Noch immer sitze ich mit einem Bekannten an dem Brettspiel Down with the Empire, wenngleich nicht an derselben Partie, über die ich bereits einen Blog-Eintrag verfasst habe, da wir diese nach ungefähr dem ersten Spieldrittel als verloren geben konnten.
Stattdessen möchte ich heute mal ein paar Worte über zwei Dinge sagen, die mir dabei und bei anderen Brettspielen aufgefallen sind.
Zum einen darüber, dass 110 Seiten Regeltext a) zu lang und b) scheiße geschrieben einem Spiel echt nicht gut tun und dafür sorgen, dass man die Hälfte des Regeltextes übersieht, ab und zu vergisst oder einfach auch nicht anwenden kann, weil es das Spiel nicht klar genug mitteilt oder eine Regelung sogar gänzlich fehlt.
Es ist ein durchaus amüsantes Phänomen, dass ich mit meinem Spielpartner dabei angefangen habe, nicht nur Mechanismen in Frage zu stellen, welche uns beim Spielen auffallen, sondern auch darüber zu sprechen, wie man es besser machen kann oder vereinheitlichen, verkürzen, generell, angenehmer für den Spielfluss. Und es ist ein Zeichen für einen überbordenden Designer, wenn er nicht erkennt, was das Problem seines Projekts ist.
Und zum anderen darüber, dass die Mehrheit unserer Mitmenschen scheinbar Brettspiele vor allem nicht nach den Regeln, die gedruckt wurden, spielt. Akut wurde mir das erst kürzlich wieder bewusst als ich Kritik für eines meiner Projekte bekommen habe, das ich auch hier im Rahmen der Building A Game-Reihe vorgestellt habe, Projekt CO.
Dabei kritisierten die Tester amüsanterweise verschiedene Umstände, welche so nicht nur nicht auftreten sollten sondern auch in den Regeln behandelt waren, und das wurde von den Testern nicht bemerkt, weil sie die Regeln nur "überflogen" hatten. Es ist ja nicht schlimm, dass sie die Regeln nicht im Detail studiert haben, aber als Kritik oder Test macht es wenig Sinn für solche Projekte, wenn ihre Regeln nicht genutzt werden, weil sie dann keine ordentliche Kritik/Testspiele durchführen können.
Dabei soll das keine Kritik an den Personen sein, ich habe auf verschiedenen Veranstaltungen dieses Verhalten schon in vielerlei Hinsicht bemerkt, und natürlich tritt es nicht nur bei Brettspielen auf. Auch Rollenspiele fallen hier massiv drunter, bestes Beispiel sind natürlich immer die großen System, DnD, Pathfinder, Shadowrun und das deutsche DSA.
Obwohl wir es uns oftmals nicht eingestehen wollen, ist jede Hausregel, jede Regel die wir übergehen für den Spielfluss letztlich ein Moment, in dem wir die Regeln ignorieren. Oft genug ist das auch notwendig, insbesondere wenn die Regeln einfach nur miserabel oder sinnfrei geraten sind, aber andererseits kann man sich dann ja auch nicht darüber wundern, wenn die Dinge nicht so ablaufen, wie sie in den Büchern beschrieben werden.
Gleichzeitig sollten wir, bei den Beispieltexten die ich in meinem Leben schon gelesen habe, vermutlich auch freuen. Es gibt schon ein paar wirklich vermurkste Regeltexte, und das noch vor mäßiger Übersetzug. Nach Übersetzung kommt dann meistens ein lustiges Pastiche verschiedener Meinungen und Begründungen raus, bei dem keiner so genau weiß, was es denn letzlich sein soll, wodurch dann wieder in den englischen Regeln nachgeschlagen wird, was aber die Übersetzung nur noch mehr entwertet :D