20160103

Spielertypen - Wie es Euch gefällt

Es ist eine dieser seltsamen Erscheinungen, von denen unzählige, aberdutzende im Rollenspiel gibt, und über die man sicherlich mal sprechen kann. Die Frage danach, was das Spielerherz begehrt.

Diejenigen unter Euch, die meine Fabrikationen hier schon etwas länger verfolgen, werden wissen, dass ich unter den Teilnehmer einer Rollenspielrunde den Spielleiter genauso als Spieler ansehe, wie die Personen, welche typischerweise als "Spieler" angesehen werden.

Der Hintergrund hierfür ist, dass in meinen Augen letztlich alle Teilnehmer einer gemeinsamen Erfahrung sind, die zwar durchaus von einem der Teilnehmer etwas angeleitet werden kann, die aber deswegen nicht weniger Erfahrung für diesen ist, und es ist wichtig, dies zu unterscheiden, denn man darf nicht vergessen, dass auch der Spielleiter Zeit, Energie und Herzblut in das investiert, was er macht. Zumindestens bei den Guten. 

Wobei sich das sehr verschieden äußern kann, manche haben nur einen Zettel mit einigen Suggestionen vor sich, andere wiederum schleppen gleich ein ganzes Großwerk von zig Seiten zur Schau, um inbedingt zu zeigen, dass sie ja etwas haben, an dem sie sich festklammern können. Keiner ist da "besser" als der andere, und darum dreht es sich hier auch nicht.

Hierbei soll es um die Frage gehen, was das Spielerherz begehrt, und die Aussage, die dahinter steht. Nämlich die Frage danach, was eure Spieler/innen wollen. Der eine oder andere wird sich jetzt an den Kopf fassen und sagen "Wie soll man das denn feststellen?" oder "Es mögen immer alle so, wie ich das mache.".

Das ist in Ordnung. Dieser Artikel ist keineswegs Kritik an bestimmten Stil-Arten sondern soll nur eine Zusammenfassung meiner Sichtweise darstellen darüber, wie sich Spieler unterscheiden können, weil es mir in einer aktuellen Runde doch wieder aufgefallen ist.

Aber ich merke schon, ich muss zurückgehen. Nehmen wir kurz Abstand und begutachten wir die Erfahrung, die ich damit verbinde. Bei einem zurückliegenden Rollenspiel-Termin habe ich ein feststehendes Modul geleitet. Dieses Modul hat einen recht freien Handlungsrahmen und erlaubt, von Schlüsselszenen abgesehen, einzelne Aspekte und Inhalte frei zu setzen und die Zeit vor- oder hintendrein schreiten zu lassen.

Somit ist für den Spielleiter die Möglichkeit gegeben, das Spielerlebnis des Moduls auch beim wiederholten Nutzen oder durcharbeiten für die Spieler zu individualiseren und einzigartige Kombinationen und Momente zu schaffen. Das ist aber nicht der Punkt. Der Punkt ist, das dieses Modul Schlüsselszenen enthält. Diese Schlüsselszenen sind, ihrer Art natürlich, eher schablonenhaft gehalten und versuchen zu erläutern, welche Personen notwendig sind, um den generellen Handlungsfortlauf zu gewährleisten.

Dies ist typisch für ein solches Modul, da es, in seiner Art, letztlich über einen roten Strang verfügt, der erlaubt, die Ereignisse recht simpel zu einer "Kampagne" zusammenzustellen und gleichzeitig dem Spielleiter einiges an Arbeit abnimmt. Gleichzeitig kann es etwas einengend sein für die Spieler, besonders wenn der Spielleiter sich sehr strikt an den Ablauf hält.

Wir alle kennen das alte Sprichtwort "Kein Plan überlebt die Begegnung mit dem Feind".

So ist es natürlich auch im Rollenspiel, wenngleich der Spieler natürlich nicht "der Feind" ist, auch wenn das einige Spielleiter sicherlich so sehen. Hierbei ist es eher so, dass die Handlung, wie sie vorgesehen ist, nur in den seltensten Fällen mit den Spielern Schritt halten kann. Dies ist auch nur natürlich, kann ein Modul und somit die Person, die es verfasst hat, nicht ansatzweise mit all den Ideen aufwarten, welche eine durschnittliche Spielergruppe entwickelt. Soll es aber auch nicht, dafür gibt es ja den Spielleiter. Quasi den Konverter.

Hierbei unterscheidet sich der Spielleiter-Typus auch schon erheblich. Je nachdem, wie weit die Pläne der Spieler die Handlung von den Weichen abbringen können, sind hier mehr oder weniger findige Spielleiter gefragt, welche sich nun überlegen müssen, wie die Spielwelt mit diesen Aktionen klar kommt.

Bei meinem letzten Spieltermin war es so, dass meine Spieler einen guten Hinweis, den sie typischerweise erst sehr spät gefunden hätten, überraschend früh in der Modul-Zeitschiene erlangt hatten. Dies hatten sie aber noch nicht sofort erkannt, was aber im Laufe der Spielzeit dazu führte, dass sich ihre Handlungsweise auf einen Showdown inmitten des Moduls hinbewegte.

Das war für mich an und für sich nicht weiter schlimm, konnte ich doch mit einem solchen, wenngleich für die Spieler wohl letztlich unbefriedigend, da sie keine Leiche gefunden haben, aufwarten. Warum ist das aber jetzt von Bedeutung? Weil ich auch hätte sagen können, nein, das passiert nicht, wir machen jetzt mit der nächsten Szene im Palast weiter. 

Dies ist auch eine Art, eine Runden zu leiten. Sie erfordert aber natürlich, dass sich alle Parteien, wie auch bei der von mir oben beschriebenen Art, wo ich vom Skript des Moduls quasi frei abgewichen bin um den Spielerplänen entgegen zu kommen, darüber einig sind, das das eine Möglichkeit ist, die vorgesehen oder überhaupt möglich ist.

Dies ist wichtig, weil es mit einem anderen Punkt zusammenhängt, nämlich der Frage nach dem Wert von Spielerhandlungen. Ein ganz wichtiges Thema, das insbesondere im freien Spiele immer wieder auftritt ist, dass die Spieler in ihren Vermutungen und Ideen bestätigt werden, was dazu führt, dass sie einerseits eine Mitschöpfung und Formung der Kampagne als solches betätigen, aber andererseits jedwedes Zeug plötzlich seinen Platz findet, egal wie unpassend. Dies ist letztlich eine Frage von "Player Agency".

"Player Agency", oder auch Spieler-"Agency" (weil es leider für die Idee der Fähigkeit einer geistig fähigen Entität, Entscheidungen von Wert zu treffen, keine deutsche Entsprechung gibt), beschreibt die Idee, dass die Handlungen der Spieler Wert und somit letztlich Effekt haben. Das heißt also, dass der Spieler die Möglichkeit haben muss, sich auf eine Situation so vorzubereiten oder durchzuführen, dass es einen Unterschied gemacht hat, wie er daran geht.

Ist dies nicht der Fall, wie leider bei vielen cineastischen Rollenspiel-Modulen, so haben wir viele Vorlesetexte und Beschreibungen, sowie sehr enge inhatliche Bewegungspfade, welche den Plot vorantreiben, und die Spieler sind oftmals eher die Doofen, die von A nach B zuckeln, während andere die coole Action erleben oder vollbringen. Ist dies zu sehr der Fall, ist es auch nicht gut, denn dann ist es egal, wofür die Spieler sich entscheiden, da alle ihre Handlungen quasi genauso bedeutungslos sind, weil es keinen Rahmen gibt, in dem sie sich bewegen können.

Es kommt also auf das richtige Maß an. Der andere Aspekt von Player-Agency ist die Frage, ob Spieler-Handlungen immer Wert haben. Wenn ein Spieler vermutet, dass der Plot in WIrklichkeit mit Person A zu tun hat, und nicht, wie vom Spielleiter vorgesehen mit Person B, so kann dies das Spiel bereichern, wenn die Änderung die vonnöten ist, um das festzustellen, den Spielleiter nicht überfordert. Gleichzeitig wird der Plot umgelenkt und die Spieler bestimmen inhaltlich mit, wie die Zusammenhänge sind. Die Alternative hierzu ist, dass dies immerzu passiert. Wenn aber jede Entscheidung der Spieler immer richtig und gut ist, bedeutet das, dass die Frage, wofür sie sich letztlich entscheiden, keinen Wert mehr hat, da es keinen Unterschied macht.

Diese Frage zu erkennen, und zu wissen, was die Spieler in der Runde wollen, also ob sie Wert auf Cineasmus oder eher Agency legen, ist ein wichtiger Aspekt einer jeder Runde, wird aber nur sehr selten überhaupt aufgelegt oder besprochen. Ich würde mir wünschen, dass das anders wäre, weiß aber, dass jede Änderung immer am heimischen Tisch zuerst anfangen muss.

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