Was wie ein bizarres Schauspiel einem
Kubrick würdig ähnelt, hat eine geradezu dekadente Stimmung im Saal selbst. Auf
den ersten Blick scheinen die kleinen Gesichtsmasken auch weniger die Person zu
verdecken, als vielmehr einen Ausdruck der Persönlichkeit darzustellen, mit
ihren Verzierungen und seltenen Stoffen.
Mein Herz setzt
einen kurzen Moment aus. Mein Bauch schmerzt, als wenn er selbst wiedererkennt.
Esther Rassila sitzt an einem linken äußeren Rundtisch zusammen mit einem
älteren Herren, der dabei sitzt und an
einem Glas nippt. Könnte der Zar selbst sein. Auf der anderen Seite des Raumes
erkenne ich Smetnik wieder, diese kleine Kanaille. Auch Matthews von Spritzer
scheint anwesend zu sein, wenn ich das schmierige Grinsen weiter vorne richtig
deute, der sich gerade an die junge Dame neben ihm herantastet.
MP-Träger – Hey!
Blick nach unten,
er weist auf die untere Glastür, steht an dieser, genervter Gesichtsausdruck.
Kurzer Blick zur linken, ein Korridor, der vom Saal weg und um diesen herum zu
führen scheint, zur rechten ein separater Lasten-Aufzug. Eile um die Brüstung
herum zum Treppenansatz und ihm schnell hinterher die Treppe hinunter. Bloß
keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen. Er hält vor mir die Glastür auf, bis ich
hindurch bin, und unter dem Überhang des oberen Korridors stehe, Säulen halten
diesen aufrecht, und erlauben mir das Stehen im Halbschatten. Er ist nicht der
einzige Bewaffnete hier, sehe direkt noch zwei andere am Rand des Saals
herumlungern, beide ähnlich schwer gerüstet. Mein Führer zeigt mit dem Kopf
durch leichtes Nicken auf die Tür hinter ihm. Eine doppelseitige Küchentür, deren
Bullaugen geschwärzt wurden. Er drängt mich geradezu hindurch zu gehen. Hinter
mir fängt der Typ auf der Bühne an zu sprechen.
Ältere Herr - Damit kommen wir zum nächsten Objekt. 22 Jahre jung, Blond und
unberührt, frisch eingetroffen. Das Startgebo…
Hinter mir drücken
die Küchentüren sich zu. Kaum ein Geräusch dringt hier herein, dafür umso mehr
auf mich ein. Vor mir ein lautes Tohuwabohu von kulinarischen Genüssen,
Gerüchen und Aktivität, eine kleine Gruppe von 2 Köchen und 4 Helfern ist
scheinbar dabei im Schnelldurchlauf so viel Essen wie möglich zu kreieren, in
der Hoffnung die Meute da draussen auch noch zu füttern. Einer der Köche guckt
mich an, und zeigt auf ein Tablett und eine Reihe von kleinen Dessert-Speisen.
Offensichtlich war die Person, die ich ausgeknockt habe ein Kellner?
Koch – Die alle. Einmal
rum.
Ich nicke ihm zu.
Er hat sich abgewandt, und brüllt seinem Kollegen etwas zu.
Koch – Wie weit bist
du mit dem ersten Gang?
Ich greife mir das
Tablett, kurzer Blick in die Umgebung. Keine Bewaffneten hier, und keiner stört
sich an meiner Präsenz bisher. Ein weiterer Ausgang in einen unbeleuchteten
Korridor zur Rechten, hinter mir nur der Weg in den Saal zurück. Stelle das
Tablett sanft auf die unterste Ebene, damit es nicht sofort auffällt. Ein paar
schnelle Schritte und ich bin an der Tür zur rechten, welche ich aufmache, und
hindurch schlüpfe. Der Korridor ist dunkel, das herausgreifende Licht aus der
Küche leuchtet nur mittelbar auf ein Schild zur Linken. Personaltoiletten. Der
Korridor geht zur rechten weiter. Hand ans Mobiltelefon. Glücklicherweise
fungieren die Dinger auch super als Lampe.
Ein paar Schritte
weiter geht es zur rechten um die Ecke, wie auch zur linken, wobei beides eine
Treppe ein kleines Stück hinauf geht, die linke aber ein ganzes Stückchen
höher, vermutlich ein alternativer Weg zum Hauptraum? Mit dem Licht die rechte
Treppe weiter hoch, nach zwei Metern auf einer Zwischenebene angekommen, welche
deutlich düsterer und trauriger aussieht. Wo die Wände im Saal und im oberen
Hauptraum noch verziert waren, sind sie jetzt kahl und Dröge im
Betonmischer-Grau. Zur linken kann ich an verschiedenen Stellen Spuren von Wasserlinien
sehen. Etwas wird von irgendwo oben durchtropfen. Der Korridor selbst endet in
einem Durchgang auf die hintere Bühnenebene. Ich kann Seile und Befestigungen
sehen. Und ein Fingerzeig! Der Korridor selbst beugt sich gegen Ende aus und
öffnet sich zur rechten, vermutlich zur Bühne hin, aber am Ende des Korridors
eine Tür mit einem Betreten Verboten/Hochspannungsgefahr-Zeichen. Eine
Hauptstromquelle. Geräusche von Vorn.
Drücke mich an die
Wand. Telefon in die Tasche. Hand am Revolver. Die Geräusche werden nicht
lauter. Scheinbar spricht da irgendwer. Drücke mich langsam an der Wand nach
vorne. Augen gewöhnen sich nur langsam an die Dunkelheit, welche dort vorn auch
teilweise wieder in einen dünnen Lichtkegel übergeht. Klatschen. Aus dem Saal,
der nun, hinter mir, mit dem Rücken an der Wand, steht, kommt laut und
vernehmlich Klatschen. Die dumpfe Stimme des Ansagers dringt kaum durch, aber
das bemerkt man. Hmm.
Je weiter ich nach
vorne komme, umso deutlicher werden die Worte. Oder undeutlicher. Es ist nicht
direkt Gesprächsmaterial, mehr, als würde jemand abgehackt Worte durcheinander würfeln
und dann von sich geben. Erreiche die Ecke. Der Strom-Raum ist nur wenige Meter
vor mir. Kurzer Blick herum. Ein bizarrer Anblick. Eine Reihe von jungen Frauen
und Männern, allesamt halbnackt, halb zusammengepfercht auf harten, rauen Holzdielen
stehend oder sitzend, während vor dem schweren Vorhang, welcher das Hintendrein
von der vorderen Bühne abtrennt, zwei Typen, einer, kurzes Haar, schweres
Gesicht, große Statur, MP in der Schlinge um den Oberkörper, der andere, ein
ebenso bullig wirkender Typ ohne schusssichere Weste aber, an einem Misch- und
Computerpult sitzen offensichtlich auf den Monitor starrt, mit einem Ohr immer am
Kopfhörer. Keiner von beiden scheint großartig auf das zu hören, was auf der
Bühne so passiert. Die halbnackten hingegen wirken wie in Trance, seltsam hin
und her wackeln, als hätte man Ihnen irgendwas eingeflößt. Vermutlich nicht so
weit von der Wahrheit entfernt. Keiner von beiden guckt gerade in meine
Richtung. Chance nutzen!
Leise tretend zur
Strom-Tür. Prüfender Blick, keine Alarmanlage oder ähnliches sichtbar. Am Knauf
gedreht, das summende Geräusch von Starkstrom vor mir. Ein Schaltpult. Ziehe
die Tür langsam hinter mir zu, was mich allein lässt in diesem extrem lauten
Raum. Schweiß auf der Stirn. Meine Hand sucht vorsichtig nach einem
Lichtschalter. Aha! Ein einfacher Kippschalter lässt eine dürre, altmodische
Funzel der 70er langsam heller werden. Da hat wohl jemand am falschen Ende
gespart. Ein schneller Blick in den Raum. Soweit alles Standard. Wichtig ist
der Stromschaltkasten. An der Seite entsichert und geöffnet. Ein digitales
Touchpad daneben. Sehr Modern das Ganze. Ohh, mit Universalabschaltung.
Problem, wenn ich das jetzt direkt ausmache, werden fünf bis zehn sehr
motivierte schwere Bodyguards mit Maschinenpistolen mir wohl ein Bleilied singen.
Moment. Das Ganze hat auch ein altmodisches Überlastungsschutzrädchen. Sehr
schön. Vorsichtig hoch drehen. Sicherungsmarker ziehen. 105%. 110%. 125%. 150%.
Das starke Summen dröhnt geradezu. Die kleine Funzel glüht geradezu auf. Ich
habe selbst im besten Fall nur wenige Minuten ehe die Lampen durch knallen.
Jetzt aber flink.
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