Worte von Leidenschaft
Person 1 - Matthew, ich sage dir, das musst du dir anhören! Ein solch
dreistes Pamphlet ist mir in all meinen Jahren noch nicht untergekommen! Empörend,
Sinnlich, ich kann gar nicht genügend Beschreibungen dafür finden.
Person 2 - Wie bitte?
Matthew Darber, 14th Baron Darshire, schaute verwirrt auf. Klappte mit
seiner rechten die kleine silberne Halblesebrille von der Nase und schüttelte
den Kopf. Das lockere, weißblonde Haar, das erst langsam aus dem
Bürstenhaarschnitt herauswuchs, in den es gepresst worden war, und die hageren
Gesichtszüge vereinten einen ganz und gar scharfsinnigen, aber ebenso
verwirrten Gesichtsausdruck, der von einer fast schon zierlich anmutenden Nase
beherrscht und harten Augenbrauen überzogen war.
Ihm gegenüber, immer wieder wie vom Skorpion gestochen, wanderte Francis William
Sedwick, Viscount Sedwick, um den kleinen aus Zitronenholz gefertigten
Beistelltisch, während er ein Schriftstück in Händen hielt, immer wie einen
Moment stehen blieb, um erneut aufzulachen.
Darber - Francis.
Keinen einzigen Blick würdigte Francis ihn, als ob er nicht über das
Schriftstück in seinen Händen, das sich bei näherer Betrachtung offensichtlich
um ein mehrseitiges Dokument zu handeln schien, aufregte.
Sedwick - Hier, hör dir diese Passage einmal an...
Mit diesen Worten näherte er sich dem großen seitlichen Fenster, das, von
schweren, weißen Vorhängen umrahmt und diese geradezu einkesselnd, nur einen
dünnen Lichtblick inmitten des ansonsten geradezu düsteren Studierzimmers des
Herrn Baron ließ, der es bevorzugte, in aller Ruhe und bei einsamen Lichte
seine Stunden zu verweilen. Gleichwohl spitzte er die Ohren angesichts dessen,
was sein Freund ihm dort vorbringen wollte.
Sedwick - "...euer Antlitz, so verzeiht mir diese Worte, erschien mir
eher gemeißelt, denn geboren, denn diese Perfektion kann nur den Händen eines
Italieners oder Griechen entspringen, und mein Herz springt entzwei, klopf und
wütet in meiner Brust, so ich euch erneut erblicken mag." Händen
eines Griechen oder Italieners, hörst du.
Bei diesen Worten drückte, knüllte seine Hand die Seiten geradezu zusammen,
dass ein scharfes Ratschen die Luft erfüllte, als das Papier der Belastung
nicht vollends standhielt, während Francis das Dokument nun freudestrahlend in
Richtung seines alten Freundes wedelte.
Darber - Und wer schickt dir solche Zeilen?
Noch bei dem Gedanken an die bevorstehenden Worte musste sich Matthew die Stirn mit dem linken Handrücken massieren, während er gleichzeitig auf den Beinen sein Buch vorsichtig davon abhalten musste, dass es nicht hinunter glitt.
Francis während dessen schien in seiner Freude nur noch breiter zu grinsen,
was die Verhältnisse seines straffen, schon soldatengleichen Gesichtes, das von
einem harten Schnurrbart von beachtlicher Länge und Größe und seiner steten
Tracht in der Ausgehuniform eines britischen Gardeoffiziers einen geradezu
seltsamen Eindruck machte, vor dem so manche Dame schon ihr Korsett gelöst
hatte. Eine Tatsache, die sich Francis zu nutze gemacht hatte, wie Matthew, zu
seinem Leidwesen, schon mitbekommen hatte.
Sedwick - Das ist es gerade. Das Dokument ist unterzeichnet mit dem Familiennamen.
Nur diesem. Suffolk! Und ich habe eine große Vermutung, welche Dame das sein
könnte. Ich fand es nämlich zufällig bei meinen Sachen als wir vor einigen
Tagen von den Feierlichkeiten des Attaché von Veneziens, du weißt schon, diesem
Marcoisten, zurückkehrten.
Darber - Ich erinnere mich dunkel. Wo du meintest, dich in einem Wettstreit
mit diesem allglatten Habsburger messen zu müssen. Ein fürchterlicher Gesell,
dieser von M.
Sedwick - Exakt. Und ich sage dir, der englische Sieg in den Gewässern des
großen Brunnens war ein klares Votum. Erinner dich nur an den Moment wie ich an
dem hunnischen Schlitzohr vorbeizog. Die Lady Bettersville brach direkt
zusammen vor Hysterie. Und ich weiß, dass die Suffolk auch dabei gewesen sein
muss.
Darber - Suffolks, mein Lieber. Wenn ich mich recht erinnere war sie, wenn,
in Begleitung ihres Bruders dabei.
Sedwick - Hah. Umso besser. Indem ich mich mit ihm anfreunde, wird mir ihr
Herz von alleine zufliegen. Eine Dame, die so für mich entbrannt ist, kann
nicht einfach in der Einsamkeit stehen gelassen werden.
Matthew legte das Buch beiseite. Er wusste, dass in diesem Moment Francis
nicht mehr aufzuhalten sein würde, und erhob sich während seine Freund sprach,
um das Buch wegzulegen und begann bereits zu überlegen, wo er denn seine
Reisepfeife verstaut hatte, ehe er nach den Bediensteten klingeln würde.
Sedwick - Matthew, alter Haudegen, ich finde, es wird an der Zeit, dass wir
eine Reise an die Klippen von Northset machen müssen! Es wartet eine Dame und
ein Herz auf meine Eroberung!
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