekten, der erste natürliche der Spielstil, denn mit dem Abstrahierungsgrad hatten die Spieler weniger Probleme. 

Vielmehr war es so, dass die Regeln, quasi "RAW" (Rules-as-written) recht komplex wirkten und gleichzeitig in den Aktionsmöglichkeiten der Spieler etwas abbildeten, das sie vielleicht nicht so gut fanden, oder dachten, dass das ihre Charaktere nicht so tun würden. 

Wir sprachen ein paar Stunden darüber, ebenso wie einige der wichtigeren Inhalte für das Spiel und konnten den Konflik somit auflösen.

Was mir daran aber wichtig ist, und was sich hier zeigte war das Feedback und die Rückmeldung der Spieler angesichts eines klar erkennbaren Missverhältnisses zwischen dem was ich verstanden hatte was sie sich vorstellten, und dem was sie sich letztlich vorstellten. Natürlich kann so was immer wieder vorkommen, aber ich habe selbst genügend Beispiele erlebt, wo es ein weniger glücklicheres Ende genommen hat, weil die Teilnehmer nicht in der Lage waren, miteinander zu kommunizieren. Insofern eine wichtige Lektion, die man immer wieder lernen muss.

20160217

SOLO-Rollenspiel

SOLO-Rollenspiel.

Es gibt Begrifflichkeiten, die machen es einem schwer, ernsthaft zu bleiben. SOLO bezeichnet in diesem Fall nicht den Südamerikanischen Söldner/Hit-Men aus Cyberpunkt 2020, sondern steht für Einzeln. Aber gut, unterlassen wir die schlechten Witze. Auch wenn ich zuversichtlich bin, noch gar nicht so richtig losgelegt zu haben.

SOLO-Rollenspiele sollen es einer Person ermöglich, mit ein bisschen Fantasy, Abenteuer und fantastische Reisen zu erleben, nicht unähnlich denjenigen, welche andere als Gruppe erleben, gleichzeitig aber mit dem vollen Kontroll-Moment, und der Möglichkeit, die Geschichte in vollkommen eigenständige Bahnen zu lenken.

Aber letztlich muss es ja nicht um Kontrolle gehen. Aber ich stürme schon wieder ungestüm vor, das muss nicht sein. Gehen wir das ganze von vorne an.

Rollenspiele sind also soziale Zusammenkünfte von mindestens 2 Personen, bei denen eine kollektive Phantasie, sei es fantastischer, historischer, oder anderer Natur sei, geschaffen wird, und bei der die Teilnehmer die Möglichkeit haben, durch Interaktion untereinander diese kollektive Phantasie zu verändern. Quasi eine Art sehr frühes HOLO-Deck, wenn man so will.

Ein SOLO-Rollenspiel entfernt nun dieses Element des sozialen Miteinanders und baut dafür Zufallswürfel-Tabellen ein. Es erfordert also von vornherein, da es in seiner Natur eher etwas "archaisch" anmutet, wenn man vergleicht was wegfällt.

Nichtsdestotrotz scheint es einen Markt für diese Art von Rollenspiel zu geben. Ein kurzer Blick auf DriveThruRPG bestätigt dies nur. Wie kommt es hierzu? Die Antwort liegt vermutlich auf der Hand. Je weiter wir kommen, je älter wir werden, umso öfter finden wir, dass wir aufgrund der Verpflichtungen von Familie, Leben und Arbeit auseinander gerissen werden. Umso schwierigier wird es, Zeiten zu finden, an denen man mit seinen Freunden zusammensitzen kann, Momente, in denen man, vielleicht auch garnicht um spannende Abenteuer zu machen, sondern einfach nur gemütlich die Zeit zusammen zu genießen, zusammen kommen kann, um eben dies zu tun.

Somit ist auch eine Begründung gefunden. Und zuletzt wird es immer die besonderen Persönlichkeiten geben, welche von vornherein das Hobby aus Gründen betreiben, welche so unergründlich wie die Sterne sind. Aber genug Poesie, schauen wir uns ein paar Beispiele mal an.

 An vorderster Stelle ich da natürlich für den Sternenhändler von Morgen 
STAR TRADER von ZOZER GAMES.
Ein schönes kleines Stück für Traveller, ist mit dieser Anleitung es dem Spieler möglich, eine durchaus gelungene Handelsroute zu fliegen, und dabei die abstrusesten Abenteuer zu erleben. Gut, ein bisschen Phantasie für die vielen Würfelergebnisse muss auch schon dabei sein, aber  gerade Traveller ist ja durch seinen tabellarischen Aufbau und seine durchaus gute Ausarbeitung zu einer solchen Form sehr geeignet. Natürlich muss klar sein, dass hier nur eine sehr begrenzte Form des typischen Traveller-Abenteuers durchgeführt werden kann, und gerade NSC-Reaktionen und bestimmte Ereignisse erzwingen geradezu, dass der Spieler sich selbst etwas aus den Fingern saugen muss, aber ansonsten, für seine Art, definitiv sehr geeignet, vor allem weil es durch Erweiterungsbücher der Linie durchaus auch noch inhaltsvoller gestaltet werden kann.

Als zweites hätten wir da die Reihe unterschiedlichster Fantasy-RPGs für den Einzelspieler, von denen einigen nur beispielhaft hier aufgeführt werden sollen, da es viel mehr gibt, als sinnvoll wären.
 Wobei ich das primär für Labyrinth Lord ausgelegte SOLO HEROES empfehlen würde, da ich vom GAME MASTER EMULATOR etwas weniger halte und da DUNGEONS - A SOLO ADVENTURE GAME mir im Fokus doch etwas zu klein ist, heißt es hier natürlich trotz allem, dass sehr gute und vor allem umfangreiche Optionen bestehen, wie das "Spiel" gestaltet werden kann. Und gerade in in Anbetracht, der Tatsache, dass Fantasy weiterhin der stärkste Sektor fiktionaler Settings/Spiele/Bücher nach Romanzen bleibt, lässt tief blicken für den Eskapismus der Gesellschaft. Kurzum, wer für Abenteuer ála Conan et. al. etwas sucht, wird hier genau richti bedient, denn hier hat der Einzelkämpfer die Oberhand.

Damit haben wir zwei Kategorien von SOLO-RPGs tatsächlich abgehandelt. Die Variante, die anhand von Zufallstabellen für Varianz sorgt und reglementiert, und die welche es durch Spielmechanismen macht, statt es so stark zu abstrahieren.
Die letzte Variante ist schliesslich das "Freie SOLO-Rollenspiel", das im Rahmen des letzten Eintrages vorgestellt wurde. Hierbei handelt es sich um Story-fokussierte Spiele wie QUILL etc. welche den Wert darauf legen, dass der Spieler mit ihnen eine Geschichte schreibt/schafft, unabhängig davon, welche Werte, oder anderen Aspekte zum Vorschein kommen mögen, denn alles tritt gegenüber dem Plot in den Hintergrund.

Natürlich war das jetzt kein sehr ausführlicher Blick, denn ein solcher würde um vieles länger dauern, als ich hier im Moment gerade Zeit habe vorzubereiten, aber es sollte wohl gewiss sein, dass auch, wenn man mal alleine sitzt, man deswegen nicht gleich verzweifeln muss ;)

20160214

QUILL - Ein Brief-Post-Rollenspiel

Quill
The Letter Writing RPG

Welch faszinierende Idee. Ein Rollenspiel, bei dem der Spieler an eine Persönlichkeit einen Brief verfassen muss, den er, mithin des "Settings" und der Inhalte verfassen muss, und der am Ende durch ein "obligatorisches Spielsystem" auch noch bewertet wird.

Quill, also "Federkiel" zu Deutsch, ist mehr Schreibübung als Spiel in meinen Augen, das macht es aber nicht unbedingt weniger wertvoll.

Bei QUILL wird der Spieler dabei nicht danach bewertet, wie stark er ist, oder wieviele Monster er erschlägt, welche Abenteuer er erlebt hat oder ähnliches, sondern einfach danach, wie eloquent er schreibt, wie gut er in seinem Brief argumentiert und seinen Fall präsentiert.

All die Dinge allso, welche einen echten Brief ausmachen würden, werden hier in einen Kontext gesetzt. Aber keine Sorge, man kann auch würfeln. (Wie ich inzwischen bei diversen kleineren Rollenspiel-Mechanik-Tests rausgefunden habe, legen einige da sehr sehr großen Wert drauf.) 

Mit 3 sechsseitigen Würfeln wählt man schliesslich seinen Charakter und eine besondere Fähigkeit. Man kann inspiriert sein, erleuchtet, oder Ausgeschmückt.  Dann wählt man das Szenario und erhält eine Reihe von Vorgaben, wie die Länge des Dokuments in Form von Absätzen. 

Jeder Absatz erfordert dabei einen Wurf um darzustellen, wie gut der Absatz beim Leser ankommt und hat ein paar Vorgaben für Wörter, die benutzt werden sollen. Dabei muss gleichzeitig, sollte der Wurf nicht erfolgreich sein, Wörter genutzt werden, die schlechter ankommen. So entsteht nach und nach ein Dokument, das bewertet werden kann.

Nach 5 Absätzen ist der Brief, der hier nur eine Zusammenfassung auch eines möglicherweise längeren Dokuments repräsentieren kann, zu bewerten. Je mehr Punkte man ansammelt durch das Würfeln der eigenen Fähigkeiten, umso besser.

Insgesamt werde ich im Laufe der kommenden Wochen QUILL einmal ausprobieren und der Öffentlichkeit vorstellen, aber ansonsten ist es natürlich als Solo-Spiel eher...bedürftig, da der eigentliche Inhalt recht trocken gestaltet ist.

Was solche Spiele aber insgesamt ausmachen kann, möchte ich in meinem nächsten Eintrag stärker beleuchten, wenn ich ein paar Worte zu Solo-Rollenspiel verlieren werde.

20160211

Fall 1 - XLVI

Dunkelheit umfängt mich. Eine Schwerelosigkeit. Ein Moment. Ein einziger Augenblick.

Wie ein Stromstoß. Der Moment, in dem es mich hochreißt. Die Augen offen. Soweit es geht. Und nehme ALLES wahr. Ich bin allein. Und in einem Krankenbett. Schon wieder. Lehne mich zurück. Der Atem geht schnell. Panisch. Ein kleiner Raum. Vielleicht 3x4m. Eine einsame, nackte Glühbirne beleuchtet alles. Das Bett steht allein. Es…es ist das einzige hier im Raum? Keine Fenster. Die Wände wie billiges Sperrholz, zusammen gezimmert für eine Fertigwohnung. Ein Abstellraum inmitten eines Lagerhauses? Drücke mich langsam hoch. Huh. Meine Beine sind eingeschlafen. Selbst die Decke ist anatomisch korrekt aufgesetzt. Als hätte sie jemand so lange auf meine Beine eingepasst, bis es wie aus einem Guss wirkt. Obsessiv. Der Blick an mir selbst zeigt, kein Hemd. Nur ein bläuliches Leibchen.

Schlage die Decke beiseite. Huh. Was ich vorher befürchtet habe, ist Realität. Ich lag bis eben in einem kleinen bläulichen Krankenhaus-Leibchen. Wo sind meine Sachen? Unangenehm, das Gefühl von Luft am Rücken. Drücke mich langsam hoch. Irgendwas ist seltsam. Die Glühbirne ist sehr laut. In ihrer ansteigenden Helligkeit müsste sie fast zerspringen. Vielleicht eine Überlastung des Stromkreislaufes? Meine nackten Füße berühren den Fußboden. Kalt.

Wie unangenehm. Bei näherer Betrachtung kann ich erkennen, dass selbst der Fußboden aus dem Spannholz ist, mit dem die Wände verkleidet sind. Hoffentlich fang ich mir keine Splitter ein. Nicht einmal meine Schuhe stehen hier. Ein Blick umher. In meinem Rücken ist eine einsame Tür. Wieso habe ich die eben nicht bemerkt?

Nur wenige Schritte trennen uns. Sie sind schnell überwunden. Ein beherzter Griff zum Türknauf. Drehen. Moment. Sie geht nicht auf. Rüttle etwas stärker. Sie ist abgeschlossen?! Welcher Mistkerl würde mich….Moment. Nein. Ok. Ich kann das verstehen. Ein blutiger Typ in abgerissenen, dreckigen und durchsiebten Klamotten kommt mit einer Halbnackten Frau auf den Armen zu einer illegalen Hafenklinik eines Untergrund-Arztes, nachdem er eine Karre am Gebäude zu Klump gefahren hat. Doch. Wenn ich so drüber nachdenke, ist das schon eine passende Behandlung. Drehe ein paar male am Türknauf. Ändert nichts. Tür ist verschlossen.

Ein paar Schritte später stehe ich wieder an meinem Bett. Setze mich langsam auf. Und nun? Die Glühbirne über mir surrt immer noch bedenklich laut. Kann nicht direkt hingucken. Blendet so extrem auf der Netzhaut, dass für Sekunden ein Abbild verbleiben würde. Das Geräusch. Ein extremes Surren. Fuck! Der spontane Blick hinauf. Das Bild der Glühbirne, kurz vor dem Platzen. Der orangerote Leuchtdraht in seinem Moment maximaler Helligkeit. Das Klirren und Splittern des Glases. Wende ruckartig den Kopf ab. Keine Splitter! Mist Mist Mist! Über mir zerbirst der marode Lichtspender in unzählige Teile.

Dunkelheit. Kein einziger Schimmer. Es heißt, Dunkelheit ist nur die Abwesenheit von Licht. Was nichts daran ändert, dass ich nichts sehen kann. Und jetzt auch noch überall Splitter liegen. Was ist das? Meine feinen Sinne vermerken Geräusche von Richtung der Tür! Personen! Der ominöse Doktor Torn? Seine Helfer? Schlimmeres? Moment. In welcher Richtung war die Tür? Ich. Ich kann in der Dunkelheit die Geräuschquelle nicht eindeutig ausmachen. In dieser Box ist es rabenschwarz. Ich kann nicht einmal mich selbst hier drin wahrnehmen. Klar, ich kann mich betatschen. Aber das bringt mich nicht weiter. Aber halt! Vor mir. Das Bett. Meine Hände tasten langsam um her. Urkgs. Glassplitter. Naja, ein paar kleinere werde ich verschmerzen können. Sanft greife ich dem vor mir liegenden. Müsste die Bettdecke sein.

Ich ziehe sie zu mir herab. Und lege sie so aufgeschichtet auf den Boden, dass sie wie eine Schicht für die Füße wirkt. Damit ich auch bei Glassplittern umher gehen kann. Steige sanft mit den Füßen in dieses provisorische Schuhwerk. Sauber!

Ein Klacken! Die Tür wurde entriegelt! Konzentration ist angesagt. Befeuchte erwartungsgemäß die Lippen. Nichts passiert. Niemand kommt herein. Kein Licht. Nicht mal durch einen Türspalt.

Zeichner
Hallo? …Ich kann sie hören.

Keine Reaktion.

Zeichner
Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt…

Drehe mich langsam um die eigene Achse. Moment. Wenn hier das Bett ist. Dann müsste DA die Tür sein. Wie eine Schnecke drücke ich mich langsam vorwärts. Ein ewiger Kampf gegen einen Fußboden, der voller Splitter sein könnte. Oder meine eigene Paranoia.

Mein Fuß stößt an! AHA! Die Wand! Oder Tür! Erfolg! Drücke mich langsam nach vorne. Taste. Suche. Irgendwo hier muss der Knauf doch sein. Da. Im endlosen Schwarz. Etwas das sich vertraut anfühlt. Ein Türknauf! Vorsichtiges Drehen. Yes! Das erlösende Quietschen einer sich öffnenden Tür, deren Angeln seit langem nicht geölt wurden.

Die Tür öffnet sich in einem elendigen Jaulen von Rost und Metall in einen Korridor. Keine 3 Meter breit, aber sehr lang. Eine interne Aufteilung des Lagerhauses? Ein diffuses Licht kommt von der flackernden Neon-Röhre, welche über den Korridor an verschiedenen Punkten aufgespannt ist.

Es geht um meinen Bruder. Er ist tot.

Jeder Schritt bringt mich ein paar Meter vorwärts. Die Wände sind nur schwach beleuchtet, aber von irgendwelchen Graffitis überzogen. Die Farbe ist, wohl aufgrund einer langsam hochwandernden Feuchtigkeit im Holz, dabei, nach und nach abzulaufen. Auch die Korridorwände hier zeugen nur von nacktem, unverkleidetem Holz.

Ich glaube nicht an Zufälle. Wir werden jetzt ein Spiel spielen.

Gehe langsam den Korridor entlang. Hab schon nach den ersten Metern die Bettdecke an den Füßen verloren. Unverhüllter, kalt-nasser Betonboden knutscht meine Füße. Irgendwie feucht hier. Die Wände sind, je länger ich hin gucke, an diversen Stellen mit einem durchaus starken Schimmelbefall versehen. An den Ecken und Rändern, an den Abgrenzungen wo die verschiedenen Ecken ineinander haken. Das ist ja auch besonders förderlich für meine Gesundheit.

Oder glauben sie, jeder daher gelaufene Niemand wird einfach so zu meinem Onkel durchgelassen?!

Das Graffiti. Irgendwas daran ist seltsam. Es sind langgezogene Striche, die davon zeugen, dass wer auch immer hier gesprayt hat, vermutlich kein Farbgefühl hatte. Wilde Mischungen und kleine Kleckse von wild-widerstrebenden Farbkombinationen gehen über in die bizarrsten Muster. Klar, manche davon könnten Worte sein. Was für ein Blödsinn. Was soll denn da stehen? Hm, habe wohl unwillkürlich die Hand an die Farbe gehalten. Wenn ich mit meinen Finger daran entlang streiche, verwischt es leicht. Super. Jetzt habe ich Farbe am Finger.

Er weiß, dass sie entkommen sind.

Der Korridor geht immer noch weiter. Wie lange soll dieser Weg denn sein? Muss da nicht mal eine Biegung kommen? Wie lang war nochmal die Lagerhalle am Pier…

Kann den Blick nicht von der Wand abwenden. Wenn ich mich länger drauf konzentriere pulsiert meine Schläfe. Aber es ist überhaupt nichts vernünftiges, was erlesbar ist. Als ob jemand einfach wild Buchstaben aneinander geklatscht hat. Immer wieder gucke ich von rechts nach links, links nach rechts. Aber egal in welcher Reihenfolge, es macht einfach keinen Sinn.

Weil das hier das Ende ihrer Geschichte ist.

Das ist doch einfach eine wahllose Aneinanderreihung von Buchstaben?! Was war das? Ich bin mir sicher dass ich von irgendwo her jemand hab reden hören.

Zeichner
HALLO?

Es ist mehr ein Säuseln. Wie etwas, das der Wind mit sich trägt, und das im gleichen Augenblick, in dem wir es bemerken würden, wieder verschwindet. Da! Schon wieder! Es kommt von weiter vorne. Scheiß auf die Farbe. Drücke mich etwas von der Wand ab. Und muss an mich halten. Stürze fast zu Boden, meine Hand reißt und schlittert quer über die Wand entlang. Ruhig Blut. Kurz ist mein Kopf wie in Watte eingewickelt. Jeden Augenblick stechen Nadeln von Innen durch meine Augenlider. Es ist weg. Genauso schnell, wie es gekommen ist.

Es obliegt ihnen, herauszufinden, was Wahrheit und was Lüge ist.

Eine Nachwirkung der Drogen? Sie müssen mich behandelt haben. Wenn ich Torn in die Finger kriege dann werde ich. Muss den Kopf schütteln. Ein Ziel. Ein Wille. Ein Weg. Aufrecht hinstellen. Und vorwärts gehen. Jeder Schritt wird vom Platschen begleitet. Im Halbdunkel des Neon-Lichtes zeigt sich vor mir eine Tür. Die Klinke hängt etwas schräg ab. Die Tür hebt sich in ihrem Kalk-Grau stark von der Umgebung ab. Erreiche die Tür, ergreife mit der linken die Klinke. Drücke sie etwas rein, und drücke die Tür auf.

Zeichner

Oder ich würde es, wenn man die Tür nicht in meine Richtung öffnen würde. Vorsichtig an der Seite positioniert, ziehe ich die Tür ruckartig auf. Ein Schwall abgestandener Luft kommt mir entgegen. Mein Magen dreht sich. Der Speireflex kommt so schnell, die Kotze bahnt sich den Weg heraus noch bevor ich ihn zukriege, oder dass überhaupt noch will. Drücke mich mit beiden Händen gegen die Wand. Es kommt raus. Eine seltsame, fast schon durchsichtige, dunkel-farblose Brühe. Gift und Galle. Kaum Mageninhalt zum Kotzen.

Kommen sie aus der Stadt?

Der Blick auf das, was hinter der Tür liegt, macht auch nicht gerade Mut. Wie dichter Bodennebel hat sich ein feiner Schleier von Dunst in die Luft gelegt. Der Boden ist als metallenes Gatter ausgelegt. Na komm. Nur ein Weg. Wische mir mit dem Handrücken die direkten Spuren aus dem Gesicht. Mein Auge fällt auf die Seite der Tür. Auf ihrer Innenseite ist mehr gesprayt worden. Noch mehr sinnloses Grafitti. Wieder so eine unnatürliche Wortkombination. Vielleicht irgendwas in einer mir fremden Sprache. Oder Code. Oder so.

Ich habe alles für euch getan, das ihr von mir...verlangt habt.

Drehe mich Richtung Raum, mache den ersten Schritt hinein. Meine Zehennägel ziehen sich fast hoch angesichts der Kälte des Metalls unter meinen nackten Füßen. Und die Feuchtigkeit lässt jede Bewegung zu einer kleinen Schlitterpartie verkommen.

Von irgendwo vor mir kann ich ein leichtes metallisches Kreischen vernehmen. Als ob Ketten klirren. Bin ich hier in einer mittelalterlichen Folterstube?

Ein lautes Krachen in meinem Rücken. Was? Wer? Langsam drehe ich mich um. Jeder Schritt auf dem Bodengatter muss gut überlegt sein, um nicht auszurutschen. Der Geschmack von Galle, der mir im Hals liegt, und bei jedem Schlucken ins Gedächtnis kommt. Die Tür. Auf meiner Seite ist ein Schlitz eingelassen, sie ist massiv, metallisch, offensichtlich geeignet, um hohe Temperaturen auszuhalten. Ein paar dunkle Umrisse am großen, mittleren Rad. Wie nie weggewischte, festgewordene Asche.

Der Sehschlitz ist seltsam. Als ob ich hindurch sehen könnte. Plötzlich ein paar Augen. Ein wilder Blick. Dann schiebt sich auf der anderen Seite ein Riegel vor den Schlitz. Ich muss schon die Augen anstrengen, um erkennen zu können, dass ein dünnes, beschmutztes Glas noch dazwischen hängt. Mehr und mehr wirkt die Tür wie eine feste stählerne Luke. Ein Durchgang in eine andere Welt. Ich kann mir nicht helfen, aber es fröstelt mich.

War da nicht gerade….ein Wimmern in der Dunkelheit?

Ich blicke mich um. In der Schwärze ist kaum etwas zu erkennen, aber das Klirren von Metall hat sich nur verstärkt. Wie ein kleines, aber feines Orchester von falsch gestimmten Instrumenten, kann ich es immer wieder, von verschiedensten Richtungen aus der Dunkelheit hinter mir, genauso wie zu meiner linken und rechten vernehmen.

Meine Hände ergreifen das Rad der Stahlluke. Etwas stimmt hier nicht. Ich kralle mich mit den Füßen ins Bodengatter, und drücke mit aller Kraft dagegen. Rührt sich keinen Millimeter. Nicht ein Stück. Ich drücke, dass meine Hände schmerzen. Nichts zu machen. Schweres Atmen.

Zuviel Anstrengung in der kurzen Zeit. Man könnte Paranoid werden in dieser Umgebung. Blicke mich immer wieder um. Was? Der Sehschlitz wackelt. Ich drücke mich gegen die Luke, hämmere von hier aus dagegen. Er wird beiseitegeschoben und durch das verschmutzte Sichtfenster erkenne ich kaum mehr, als eine Gestalt, die offensichtlich und neugierig herein starrt. Mich anschaut, als müsse sie sich jeden Moment exakt in ihr Gedächtnis einprägen.

Zeichner
SIE DA! MACHEN SIE DIE LUKE AUF! ETWAS STIMMT HIER DRINNEN NICHT!

Ich kann den Blick nicht abwenden. Von irgendwo wird es heller hier drin. Ein sanfter Rotschimmer nimmt die Umgebung ein. Es hat etwas unglaublich angenehmes, das Farbenspiel von Gelb zu Orange zu Rot zu sehen, wie es sich auf der nunmehr als rostig zu erkennenden, abblätternden Stahlluke wiederspiegelt. Selbst die schwarzen Spuren auf dem Lukenrad sind deutlich erkennbar. Sie schmiegen sich gut in die Form meiner Hände.

Dann kommen die Flammen.

20160208

IMSCARED und das Problem des HORRORS

Ich werde nicht verleugnen, 
es hat mich durchaus in seinen Bann gezogen, 
aber letztlich eher trotz seiner Begrenzungen, 
statt wegen dieser.

Aber kommen wir zum wichtigsten Punkt...nämlich zum Anfang. Ich spreche von:
Einem kleinen Horror-.....ja, ich vermute mal, wir würden sagen, einfach ein Horror-Puzzle-Spiel. Es gibt kleinere Dialoge, auch wenn der eigene Charakter, den man selbst verkörpert, natürlich nur in eigener Form spricht und nicht auf dem Bildschirm, und es gibt einige kleinere Rätsel in Form von Gegenständen die miteinander kombiniert werden sollen. Es hat also sogar schon etwas fast "Adventure-artiges" an sich.

Grundsätzlich heißt es immer, man solle über Horror nicht zuviel spoilern, denn ein Großteil des Nervenkitzels kommt daher, dass man nicht weiß, was einen erwartet. Von daher, will ich hier auch nicht zuviele Elemente über den eigentlichen Spielinhalt verlieren, nur soviel, es geht um Grauen, Existenz und ein paar Spielereien mit der "Fourth Wall", also dem Durchbrechen derselben zum Spieler hin.

Gleichzeitig kann man hier aber auch schon das Problem erkennen. Ich habe in der Vergangenheit über Horror schon einmal gesprochen. Das Problem bei Horror liegt an mehreren Stellen, vor allem aber darin, dass das, was wir in Spiel und Film als Horror verstehen, letztlich nur der kurze, weil offensichtliche Schrecken durch a) EKEL oder b) ÜBERRASCHUNG (der sogenannte Jump-Scare) erzeugt wird.

Echter Horror ist eine beinah traumatische Erfahrung und lässt uns auch dann nicht los, wenn wir den Punkt verlassen, an dem er erzeugt wurde. Horror, echter Horror, also Schrecken, ist etwas das ins Mark und Bein fährt, das uns erschüttert und ein Trauma bilden kann.

Das ist aber letztlich nicht das, was uns die modernen Medien vorsetzen. Viel eher ist es so, dass wir heutzutage öfter damit konfrontiert werden, dass es darum geht, uns ein wenig kurzweilige Schreck-Momente zu geben, der mit einem Stakkato von Violinen angekündigte Mörder der plötzlich hinter dem Opfer auftaucht, der Statische Geräusch wenn SLENDERMAN hinter dem Spieler her jagt. 

Selbst das Medium, das die Chance hatte, beim Urvater des Schreckens abzugucken, CoCs:Dark Corners of the Earth, das seinen Schrecken wunderbar aus der ultimativen Erkenntnis des Fremdartigen hätte ziehen können, scheitert hier daran, dass das Konzept von Horror heute eher ein Schrecken um des Billigen Moments ist, nicht aber der langfristigen Schockierens.

Vor dem Hintergrund als Rollenspiel-Spielleiter kann ich natürlich nachvollziehen, dass ein Großteil dessen was Schrecken ausmacht, die Unmittelbarkeit und der Personenbezug ist. Dies für Filme oder Videospiele zu setzen ist demzufolge ungleich schwierigier. Gleichzeitig sehe ich hier aber auch nur, dass es nicht besser wird, denn es wirkt auf mich wie ein tieferer Trend dem die Gesellschaft unterliegt. Auf der einen Seite kann ich das Verstehen, aber auf der anderen Seite wirkt es etwas aufgesetzt. Mehr dazu, wenn ich mich mal wieder an ein Horror-Spiel setze.

20160205

The Aquatic Adventure of the Last Human

Die Tiefsee. 
Unendliche Weiten. 
Wir schreiben....DIE ZUKUNFT. 

Ein tapferer Astronaut wird in ein Wurmloch geschickt in der Hoffnung, dass er womöglich Erkenntnisse erlangt, welche der Menschheit bedeutende Fortschritte ermöglichen könnten. Als er zurückkehrt, gibt es keinen Funktkontakt, und ungebremst stürzt er auf die Erde zurück. 

Noch im Durchbrennen der Atmosphäre stellt er fest, dass die Welt von einer Eisschicht bedeckt ist, und seine Kapsel rast mit rapider Geschwindigkeit auf diese zu. Schon hat er mit dem Leben abgeschlossen, da durchschlägt die Kapsel das Eis. Und er befindet sich unter Wasser. Seinen Augen kaum trauend, macht sich der Astronaut auf die Suche nach Zivilisation. Nach den Spuren der Menschheit. Denn dies sind...

Effektiv angelegt wie ein Metroidvania-Spiel, aber mit sehr simplen Mechaniken, ist dieses Kleinod ein knochenschweres Spiel über die Reise durch eine Welt, die uns hinter sich gelassen hat.

Trotz der, an manchen Stellen, etwas fuzzeligen Steuerung kommt man einigermaßen gut klar mit dem Boot und nach und nach gelingt es einem sogar, das Boot aufzurüsten, wenngleich der Schwierigkeitsgrad nicht wirklich abnimmt.

Wenn ich eines wirklich kritisieren müsste, dann, das es mir öfter passiert ist, dass ich den Hintergrund und den Vordergrund verwechselt habe, da nicht immer ganz klar war, ob ein Objekt jetzt den Weg versperrt oder ob es etwas ist, das nur hinter dem Boot schippert und das dazu dient, die Atmosphäre zu bedienen.

Trotz dessen kann ich das Spiel einigermaßen empfehlen, wenn ihr denn auf solche Spiele, also bockig schwer, mit schöner Atmosphäre, Pixel-Grafik und dem Spielstil anfreunden könnt.

20160202

Fall 1 - XLV

Zeichner
Dieses Feuerzeug.

Ich lasse das Feuerzeug an zwei Fingern baumeln. Ich kann die Gier in seinem Blick förmlich riechen. Er versucht sich das Feuerzeug zu schnappen. Nicht mit mir. Etwas hochgezogen, und schon ist es aus deinem Griff raus.

Zeichner
So nicht. Wo.

Er leckt sich die Lippen. Es hat etwas geradezu urtümlich Ekliges an sich, das zu beobachten.

Penner Rechts
Einverstanden. Der Doc hat seine Klinik an Pier 22.

Wie ein hässlicher kleiner Geier schnappt seine Hand nach vorn und versucht mir das Feuerzeug zu entreißen. Dann hat er das Feuerzeug. Zucke mit den Schultern. Drehe mich ab, Richtung Taxi. Hinter mir das raue Gelächter der Beiden. Sie spielen bereits mit ihrer neuesten Errungenschaft.

Endlich das Fahrzeug erreicht. Öffne die Fahrertür. Steige ein. Mein Schädel brummt. Die linke Schulter brennt. Der Moment bleibt. Die Hand zuckt, gerade zu spastisch. Auf. Zu. Auf. Zu. Wie in einem Krampf. Packe das Lenkrad an. Und drücke zu, bis das Weiß auf den Knöcheln unglücklich hervortritt. Schweiß tropft mir von der Stirn. Wie ein brennender Fluss zieht sich der Schmerz. Von der Hand, zum Ellenbogen, zum Oberarm und zur Schulter selbst. Das unangenehme Gefühl, dass Kleidung an der offenen Wunde klebt. Etwas Flüssiges sickert unter meiner Jacke die Schulter entlang. Zähne zusammen beißen, Zeichner!

Es vergeht. Meine Hand entspannt sich. Der Druck sinkt. Hartes Atmen. Langsam und ruhig wieder zurück kommen. Motor läuft noch. Anfahren. Runter vom Parkplatz. Durch die Nebenstraßen der Docks. An endlosen Reihen von Containern. Das dumpfe Aufhellen des Himmels. Immer noch dringt keine Sonne hindurch, aber der Regen ist zu einem blassen Nieseln verkommen.

Licht. Licht. Licht. Die Straßenlaternen sind hier unten immer noch aktiv. Der fahle gelbliche Schein hüllt Straße und Abgänge, Gebäude und Fahrzeuge in unwirkliche Schimmer, das stetige Prasseln des Regens tut sein übriges. Der rauschende Wind zieht sich durch meinen Nacken durch die offene Heckscheibe. Mein Arm, meine ganze Schulter pocht, dumpf, wieder und wieder, als wäre er warm, während mir kalt ist, es fröstelt. Ein Schild in der Entfernung.

Pier 17. Immer wieder kurzes Geblinzel. Darf die Augen nicht dauerhaft schließen. Mit der Hand vorsichtig durch die Augen wischen. Dreck, Schweiß und Tränenflüssigkeit vermischen sich. Ich muss schrecklich aussehen. In der Ferne kann ich Polizeisirenen heulen hören.

18. Eine sanfte Biegung. Kaum Verkehr, sollte die Stadt nicht langsam aufwachen. Was für ein Tag ist heute eigentlich? Vermutlich ein Scheißtag. Ein Siebentonner auf der anderen Spur. Rauscht an uns vorbei. Ein Tiertransport. Das Quieken der Schweine begleitet mich nur einen Augenblick, ehe es in der Weite verschwindet.

20. Reibe mir noch einmal die Augen. Wird wohl stimmen. Sollte fast da sein. Mir ist kalt. Ich fühle mich unwohl. In meiner Haut. In meiner Kleidung. Geräusche vom Rücksitz. Ein unangenehmes Aufstöhnen. Schmerzen? Drehe den Kopf leicht nach hinten. Mist. Der Rückspiegel ist geplatzt. Nur bruchstückhaft kann ich überhaupt etwas erkennen. Manche Splitter geben mein eigenes Bild wieder, denn die Szenerie hinter uns.

Zeichner
Hey. Alles okay? Wir sind fast da.

Wie zur Antwort kommt ein weiteres Aufstöhnen. Ein gutturales Geräusch. Etwas wälzt sich hinter mir. Ein Stocken. Mir bleibt die Luft weg. Dann ein schweres Husten. Würgegeräusche. Als würde jemand im Liegen kotzen. Fuck. Wie jemand durch den Wagen spuckt, unwillkürlich, reflexhaft. Die Umgebung trifft. Galle und Spucke bleiben kleben, Einzelteilchen welche sich an den verschiedensten Oberflächen langsam daran begeben, hinunter zu rutschen. Mein Griff um das Lenkrad wird fester.

Zeichner
Wir sind fast da! Durchhalten!

Das Gefühl, dass dir jemand auf der Rückbank gerade verreckt. Da vorne! Pier 22. Das marode Lagerhaus hat auch schon bessere Tage gesehen, nur ein paar einsame Lichter geben einen Widerschein aus dem Inneren heraus und zeigen an, dass überhaupt jemand dort sein könnte. Noch auf dem Weg zur Einfahrt in Richtung des Piers. Ich spüre wie mein Fuß fast instinktiv vorpreschen will. Druck aufs Gaspedal geben. Hinter mir verreckt gerade jemand!

Obwohl die Tachonadel wild nach rechts schwingt, reiße ich das Lenkrad um. Mit quietschenden Reifen donnert die Karre in die Kurve, reißt aus, meine Hände verkrampfen sich geradewegs in das Lenkrad. Verlieren wir Bodenkontakt?

Nein. Bremsen. Bremsen! BREMSEN! Wir schlingern, während ich verzweifelt versuche den starren Fuß Richtung Bremse zu drücken. Vor meinem Inneren Auge sehe ich uns schon an der Außenwand zerscheppern. Wie stabil sind solche Gebäude eigentlich angelegt? Ein harter Ruck zur Linken zieht das Fahrzeug knapp vorbei. Wir ziehen an der Außenwand entlang, jeder Meter schlägt Funken und ein fürchterliches Metallisches Kreischen begleitet uns. Einige Meter zu weit! Muss weiter nach links? Wasser! Pier! BREMSEN!

Der Moment, als mein Fuß endlich die Bremse findet. Mit Aller Gewalt drauf zimmert. Halb im Schock gleichzeitig meine rechte Hand das Lenkrad loslässt und mit der Hand an der Standbremse ist. Schreiende Reifen, die sich auf dem Boden verteilen. Das leichte Schlingern endet. Mir drückt sich bei der rapiden Bremsung schlagartig das Lenkrad in den Magen. Luft, die aus den Lungen gedrückt wird. Speichel fliegt umher. Wir kommen zum Stehen.

Stimmen in der Entfernung? Sirenen? Ein Klingeln in den Ohren. Nur mühsam kann ich den Kopf oben halten. Etwas sickert am Lenkrad herab, tropft über meine Hand herunter. Als ob man nackte Haut vom Leder zieht, reißt sich mein Körper von Fahrersitz. Drücke mit voller Kraft gegen die Fahrertür. Mein Arm flammt auf. Die Wunde. Ein unguter Moment. Die volle Ladung der kühlen Hafenluft schlägt mir entgegen. Der Geruch von Wasser, Fisch, der See. Chemieabfällen. Der Pfad in die Green Bay? Dränge mich Stück für Stück zur hinteren Tür. Reiße sie auf. Scheiße.

Der Anblick ist erbärmlich. Sie sah schon vorher nicht gut aus, aber mit dem Erbrochenen das sich überall verteilt hat, macht es den Eindruck nicht besser. Sei es drum. Mehr oder weniger vorsichtig raus hieven. Viel schwerer, als sie vorher war. Wie lange war das her? Mein Blick verschwimmt. Konzentriere dich, Zeichner!

Hier muss doch irgendwo eine Tür sein. Da, an der eingedellten Außenwand. Ein teilweise abgerissener Griff deutet, nun lädiert, daraufhin, dass hier ein Pfad hinein gefunden werde kann. Die Tür öffnet sich von ganz alleine. Unglaublich helles Licht. Es blendet mich. Grässlich. Es brennt mir die Sicht weg. Wie ein Blick in die Sonne selbst. Stimmen. Sie sagen irgendwas. Es muss fürchterlich aussehen.

Zeichner
Bitte! Sie braucht Hilfe! Wir wollen zu Doktor Torn!

Eine Hand an meiner Seite. Eine Gestalt. Irgendjemand redet auf mich ein. Es sind mindestens zwei. Meine Augen brennen, als hätte jemand Sand und Feuer hinein gestreut. Ich kann ….ich kann nicht mehr.