tl;dr Manchmal muss man unterscheiden zwischen Mechaniken und Spielideen. Was für das eine funktioniert, funktioniert nicht für das andere. Und nicht jedes Spiel muss Spaß durch Freude erzeugen. Ausserdem: There Comes A Time; Use Me Master!; Legend Divide; Play-By-Piece-Gaming
Eine Frage, die mich in der letzten Zeit stark bewegt hat, ist die, worin der Spielinhalt bestehen muss. 'Polaris: Chivalric Tragedy at Utmost North' hat schon 2005 gezeigt, dass ein Rollenspiel konzentriert auf die Tragödie genauso effektiv sein kann, und das ohne einzelnen Spielleiter, wie typische Rollenspiele, allerdings auch nur deswegen, weil es sich darauf konzentriert eben eine solche Geschichte darzustellen. Es ist eine Geschichte von ritterlicher Tragik, und hat als solcher Epos immer noch die Chance uns mitzureißen und Emotionen zu entlocken, aber es belohnt nicht den narrativen Spürsinn, welchen man in sich trägt, wenn man ein Machtgefühl sucht.
Es scheint dieser Spürsinn zu sein, wohlaufgemerkt, anders als der Wille zur Macht, ein Verlangen nach steigender Macht und Machtgefühl innerhalb eines absolut ungefährlichen Raums, des fantastischen und dadurch beherrschbar, und durch den Gruppenkontrakt, selbst implizit, sicheren Bereiches, in welchem sich die Teilnehmer bewegen und durch Machtanwachsen, Stufen, Attributspunkte, Talente, bessere Fertigkeiten, härterer Magie oder Waffen aufsteigen.
Ohne verurteilen zu wollen ist es letztlich das, was in ihren Grundstrukturen nicht-narrativ begründete, also die Nicht-Auf-Die-Story-Blickenden Rollenspiele am stärksten fördern, die DSAs, DnDs, SRs, CoCs dieser Welt.
In gewisser Weise fördert selbst 'Pendragon' das, wobei es dies innerhalb eines Werte und Ereigniskorsetts der Artus-Saga macht, welche das komplette Gefühl des Erlebens umkrempelt. Durch das Teilhaben, die Spielmechaniken an und für sich, ist hier das Erzwingen bestimmter Anschauungen, Werte und Verhaltensweisen eingebaut. Das hat DnD als Beispiel auch, aber es geht damit nicht um wie Pendragon es tut. Oder eben Polaris.
Der faszinierende Unterschied ist aber nun auch mechanisch zu finden. Nebenbei bemerkt, wie kommt es eigentlich, das gerade die modernen Storygames/Narrativ-orientierten sich mechanisch konzentrieren und damit Inhalt erzwingen, wohingegen der klassische Spielweg darin besteht, dass man Regeln für X Subsysteme (Charaktererschaffung, Sonderfertigkeiten, Talente, Kampf, Zauberei, Reisen, Geld, Crafting, etc) hat und sich das Spiel dann daraus erst herausleiten oder ausdenken muss, und hoffen dass einem die Mechaniken beim Spielen nicht um die Ohren fliegen? Aber ich schweife ab. 'Polaris', wie auch 'Blades in the Dark', 'Spire' oder 'Pendragon' mit seiner Winterphase erzwingen mechanischen Fortschritt. Ein Spielende ist ersehbar.
Bei 'Polaris' sogar noch massiv. Auch 'Ten Candles' oder 'Dread' nutzen das in gewisser Weise. Gerade die letzten genannten spielen mit der Tatsache, dass sie eigentlich nur OneShot-geeignet sind, aber das Szenario wandelbar ist. Trotzdem scheint das Ziel der Reise, also der narrative Endpunkt nicht immer gleich. Wobei vermutlich gerade 'Dread' hier horrorstory-artig sich der entsprechenden Klischees bedienen kann, erzählt 'Ten Candles' ja immer eine Tragödie, wobei diese als herzergreifendes Epos, oder als dämliche Horror-Comedy zuende gehen kann, aber unter geht man ja in jedem Fall.
Letztlich erscheint mir hier einfach das Problem aufzukommen, das Spiele die so stringent arbeiten ein klaren Endpunkt brauchen, der in einer Session von maximal 4h erreichbar ist. Erinnert mich ein wenig an die Lektionen von 'A Quiet Year'. Darauf will ich aber heute nicht hinaus. Was die genannten Spiele vereint ist, das ihr Ende zumeist ungewiss, oder aber deutlich negativ behaftet sein kann. 'Ten Candles' und 'Dread' enden endgültig. 'Pendragon' entlässt die Charaktere als Legenden einer Heldensage über mehrere Generationen. 'Polaris' sieht das Zerfallen des Mythischen in die Nachfolgekönigreichen angesichts des Schatten, der die Welt bedroht.
Trotzdem finden diese Spiele ihre Anhänger. Es scheint also, dass die Qualität dessen, was ein negativer Spieltypus beinhaltet, nicht zwingend schlimm sein muss. Struggle as Gameplay. Wir ergötzen uns am Konflikt und seiner Resolution, selbst wenn diese sich als Abschluss unserer Geschichte ergibt.
Also kann es nicht negativ sein, ein Spiel auf dieser Prämisse aufzubauen, oder?....
There Comes A Time [Arbeitstitel]
Aber wie komme ich darauf? Nun, Inspiration kann in tausend Quellen gefunden werden. So auch hier, denn nachdem ich schon vor einiger Zeit in 'Aquatic Adventures of the Last Human' gestöbert habe, und dabei unter Dauerbeschallung die Musik des Honeydrips-Stück 'There comes a time' hinter mir hatte, also schon vor einer ganzen Weile, kam mir die Idee dazu, wie man das spielerisch umsetzen könnte.
1-4 Spieler. Kann, muss aber keinen Spielleiter enthalten. Das Setting ist wandelbar, aber primär eine Eiswelt, wir spielen unterhalb dieser. Das Setting kann die Erde sein, muss es aber nicht. Es ist in jedem Fall Sero-Post-Apokalyptisch. Die Teilnehmer im Kryoschlaf erwachen, nachdem ihr Schiff, beschädigt, als Notfallsmassnahme die Teilnehmer aufweckt. Diese stellen fest, sie sind unter einer 150m tiefen Eisdecke, inmitten einen unterirdischen Ozeans, mit fremdartiger Flora & Fauna gelandet, und inmitten der Ruinen der Zivilisation, die dort sein sollte. Soweit, so gut wie AAotLH.
Mechanisch würfellos auf Spielerseite, haben diese 3 Attribute, negativ behaftet, womöglich Wahnsinn, Verzweiflung, Schmerz, welche einerseits zum Investieren von Punkten für Erfolge dienen, und andererseits durch das Ansteigen den stetigen Verfall darstellen. Daneben sollte es ein ausbaubares Raumschiff geben. Ziel muss sein, dem eigenen Verfall entgegenzuwirken, und gleichzeitig die untergegangene Zivilisation, womöglich die Menschheit in 1 Million Jahre, zu plündern und damit dem Planeten und seinen Gefahren zu entkommen.
Die Frage die sich mir aufdrängte, neben der Tatsache, dass das vermutlich mit einem Fragged Empire-Hack machbar wäre, was mir aber systematisch zu komplex erscheint, ist, ob das als Rollenspiel überhaupt sinnvoll gelöst wäre. Ein einfaches Kartenspiel, zufällige Probenmechanismen, Spieler übernehmen Rollen ala Charakterkarten und es wird ein Ereignisdeck aufgedeckt, das die Spielwelt abbildet mitsamt Gefahren und einem Meeple für das Schiff wären prompt vollkommen ausreichend. Hmmm. Auf jeden Fall auch ne Idee.
Use Me Master! [Arbeitstitel]
Im Zuge um den Kickstarter von 'Boyfriend Dungeon' kam ich auf die Idee, wie das als Spiel umzusetzen wäre, also analog. Die Spieler verkörpern in einer typischen RPG-Fantasywelt ala 'Skyrim' Waffen, und erlangen Punkte dadurch, dass sie öfter benutzt werden vom Protagonisten. Da dieser jedoch Punkteschinder ist, nimmt er immer die beste Waffe für den Job, was die stärkste gegen eine Herausforderung ist.
Die Spieler müssen nun, bevor die Herausforderung aufgedeckt wird, sich modifizieren, um hoffentlich die beste Waffe für den Job zu sein, und somit Siegpunkte abzustauben. Okay, ganz klar ein Kartenspiel. Das schwierige ist, dass der Protagonist auch verlieren kann, wenn man in die falsche Richtung powert, und er kann nur eine bestimmte Anzahl von Malen verlieren, ehe alle Spieler verloren haben. Klingt wie eine lustige Partygame-Idee, muss ich noch sehen, wie genau ich das basteln würde. Vermutlich aber komplett würfellos, und rein auf Karten basierend.
Legend Divide
Langjährige Leser meines Blogs werden sich erinnern, dass ich in der Vergangenheit an diversen Design-Wettbewerben auf SomethingAwful.com teilgenommen habe. Eines der Spieler die dabei entstanden ist Legend Divide, über eine Art Actraiser/ Civilization/ Generationen-Spiel im Bronzezeitalter.
Das Spiel hat enormes Potenzial, das ich nie wirklich ausbauen konnte, und mit dem aktuellen Stand um GoG und dem kommenden Update auf 0.54 habe ich vermutlich etwas Luft für ein Nebenprojekt, weswegen ich das wohl anpassen und umschreiben will für die Erkenntnisse der letzten anderthalb Jahre Design-Erfahrung, gerade auch basierend auf dem was ich mit GoG gelernt habe. Wird vermutlich, da es inhaltlich schon recht weit ist, lange vor GoG ins Layout gehen können. Aber ich schaue schon wieder zu weit in die Zukunft.
Fakt ist, das ich einiges an Änderungen, unter anderem Assets, Powers, und den Spielablauf mitsamt der TI-Phase anpassen muss, eh das Spiel wirklich besser lauffähig ist. Hab dazu in den letzten Tage die Kranke Zeit genutzt und intensiv nochmal die Spieltests-Aufzeichnungen studiert. Mwahahaha.
Play-By-Piece-Gaming
Zu guter letzt eine neue Mechanik-Idee die ich hatte, die ich vielleicht für There Comes A Time umsetzen will. Neben der Würfellosigkeit haben Spieler quasi drei kleine, vielleicht doppelte Visitenkarten-große Zettel vor sich, die wie eine Art Diagram von Links nach Rechts gehen.
Diese können beliebig in Reihenfolge gesetzt werden und stellen je Art Fähigkeiten oder Entwicklungspfade dar, und dienen dazu, Multiclassing-artig einfaches kombinieren, optisches Darstellen und eine diverse Entwicklung zu ermöglichen.
Da man die Karten austauschen kann, kann man im grunde genommen damit sehr einfach seinen eigenen Charakterbogen zusammen basteln und auf einen Blick sehen, welchen Schwerpunkt ein Spieler für seinen Charakter legt, solange diese einzigartig gezeichnet sind. So zumindestens der Plan. Ich merke schon beim Schreiben, das ich die Idee vermutlich vorher visualisieren muss. Hmmm. Quasi wie auf dem Bild unten zu sehen, wo ich das mal skizziert habe.
Ist noch ein bisschen schwer zu beschreiben, theoretisch ist das System aber super für eine ganze Menge von verschiedenen Spieler nutzbar, weil man die dann, wenn man die mechanisch gleich baut, für ne ganze Menge verwenden kann. Das könnte ganz lustig sein.
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