Im Rahmen meines Streams bin ich dieser Tage dabei, die Baldur´s Gate Saga zu streamen. Das ist langwierig, anstrengend, faszinierend durch den Einblick, und vor allem eines. Erleuchtend für den Wahnsinn mit welchem sich ADnD versucht, innerhalb des Videospiels anzuwenden.
ADnD ist ja generell ein lustiges Pferdchen. Nach dem ersten Release Anno 74 von Dungeons & Dragons als damaliges Drei-Büchlein-Set, kam ´77 dann der erste Teil von BECMI nach, das damalige Basis-Set, das auch als Inspiration für DSA und viele andere Rollenspiele dienen sollte, und das als Einsteiger-Basis Set schliesslich auch zur REDBOX mutiert in die Spielzeughandlungen der Welt seinen Siegeszug feiern würde. Im selben Jahr bekamen wir auch die ersten Fancy-Hardcover-Dämonenbände von Advanced Dungeons & Dragons.
Das wiederum wurde solange bearbeitet und befeilscht, bis die 2te Edition, oder auch ADnD2E schliesslich eine Alleinvorherrschaft auf dem Markt hatte, welcher unzählige Rollenspiele auf dem Computer inspirieren würde, mit den Forgotten Realms allein Richtung Gold Box-Serie von PC-Taktikrollenspielen , und schliesslich 1998 in der Baldur´s Gate Reihe münden sollte, welche kurz vor Release der dritten Edition Anno 2000 herauskommen würde.
Baldur´s Gate steht damit an der Endschleife einer Endwicklung, in der schon die dritte Edition entwickelt, aber noch nicht für die Öffentlichkeit freizugeben war. (Diese wiederum würde ihre Entsprechung erst in Icewind Dale 2 bzw. später dann in 2004´s Neverwinter Nights finden)
Was genau enthält ADnD aber denn nun, das mich dazu verleitet, es Wahnsinn zu nennen? Neben der Tatsache, dass zu keinem Zeitpunkt auch nur irgendjemand mit einem logischen Sachverstand daran gegangen ist? Oder THAC0....welcher zumindestens in der modernen OSR als Target20 indirekt wieder zurück gekommen, hier aber auch deutlich logischer aufzufinden ist, weil endlich durchgerechnet auch stringent funtkioniert?
Es fängt ja mit der Idee von Klassen an, aber gut, damals war freies Erstellen halt noch nicht so in, und erst Rolemaster würde ´80 erlauben, hier eine freie Generierung, unter anderem zu ermöglichen. Naja, und einige andere, aber lassen wir das.
Die ursprünglichste Aufteilung ist ja die in Thief, Fighting-Man und Magic-User. Entsprechend würden wir das heute als generelle Klassen empfinden, aber man dachte halt damals, dass man eine solche Karriere bis zum Ende durchziehen wollte und nicht zwischendrin ständig die Klasse oder damit die Fähigkeitenfokussierung wechseln würde. Dies ist unter anderem auch der Tatsache geschuldet, dass man, inspiriert durch die damalige Literatur, den meisten Charakteren eine gewisse Fokussierung in ihrer Fähigkeiten unterstellte. Conan war immer Barbar, selbst als König. Aragorn war immer Waldläufer, ebenso wie Gandalf immer eine DeusExMagus war. Ffhard und der Grey Mouser waren immer Kämpfer und Schurke, nicht mehr und nicht weniger. Und das war ok so.
Wie man aber von Bischof Odo auf dem Bayeaux-Wandrollen darauf schliessen kann, dass ein Kleriker als "streitender Missionar einer Kirche" nur Hieb und keine Stich oder Schnittwaffen verwenden könne, das erschließt sich meinem logischen Verstand nicht mal ansatzweise. Ist ja nicht so, dass ein Kriegshammer keine blutenden Spuren am Opfer oder Täter hinterlässt, sobald einmal ordentlich verwandt.
Naja, jedenfalls war Baldur´s Gate jetzt also der Endpunkt einer langen Linie von knapp 20 Jahren Entwicklung im Spiel selbst. Man spielt eine komplette Saga, von Stufe 1 bis 40 durch, zieht die gesamte Bandbreite von Ratten-Töten bis Gott-Werdung an (Insofern inspiriert das sicherlich auch sehr stark Konzepte der 4E, welche dies schliesslich als Ebenen von Heroic, Paragon und Epic geradezu kodifizierte) und hat dabei so ziemlich die größte Bandbreite an unterschiedlichen Quests welche man bekommen kann, mit einem Spielsystem, in dem Quests jenseits von "Fetch-This for Money" oder "Fetch-That for Item" so gar nicht funktioniert. Wie kommt das?
ADnD kannte zwar Attributsproben (Wenngleich diese im Regelbuch niemals erklärt werden), aber Baldur´s Gate setzte diese nicht ein, jenseits von Diebesfertigkeiten und Kampfbezogenen Elementen. Gut, das könnte man jetzt natürlich auch argumentieren, dass es abgeleitete Prozentfertigkeiten gibt, und das Rollenspiel kennt ja auch Proficencys als Fertigkeitssystem für Non-Kampf-Fertigkeiten. Da aber dieselben Punkte für Kampf ebenso genutzt werden, wäre man schön doof in einem Rollenspielsystem, das primär den Kampf oder dessen Lösungsschritte belohnt, diese Punkte andersweitig zu investieren. Wobei dies sicherlich ein Problem des Rollenspiels als ganzes ist, die Frage danach, ab wann etwas anderes als Gewalt eine sinnvolle Lösung ist stellt sich früh genug.
Dazu kommen bizarre Einschränkungen. Nur Menschen werden Paladine, alle Paladine sind rechtschaffen gut, alle Waldläufer müssen (Aragorn-wegen vermutlich) immer rechtschaffen gut sein (Wobei das Abschlachten der Orks hierbei keine moralisch relevante Tat ist, da in einer Sage wie Herr der Ringe immer absolute Gut-und-Böse-Positionen existieren, die nicht hinterfragbar sind), Kleriker benutzen nur Hiebwaffen, nur Barden können mit ihrem Gesang Effekte erzeugen, nur nicht-menschliche Rassen können mehr als eine Klasse auf sich vereinen...etc etc etc.
Alleine der Gedanke mancher dieser Konzepte ist, wenn man ihn unter der Lupe, quasi mit Skalpell im Labor betrachtet, absurd. Das Ding mit Bischoff Odos Streithammer ist nur die Spitze eines Eisbergs von sehr seltsamen, perspektivisch klar beeinflussten Entscheidungen, die mit extrem ungenügenden Informationen eine Tatsache herleiten, die so niemals klar abgegeben wurde.
Und das kann einen wahnsinnig machen, wenn man sich dann beim Spielen fragt, warum das so, und nicht anders ist. Hmm, ist am Ende wohl doch mehr ein Rant als alles andere geworden.
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