Schatten
umfangen mich hier in der Nische. Halb genuschelte Stimmen von der anderen
Seite. Muss mich ein wenig anstrengen, um besser hören zu können. Es ist
definitiv Anderson, der da am Tisch sitzt. Der Geschmack von Galle auf der
Zunge. Wie passend. Der langsame Zug an etwas, das nur seine Zigarren sein können.
Ein tiefes, entspanntes
Exhalieren. Mindestens eine andere Person, die neben ihm spricht. Durch die
Ansammlung von Hintergrundgeräuschen ist es umso schwerer, zu verstehen, wer
das sein mag. Kann nicht einmal das Geschlecht bestimmen?
Anderson – Es war mir eine
Freude, das fest zu machen. Wie geht es danach weiter?
Versuche mit dem Kopf etwas
höher zu kommen, ohne aus dem Schatten der Nische auffällig zu werden.
Verdammt, Grünzeug das mir die Sicht versperrt!
Die andere Person antwortet.
Etwas an der Stimmlage. Tief. Beruhigend. Eine dunkle Stimme, wie ein Hauch von
Schokolade, der einem ins Ohr fließt….woher kenne ich diese Stimme?
Anderson – Und damit waren
die Herren einverstanden?
Wenn ich wissen will, mit wem
Anderson da spricht und worüber, muss ich irgendwie einen Blick erhaschen, ohne
dass man mich erkennt, und gleichzeitig erwischt zu werden. Wobei mich das
immer noch zur Frage bringt, wie Anderson überhaupt ins Neptun gekommen ist.
Vielleicht, wenn ich
vorsichtig das jeweilige Gestrüpp und Grünzeug aus dem Weg schiebe, so dass ich
bessere Sicht auf die Person da drüben habe? Gehe langsam mit den Fingern in
das, die Nischen trennenden Äste.
Anderson – [offensichtlich
angesäuert] Ich würde gerne von angenehmeren Dingen sprechen, Herr Doktor,
aber sie haben das Thema angeschnitten.
Durch das vorsichtige
beiseite drücken des Grünzeugs, ohne allzu viel Geraschel, sehe ich einen
Stichpunkt mehr. Anderson trägt wieder seinen feinen Zwirn, soweit ich das
sehen kann, die burgunderrote Krawatte auf Schwarz. Der Mann hatte noch nie
Geschmack. Er blickt auf seinen Gegenüber, welcher mir bekannt vorkommt, aber
ich kann das Gesicht nicht zuordnen, welches über dem Tweed-Jackett hervor
lugt, mit der schiefen Nase und dem Grau werdenden schwarzhaarigen Ansatz.
Person Gegenüber Anderson – Ist Ihnen schon aufgefallen, dass
wir nicht allein sind.
Anderson – [amüsiert]
Natürlich nicht, aber ich dachte immer sie nehmen Abstand von Neptuns
Praktiken? …reden wir von derselben Sache?
Person Gegenüber Anderson – Hinter Ihnen, auf den Bänken neben
unserer.
Die Lautsprecher müssen
kaputt sein, ich kann das Rauschen hören, dass zu hohe Frequenzen begleitet,
wenn die Soundanlage dafür nicht ausgelegt ist. Wie ein Kratzen, ein Rauschen,
das Fernsehschnee gleich droht alles andERe auszublenden, während AndERson sich
panisch umguckt. Falle zurück, etwas plump, auf die Rückbank. Unangenehm für
die Knie. Hat ER mich gehört?
Person Gegenüber Anderson – Sie können rauskommen.
Wenn ich entdeckt wurde,
besteht die Gefahr, dass ich rausgeschmissen werde. Also heißt es jetzt oder
nie. Drücke mich zwischen dem Nischenplatz hERvor, und um die Ecke. Zwei
PERsonen. Wie ERwartet. AndERson und eine weitERe PERson, ein ältERER HERr. ER
kommt mir bekannt vor, aber ich kann den FingER nicht drauf legen, wohER das
sein könnte. AndERson ist offensichtlich übERrascht, sein Gegenüber scheint
mehr amüsiERt zu sein.
Anderson – GrundgütigER,
ZeichnER! Sie hiER?! Wie sind sie hiER rein gekommen? Wie sehen sie übERhaupt
aus?!
Person Gegenüber Anderson – Immer mit der Ruhe. Michael. Warum
sind sie hier?
Zeichner – Dass ich einer
Spur gefolgt bin, werde ich Ihnen sicherlich nicht auf die Nase binden.
Anderson. Dass sie da mit drinstecken, hätte ich mir auch gleich denken können.
AndERson wird rot, selbst im
schlechten, schummrigen Lichte ist sein Kopf wie eine große Tomate die versucht
noch mehr Farbe auszudrücken. Kann denn nicht mal jemand was wegen diesER
verdammten Boxen unternehmen? Kratze mit dem kleinen FingER im Ohr für etwas
LindERung. Es hilft nicht!
AndERson kramt in seinER
Jacke, aber dER ältERe HERr legt ihm sanft die Hand auf den Arm. Was geht denn
jetzt ab? Ich könnte schreien, inzwischen muss den Leuten doch das Rauschen
aufgefallen sein? SchwERes Fußgetrappel. Mir läuft die Zeit davon, ein Blick
nach hinten zeigt zwei der Anzugträger auf dem Weg zu uns.
Zeichner – Eine gute Frage,
aber sie erwähnten da grade etwas ganz intERessantes. Re-Programmierung? Haben
sie ihre FingER etwa in Dingen, die sie nichts angehen, AndERson?
AndERson blickt zum ältERen
HERrn hERüber, dER nur nickt, und mich dann intensiv mustERt.
Älterer Herr (vormals Person
gegenüber Anderson) – Michael. Kennen sie mich noch? Schauen sie mich an.
Schauen sie mich genau an. ERkennen sie mich noch? Folgen sie dem Klang meiner
Stimme, ERkennen sie mich noch?
[War es Kaffee?]
Zeichner – Ja.
Älterer Herr – Michael, ich
bin entsetzt sie hier zu sehen. Setzen sie sich doch zu uns. Sie sehen
furchtbar aus. Bitte, setzen sie sich, und erzählen sie uns, was Ihnen
widerfahren ist.
[Hat sich hier etwas
vermischt?]
Anderson – Alles in Ordnung,
die Herren, der gute Mann gehört, trotz seines Äußeren, zu uns.
[Ich schlucke etwas.]
Älterer Herr – Das klingt ja
schrecklich. Und all das in den letzten drei Wochen? Da werden wir Ihnen
weiterhelfen können. Ich habe mir sagen lassen, dass sie Ihren Termin verpasst
haben. Haben sie ihren Termin verpasst, Michael?
[Es fühlt sich falsch
an.]
Zeichner – Ja.
[Schaut mich an.]
Anderson – Ich hab ihn gerade
am Apparat. Er sagt er wäre gerade sowieso da, also könnten wir zwei Fliegen
mit einer Klappe schlagen.
[Im Hintergrund vernehme
ich das stetige Schlagen einer sehr alten Uhr.]
Älterer Herr – Ihr Termin,
Michael. Coldman Tower. Sie wissen, welche Etage. Sie brauchen nicht klopfen.
Die Tür wird sich ihnen öffnen. Sie werden einen Weg finden. Sie haben einen
Termin, Michael. Verpassen sie ihn nicht.
Zeichner – Ja.
[Irgendetwas, das mir
damals nicht aufgefallen ist]
Ich entferne mich schnellen
Schritten aus der Sitznische. Doktor B´Quija und Mr.Anderson winken mir noch
nach. Die freundlichen Herren der Rezeption öffnen mir die Ausgangstür. Ich
trete hinaus, der Regen ist immer noch recht stark. Meine Fahrgelegenheit wartet
auf mich. Mit wenigen Schritten durch das ansammelnde Wasser auf der Straße
komme ich zum TTCT-Taxi. Öffne die Tür zu den hinteren Sitze. Lasse mich
hineinfallen, das Fahrzeug wackelt bedrohlich, der Fahrer blickt mich
verwundert an. Regentropfen rinnen mir vom Haar auf Brust und Schulter.
Fahrer – Wohin?
Der Fahrer zieht von seiner
Seite aus die Hintertür zu, wartet auf meine Antwort. Im Hintergrund spielt ein
Rauschen alle Geräusche und Tonebenen durch.
Zeichner – Coldman Tower.
Lehne den Kopf nach hinten.
Schließe die Augen.
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