20230502

Werkstattbericht: Epigonii

Ein düsteres Science-Fiction-Rollenspiel über die Rolle von Agenten im Kampf um die Macht. Arbeitszeit bislang? Knapp 2 1/2 Jahre. Tests? 13 Sessions mitsamt Prüfen des Entwicklungsprozesses. Erscheinungsdatum? Hoffentlich vor September 2023...  -_-


Im Rahmen der Band-of-Blades Vorbereitung und angesichts diverser Spielsysteme die ich in der Vergangenheit geschrieben hatte, hatte ich eine Idee. Ein Rollenspiel, das den persönlichen POV-SPielanteil mit dem eines Strategiespiels vereint. Ich entwarf über kurz ein recht komplexes und stark ineinander verzahntes Spiel, das letztlich unhandlich und überkomplex war und dem Ziel des "Erst eine Strategie-Runde die dann in eine Rollenspielrunde übergeht" nicht wirklich entgegen kam.

Was war passiert? Hintergrund des Problems ist, dass der Split mechanisch nicht gut funktioniert. Der erste Systemtest für Diadochii enthülte schlieslich, dass zwar ein halbwegs passables Strategiespiel dahinter lauerte, aber der Rollenspielanteil zu gering, zu unpersönlich wäre, was letztlich dem Spiel selbst entgegenlief. 

 

Dazu kommt das Barbie-Verlangen, die Idee, dass die Gruppe letztlich auch wiedererkennbare und spielbare Charaktere braucht die aus mehr als Strategie-Eigenschaften bestehen. Auch die Entwicklung passierte eher komprimiert. Es musste also eine Auskopplung passieren.

Und diese Auskopplung sollte immernoch Anteile der ursprünglichen mechanischen Verzahnung von Strategie und Rolle beinhalten, aber auch Rollenspiel sein und den Spielern erlauben, Charaktere auszustaffieren und für sich zu beanspruchen. 

Dazu kam, dass ich schon länger überlegte, ein modulares Rollenspiel wie einst 2010 mit "d10" zu schreiben aber hier den Charakterbogen oder seine Elemente teilweise wählbar zu machen. Von der Idee sollte später nichts übrig bleiben, aber es ist immer wieder spannend zu sehen, wo es herkam, weil die Logik mit "Pro Rang wählt man 3 Optionen" schon da existierte und ihre Grundfeste hatte.

Damit kamen wir zu Fassung #1: Ein stark abstraktes Rollenspiel, das ursprünglich aus der Idee entstanden ist, dass die Spieler Charaktere wählen und auf Missionen schicken. Ein im Nachhinein befremdlich mechanistischer Ansatz. 

Da schon das erste Spiel prinzipiell an ein Forged-In-The-Dark System angelehnt war suchte ich meine Inspiration für ein volles Rollenspiel in HEART, das zu der Zeit meine Gedankenwelt etwas beherrschte und sehr gute Resonanz in meiner Heimgruppe erweckt hatte. Jeder Charakter bestand aus Archetyp und Fraktion den sie folgten, mit geheimen und besonderen Zielen, die nur ihr Charakter verfolgen würde.

Als Strategie war Fassung #1 nicht schlecht, aber es war sehr komplex, die Ziele mussten immer mitbedacht werden die in einer Mission gesucht wurden, und ihre festgefahrene Natur macht es schwierig, jenseits dieser Geschichten zu erzählen, was mich letztlich dann auch sehr gewurmt hat. Hier wäre vmtl ein alternatives oder optionales Werkzeug sinnvoller, quasi eine Art: "Specialized Stories"-Teil. 

Ich testete diese Version ein paar Sessions lang mit Bekannten und war irgendwie nicht so richtig glücklich, was im Nachhinein auch etwas sehr schade ist. Der andere Punkt war, dass hier noch die ursprüngliche Downtime als Rollenspielbereich drin war: Ein Bereich in dem die Spieler die Chance haben sollten, ihre Heimat und ihre "Ketten" kennenzulernen, Personen die sie quasi erdeten und an die Nation oder "die Sache" banden. Da dieser Anteil aber auch schnell untergehen konnte und nur sehr selten vorkam, da er zwischen den eigentlich inhaltlichen Sessionanteilen passierte und AUCH NOCH Mechanik beinhielt, stank er schnell ab.

Ich überlegte also schon, und warf die Downtime raus, machte es in gewisser Weise ähnlich Blades in the Dark abstrakter und kurzlebiger, komplett ohne Würfelwürfe und nur einigen wenigen Entwicklungsentscheidungen für Erfahrungspunkte, hier "Macht" genannt. Aber so richtig glücklich machte es mich nicht, auch wenn ich hier, wie auch 2016 bei Gates of Gehenna feststellen musste, dass ein abstraktes Gruppenspiel für die meisten nicht so recht drin war. da es zu wenig Personenbezogen war. 

Zu wenig mit ihren Charakteren DIREKT zu tun hatte. Glücklicherweise ergab ein Gespräch mit Grant Howitt im Discord 2021 den zündenden Funken, denn nicht nur dass es für HEART eine Erweiterung in Form von "Vermissian Black Ops" gab, welche eine Spielvariante für Sondereinsatzstreitkräfte brachte, NEIN!, es schnitt auch den Downtime-Abstraktionsteil runter weil die Charaktere quasi einen massiven nationalen Apparat im Hintergrund hatten, der ihre gröbsten Probleme und Schnitzer ausbaldowern konnte. Mit der Erlaubnis von Howitt, dass System nutzen zu dürfen, gab es einen starken, sehr stringenten Schub nach vorne.

Wir waren mittlerweise bei Fassung #12 angekommen. Die Archetypen mit den Zielen wurden fast komplett gestrichen und verblieben nur noch als Charakterpersonalisierungsinhalt mit einer Spezialfähigkeit als "One Single Unique", während Ketten, Kontakte, die Downtime am Hofe, und der gesamte mechanische Kladderadatsch drumherum rausgeschnitten wurde. 

 Das machte vieles inhaltlich deutlich einfacher. Designtechnisch nicht schöner, aber sinnvoller verwandt. Die Todeszeiten wurden begrenzt, und das Spiel um seine Mechaniken herum ausgebaut. Zudem konnte ich die Mechaniken von VBO sinnvoll adaptieren, und die Konsequenzen die HEART mit sich brachte waren ja auch weiterhin passend, wenngleich potenziell grausam. Aber da die Spielercharaktere ja mehr als ein Leben hatten, war das aus meiner Perspektive verschmerzbar.

Da ich schon länger dabei war, eine passende Kampagne für das System zu schreiben, sollte diese auch als Testboden herhalten. Im Laufe 2022 dann mit der Heimrunde das Spielsystem lange und auf Nieren getestet. Nach 6 Missionen war Schluss.

Die Gruppe hätte zwar noch...widerwillig für mich weitergemacht, aber der Spaß stellte sich für sie nur schleppend ein. Zuwenig Entwicklung, zu sehr hohe Gefahren, zu wenig Barbie-Spiel. Einerseits kann ich es nachvollziehen, andererseits schade auch. Zudem war ich ausgebrannt. Die Kampagne, aufgrund ihrer speziellen Eigenschaften sollte sie wandernde Pfade haben, brannte mich aufgrund der Länge aus. 6 von 18 Missionen waren erst vollumfänglich getextet und gestaltet, aber ich prokrastinierte längst schon wie ein Weltmeister.

Und dabei lief das System insgesamt gut. Hart, ja, aber ein gewisser Schwierigkeitsgrad ist in dramatischen System vorzusehen, und auch anzunehmen, und man krabbelt ja nicht ständig auf dem Zahnfleisch heraus. Leider muss dich auch irgendwie den Spielern erläutert werden. Und in den Beispielszenarien aufgezeigt werden. 

Mehr Dinge, die geschrieben werden müssen. Ich plante also, die Kampagne etwas zu kürzen. Das würde den Buchumfang natürlich deutlich schmälern, aber vermutlich auch meine geistige Gesundheit etwas schonen. Also runter von 18 Missionen auf drei Strängen und 4 Endszenarien auf 3 Missionen, ein Strang, ein Ende. Argh.

Der ursprüngliche Plan sah ein Layout Richtung Dezember 2022 vor und ein Release zum Winterende 2022/23. Dazu kam es nicht, aus verständlichen Gründen. Tester-Reaktionen umwandeln, Kampagne kürzen und neue Missionen schreiben blieben und bleiben notwendig und beim Layout bin ich auch noch lange nicht. Leider hat es aber auch den Nachteil, dass es deswegen noch lange nicht weniger frustrierend ist, weil dadurch natürlich auch das Erfolgserlebnis ausbleibt. 

Immerhin kann ich verbuchen, dass dank Midjourney eine ganze fucking Menge toller Illustrationen entstanden sind, von denen ich durchaus hoffen will, viele im Buch zu verwursten. Bleibt nur noch, den eigentlichen Buch-Inhalt auch fertig zu machen. Das ist im besonderen nervig, denn ich bin inzwischen bei Cover-Version #16 angelangt und ein fertigen Titel habe ich auch schon, aber gucken wir mal, was es wird, und zu wann ich es denn dann wirklich releasen kann....wenn überhaupt. Es bleibt spannend.

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