Fouquiers Blick ist glasig, Er kann mich scheinbar nicht mehr richtig
fokussieren, so wie er immer wieder den Kopf hängen lässt, nur um dann erneut
aufzuschauen.
Zeichner
Rede.
Nachdruck. Er entgleitet mir. Ich trete ihn. Hart. Er beugt sich fast über,
speit Blut und Galle. Zu hart?
Fouquier
Wozu? Wenn das Kaltenstadts
Dank ist. Macht keinen Unterschied mehr.
Er dreht seinen Oberkörper. Ich fixiere die Waffe auf ihn, Schweiß rinnt mir
über die Stirn, als sein Blick kurz Richtung seiner Flinte wandert, nur um ihn
dann sich gänzlich drehen zu sehen. Wie ein Krüppel vor einer Heiligenstatue an
dieselbe gelehnt zieht er mit seinen Fingern Blutige Spuren über die äußere
Oberfläche desselben.
Fouquier
Vergib mir.
Zeichner
HEY! FOUQUIER! ICH REDE MIT DIR! WER IST KALTENSTADT? WAS IST DAS HIER
UNTEN? ANTWORTE DU MIESES STÜCK SCHEISS
Im selben Moment dreht er sich um, mit einer raschen Bewegung stützt er sich
links und kommt auf mich zu. Es ist seltsam. Wie in Zeitlupe, meine eigenen
Bewegungen als würde ich durch Sand waten, sehe ich, wie er mit der Hand nach
der Waffe greift und ich gleichzeitig versuche zurück zu ziehen. Er zieht sich
an mir hoch, reißt mich fast mit zu sich herunter. Die Waffe drückt gegen seine
Brust, seine blutigen Finger klauben an meinem Griff, ob er versucht sie mir zu
entreißen oder mich nur zu entwaffnen, unerklärlich. Im Getümmel müssen wir
beide wie eng aneinander schmiegend wirken.
Zeichner
NEIN!
Der Schuss löst sich. Er grinst. Aus dieser Distanz in seinen ungeschützten
Torso. Der Blutfaden, der sich seinen Mund entlang zieht gleicht einer Fratze
des Todes. Die Finger verkrampfen. Zwar gelingt es mir, mich von ihm zu lösen,
aber er gleitet auch nur widerstandslos herab. Der Körper zuckt noch einmal.
Dann ein weiteres Mal. Ein ekliger Gestank füllt die Umgebung, als sich seine
Blase und Darm zu entleeren beginnen. Der gesamte Raum
Zeichner
SCHEISSE! SO EINE VERFICKTE MISTSCHEISSE!
Er hatte darauf spekuliert. Er wollte den Tod. Hat alles daran gesetzt, dass
er mir entweder die Waffe entringt oder selber bei drauf geht. Fuck. Er wäre
die perfekte Informationsquelle gewesen. Ohne ihn verliere ich ein wichtiges
Bindeglied in der Kette und wer weiß wer von ihm alles abhängig war und jetzt
untertaucht und...
Wandere auf und ab vor dem Toten. Dass er tot ist, daran besteht für mich
kein Zweifel. Den hat es dahin gerafft. In dieser Atmosphäre ist das vermutlich
das wenigsten grauselige, aber trotzdem kann ich das Gefühl nicht abschütteln,
dass ich es hier total verbaut habe. Dieser Mann hätte nicht sterben dürfen.
Was seine genaue Beziehung zu den Ereignissen war, oder warum er von den
Mädchen als Schlachter bezeichnet wird, alles dahin. Ihn kann ich jetzt ja
schlecht befragen. FUCK!
Mir zittern die Knie. Der Stress. Es holt mich alles ein. Mehr zu Boden
plumpsend als langsam hinsetzend komme ich an der Treppe zum Sitzen. Meine
Hände zittern. Richtiger Tatter. Hab ich das letzte Mal bei meinem Großvater
gesehen. Nervenflattern. Flashbacks an den Krieg. Der Moment, wenn man nicht in
seiner Nähe sein wollte, weil er glaubte, das jeder und alles hinter ihm her
wären. FUCK.
Ich kann die Augen nicht zumachen, ohne den Hochofen zu sehen. Der
vermutliche Verantwortliche dafür ist jetzt tot. Oder? Ich kann nicht mehr. Der
Gestank hier unten wird immer schlimmer. Es treibt einen fast Tränen in die
Augen. So schlimm, wie bei den Pennern unter der Brücke, bei denen selbst die
Kleidung noch Überreste von Exkrementen mittragen, als wären es ihre
Markenzeichen. Ich stecke die Pistole ein, schnappe nach den Zigaretten. Nicht
hier unten. Ich hoffe, er war wirklich der einzige andere hier unten, der noch
als Gefahren dienen kann. Ich krieche förmlich die enge Treppe hinauf.
Der Geruch verändert sich etwas, wird klinischer, reiner. Es riecht nach
industriellen Reinigungsmitteln. Seltsamer Gegensatz. Es beißt geradezu in der
Nase. Drücke mich gegen die Wand an der obersten Treppenstufe. Meine Hand
zittert immer noch wie Espenlaub im Wind, als ich versuche, mir die Zigarette
in den Mund zu stecken. FUCK!
Es kostet mich mehrere Versuche. Blut, Schweiß und, wie ich inzwischen
bemerke, auch Tränen, sorgen neben der zittrigen Hand dafür, dass es mich
einiges an Mühen kostet, das Feuerzug aus der Jackeninnentasche heraus zu
fischen. Und dann geht das Mistding nicht mal im ersten Moment direkt an. Es
benötigt ein paar Versuche, bis endlich eine stetige, zufrieden stellende
Flamme heraussticht. Selbst im Flackern durch meinen Atem hat es etwas
beruhigendes, dieses kleine Feuer. Ich zünde die Zigarette an. Atme tief durch.
Genieße den Zug. Einatmen. Ausatmen. Zug an der Zigarette. Und nochmal. Und
nochmal.
Es lenkt ab. Aber es hilft. Hilft, Schrecken zu vergessen oder zumindestens
in den Hintergrund zu drängen, die im Moment nicht belasten sollen. Oder
dürfen.
Fouquier hat kaum etwas von sich gegeben, aber was er gesagt hat, lässt sich
zu mindestens deuten. Er hat offensichtlich für jemanden gearbeitet, das lässt
sich daraus schließen, wie verwundert er reagierte, als ich ihn hinunter zum
Tank getrieben hatte. Ob es sich aber hierbei um die Wahnsinnigen aus dem
Städtchen oder um Matthews handelt. Keine Ahnung. Und dann der Name.
Kaltenstadt. Schonwieder ein Deutscher? Krieg ja langsam das Gefühl, das hier
so eine Art Nazi-Parade durch die Gegend rollt, wenn ich an die Glatzen denke.
Wer ist dieser Kaltenstadt, und warum sollte Fouquier annehmen, das er sich so
dessen entledigen will. Ich komme nicht drum herum, ich werde hier alles auf
den Kopf stellen müssen, um herauszufinden, was hier wirklich Sache war. Was
aber auch nicht ungefährlich ist, denn wer weiß, wann ein echter Kurier oder
ein Trupp von Schlägern vorbeikommt. Ich weiß aber auch gar nichts über seinen
Modus Operandi. FUCK!
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