20140122

Fall 1 - I

Hinter diesen Fenstern schläft sie. Ihre raubtierhafte Gestalt, ein schlagendes Herz, offen vor meinen Augen. Jeder Moment ist ein Punkt der Verwundbarkeit. Die Venen pulsieren mit Leben. Der Atem geht rasch.Flacht ab. Lebt auf. Wird langsamer. Sie kommt zur Ruhe. Aber ist nie wirklich still. Ich kann sie immer hören.

Meine Stadt. Da draussen. Die aufziehenden Wolken sind ein typisches Bild dieser Tage. Es ist schon Wochen her, dass auch nur wenige Stunden Sonnenlicht die Dächer und Straßenzüge bedeckten. Stattdessen möchte man meinen, dass Neptun die Welt aufpeitschen möchte. Langsam ziehen sie auf, ziehen sich zusammen. Füllen die Himmel. Irgendwo in der Entfernung kann ich ein Grollen vernehmen. Als wäre das Ohr neben dem Magen eines Drachen, der sich vor dem Mahle befindet, beginnt der Sturm. Mein Blick schweift ab.

Auf die hölzerne Fensterbank mit dem einsamen Telefon, das schon vor Jahren aus der Mode gekommen ist. Trotz allem kann ich mich nicht dazu bewegen, ein Gerät ohne Rotorscheibe anzuschaffen. Es hat schon irgendwie Stil. Der Blick wandert weiter, über die Heizung, die seit Wochen reparaturbedürftig leckt zum Fußboden, über die Seite und die langsam wellig werdende Tapete hinüber zu meinem Aktenschrank. Unzählige Fächer mit Platz, enormer Raum für all die unsagbaren und widerlichen Kriminalfälle, die ich lösen könnte.

Wenn ich welche hätte. Gähnende Leere starrt mir vom Schrank entgegen. Wenn ich durch die metallenen Schubladen hindurch sehen könnte, ich würde nur die Spinnen bei ihrem Tagewerk erblicken. Ein Quicken lässt mich herum fahren. Da. Die Ratte. Die Mistviecher belästigen mich in meinem Büro schon seit einigen Tagen, aber ich kann mich nicht dazu bewegen, großartig etwas gegen sie zu tun. Insbesondere, seitdem die letzte Falle dadurch kaputt ging, dass der Metallriegel gebogen war, wo er hätte das leichte, kleine Rückgrat des mistigen Nagers sprengen sollen.

Sie verschwindet irgendwo unter meinem hölzernen Schreibtisch. Ein massives Gerät, das ich dereinst bei einer offenen Auktion aus den Hinterlassenschaften einer alten Dame erlangen konnte. Die paar Kröten, die der Fahrer des Lasters haben wollte, damit er nachts um Drei das Ding mit mir bewegt, war er durchaus wert. Der Schreibtisch war aus massivem Eichenholz geschnitzt und hatte neben rund ausgehenden Fächern einen großen Innenraum und diverse kleinere Greiffächer, die ideal dazu geeignet waren, in einem wichtigen Moment zum Revolver zu gelangen, der zu diesem Zeitpunkt unter dem Tisch klebte. In meiner Weste, ach, in seinem Holster hätte er eh nichts verloren, seitdem ich die letzten Kugeln bei einem Pokerspiel mit meinem Nachbarn um eine Dose verloren hatte. Ihre einschüchternde Wirkung blieb natürlich. Solange ich sie nicht abfeuern musste.

Auf dem Schreibtisch selbst lag nur die grüne Unterlage mit den Briefen des Tages. Rechnung. Rechnung. Rechnung. Mahnung. Rechnung. Ein trauriges Bild für einen Privatdetektiv mit meinen Ansprüchen. Die Flasche Ballantines auf meinem Tisch lockt. Aber eigentlich ist mir gerade garnicht nach Trinken. Ich lasse sie schnell in einer Schublade verschwinden, wo sie sich zu einigen anderen Unterlagen gesellt. Mehr Rechnungen. Hier die von letzter Woche. Dort die von letzten Monat. Für einen Moment bleibe ich still stehen, starre auf den Berg an Papier der sich in meinem Schreibtisch anzusammeln beginnt. 

Ganz oben, jetzt direkt unter dem Scotch, liegt die letzte Mahnung meiner Vermieterin. Die alte Tenderosa drohte mir bereits seit Wochen mit Konsequenzen, wenn ich nicht bald zahlen würde. Vermutlich würde das in ihrem Fall bedeuten, dass sie mir ihren Urenkel Klausi vorbeischicken würde. Ich musste grinsen. Der Name, als ich ihn hörte, passt nicht ansatzweise zu dem tumben Riesen, zu dem er gehört. Der Kopf kleiner als die Muskeln, welche seine Oberarme zieren, das Haar in einem Ansatz von Persönlichkeit wild wuchernd über die Seite, zwanghaft zum Scheiteln gebürstet, die kleinen Schweinsäuglein die zwischen diesen Haaren herauskucken und sich alzu oft auf die längliche Nase konzentrieren wollen, als ob sie im Wege wäre. Mit knapp 7 Fuß ist Klausi ein Berg, ein Muskelprotz wie man ihn sich sonst nur im Fitnessstudio vorstellen würde. Seitdem ich aber weiß, dass er Angst vor Hunden hat, reicht es oftmals, dass ich nur ein oder zwei Laute machen muss, ehe er sich vor Angst verkrümmelt. Nein, da würde sie schon härtere Sachen auffahren müssen.

Hinter mir schlägt der Sturm los, und ich kann das Schlagen von Tropfen an die Scheibe hören. Langsam nimmt es zu. Dann wird die steigende Kakophonie von Geräuschen unterbrochen von einem, dass gänzlich untypisch für sie ist. Als ich ich zum Fenster wende, bemerke ich, dass Rauch von der Straße aufsteigt. Ein Feuer? Als ich die Nase fast gegen die Scheibe drücke, um die Straße einzusehen, bemerke ich, dass dort offensichtlich 2 Fahrzeuge kollidiert sind. Ein Autounfall, direkt vor meiner Haustür. Es würde einer von diesen Tagen werden. Das Stakkatohämmern des Regens beginnt. Lasse mich in meinen Drehstuhl fallen. Mache die Tischlampe an. Das Lickt flackert kurz. Vor mir lässt ein Blitz das Büro in einen unwirklichen Schein fallen. Mein Herz bleibt beinahe stehen, als ich bemerke, dass auf der anderen Seite der Glastür, welche ich von meinem Drehstuhl aus einsehen kann, eine Person zu stehen scheint. Es ist einer dieser Momente, in denen andere Menschen sich langsamer zu bewegen scheinen, und die eigene Wahrnehmung so verzerrt ist, dass man das Gefühl hat, als würden sie ewig andauern, nur um dann doch so schnell zu vergehen, wie sie gekommen sind.

Das Licht der Tischlampe flackert. Dann geht es ganz aus. Ich hole mir einen Aschenbecher heraus, rechte Schublade oberstes Fach. Ich wühle ein bisschen durch die Schublade, aber irgendwie finde ich den Aschenbecher nicht.Es klopft an der Tür. Mit dem nächsten Blitz höre ich Gemurmel hinter dem milchigen Glasfenster.Ich kann zusehen, wie sich der Türgriff nach unten bewegt. Und die Tür sich bedächtig öffnet. Es ist aber nur meine Sekretärin, Fräulein Schwarz. Sie war auch so eine von denen, die man als Mann niemals so ganz verstehen können sollte. Als ich die Stelle einer Sekretärin, einer Schreibkraft für die Büroarbeit einer Detektei ausschrieb, hatte ich gedacht, dass ich vielleicht mit einem Zustrom an Einsendungen zu rechnen hätte. Diversen Personen, hatte Mickey schon groß angekündigt, dass ich angesichts des kommenden Stroms an Bewerberinnen vielleicht eine Jury bilden müsste, um die best aussehende einzustellen. Es kam das Gegenteil. Schwarz war die einzige Bewerberin auf den Posten. Etwas suspekt, aber in der momentanen Lage war ich nicht soweit, dass ich einem geschenkten Gaul auch noch die dreckigen Zähne hinterfragen würde.

Als sie ihren Kopf ins Büro steckt, die amüsanterweise rote Haarpracht, die sich in halben Locken von ihrem Kopf entwindet, und so garnicht zu einer Person ihres Namens passte, wurde mir schon ganz anders. Würde sie mich mit einer Frage nach ihrem Gehalt konfrontieren? Sie arbeitete zwar nur halbtags, aber selbst dafür war sie durchaus genügsam, um genau zu sein hatte mir ein Stadtbeamter versichert, dass eine Schreibkraft sonst nicht für so wenig Geld bereit wäre zu arbeiten. Ich harrte der Dinge die da kommen. Sehe, wie sich ihr Mund bewegt. 

Schwarz
Herr Zeichner ist im Büro. Herr Zeichner. Herr Zeichner! 

Sie scheint mir irgendetwas sehr angestrengt mitteilten zu wollen. Vielleicht war sie verärgert darüber, dass ich die Kaffeemaschine erneut kaputtgemacht hatte. Wie sie aus diesem Monstrum an Gerät auch nur einen Hauch des Schwarzen Goldes herausholen konnte bleibt mir ein Rätsel, da jedesmal, wenn ich es benutzen will, aus irgendeinem Grund und einer Öffnung entweder kochend heißer Dampf kommt oder ein Stromschlag die Maschine frittiert. Vielleicht hat sie auch nur inzwischen eine Gegenmaßnahme gegen meine Problemlösung entdeckt, wenn sie mal wieder nur halbstarken Kaffee ausspuckt. Aber wie soll man sich dieser fortschreitenden Technisierung auch erwehren, wenn nicht durch einen leichten Klaps auf die weniger wichtigen Plastikteile.

Schwarz
Ach, jetzt ist er schon wieder in seinem Denkerstübchen.

Sie scheint immernoch zu reden. Dreht den Kopf weg, schaut irgend jemanden hinter sich an, durch die Art wie sie hinein schaut macht sie es mir umso schwerer zu ergründen, wer sich denn hinter ihr befindet.

Schwarz
Gehen sie ruhig schon hinein, er wird dann irgendwann auf sie reagieren. Keine Sorge, das hat er manchmal.

Auf einmal nimmt sie den Kopf aus der Tür. Als die Tür ganz aufgeht, kommt eine Dame herein, von der andere sagen würden, dass man für sie einen Waffenschein bräuchte. Schon als Sie mein Büro betrat wusste ich, dass sie Ärger bedeutete. Die unmöglich langen Beine, die in den hochhackigen Schuhen an meinen Schreibtisch traten, der eigentlich einen kleinen Ticken zu kurze Rock, der gleichzeitig perfekt zum grauen Kostüm passte, das sie, wie es sich nach Firmenart gehörte, bis auf den letzten Knopf geschlossen hatte, durch welchen man einen Hauch von Dekollete erahnen konnte. Der schlanke Hals, die vollen Lippen, der rote Lippenstift und ein Wimperaufschlag. Sie hat Augen in denen ich mich verlieren könnte. Muss an der Dunkelheit im Büro liegen. Das einzige Lich kommt momentan von draußen, die Neonlichter der Stadt erhellen mein Büro nur wenig. Gleichwohl kann ich durch die ab und zu einschlagenden Blitze ihre Form durch aus erkennen. Mit einem solchen Körper würden ihr nur wenige Männer etwas abschlagen. Warum kommt eine solche Frau zu einem Mann wie mir?

Betont lässig tritt sie an den Schreibtisch. Wirkt etwas schwierig in ihren Schuhen, aber wer bin ich, das zu kritisieren. Sie nimmt auf der anderen Seite des Tisches Platz. Holt aus einem silbernen Etui mit Initialen E.R. eine Zigarette hervor. Hält mir dieselbe hin. Sie schaut mich an. Es ist ein Blick, der gleichzeitig sagt, dass ich vor ihr zu kriechen hätte, und sie nehmen könnte, wenn ich nur den Mut hätte. Ihre Stimme ist wie geschliffene Seide.

Frau in Grau
Haben sie Feuer, Herr Zeichner?

Ich schlucke schwer und zücke mein vertrauensvolles Feuerzeug. Mit ein, zwei, verdammt, drei Versuchen, erblickt eine kleine Flamme das Licht der Welt. Ich zünde ihre Zigarette an und darf beobachten, wie sich eines ihrer Enden zwischen diese perfekten Lippen begibt, und sie einen tiefen Zug nimmt. Auf ein Mal beginne ich in fast panischer Betriebsamkeit in der noch immer offenen Schublade nach ein paar Zigaretten zu suchen. Ich will fluchen, als meine Hand gegen etwas hartes stößt, kann es mir aber im letzten Moment verkneifen. Der Aschenbecher. Es sind noch ein paar halb gequalmte Zigaretten drin. Mit einer geübten Bewegung stelle ich den gläsernen Becher zwischen uns auf den Tisch und zünde mir selbst eine an. Es ist nicht die Befreiung vom Druck, die ich mir erhofft habe. Demonstrativ schaue ich sie an, sammle meinen Mut.

Zeichner
Kann ich ihnen sonst noch helfen, Frau?

Ich lasse eine demonstrative Pause in meiner Frage. Sie blickt mich unverwandt an, ihre Miene deutet nichts, aber auch gar nichts an, das ich wirklich lesen könnte. Dabei fällt mir auf, dass sie einen Ring trägt. Gold, nicht sehr dick, kein offensichtlicher Stein. Ein Ehering? Innerlich bete ich dafür, dass mein erster Fall nicht um eine Scheidung geht. Sie öffnet ihren Mund und bläst mir ihren Qualm entgegen. Für einen Moment bin ich etwas unangenehm verwundert. Es brennt ganz leicht in den Augen und ein Räuspern zwängt sich aus meiner Kehle.

Frau in Grau
Rassila. Esther Rassila. Nun, ich benötige sie für ihre Fähigkeiten, Herr Zeichner.

Zeichner
Meine Fähigkeiten kommen mit einem Stundensatz, Frau...Rassila.

Ihr Name geht mir nicht leicht von der Zunge. Während ich innerlich bebe, weil sich endlich ein Klient zu mir verirrt hat, statt zu Anderson gegenüber, bin ich doch wieder darüber verwundert, wie dieser Tage alle Arten von Menschen in diese Stadt kommen.

Esther Rassila
Ich weiß. Ihre Sekretärin? wies mich auf ihren Preis. Ich sage ihnen gleich, dass ich bereit bin, ihn zu zahlen.

Ich war mir nicht ganz sicher. War die Pause dazu da, um die Frage noch zu verstärken? Wollte sie etwa Neid andeuten? Ich und Schwarz? Pah, im Leben nicht, die Schreckschraube, da würde doch selbst der Joghurt noch lieber mit Pelz gehen als ich mit ihr.

Zeichner
Und wofür wollen sie meine Fähigkeiten?

Ein weiterer Zug von der Zigarette. Meine war inzwischen auf einen winzigen Stummel hinuntergebrannt, ihre hingegen schien irgendwie länger zu halten.

Rassila
Es geht um meinen Bruder. Er ist tot.

Zeichner
Das tut mir leid.

Sie grinst, für einen Moment jedenfalls. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass mir die Situation bekannt vorkommt.

Rassila
Das muss es nicht. Er war ein Mistkerl. Ein Versager. Ein schwarzes Schaf. Er ist heute morgen in den Fluß gesprungen, als die Strömung am schlimmsten war.

Als ob er sie unterstützen will, klingt demonstrativ ein Blitz im Hintergrund mit seinem Grollen durch. Irgendwo knallt es hinter mir da draußen laut. Ich vermute mal, es hat eines der Neonzeichen erwischt.

Zeichner
Das klingt für mich danach, als ob das wichtigste für sie bereits feststeht. Was kann ich tun?

Rassila
Sie können für mich herausfinden, warum er gesprungen ist. Er mag das letzte gewesen sein, aber war trotz alle dem mein Bruder. Familie, wenn sie verstehen.

Familie. Sieh mal einer an. Eine so schöne Frau und dann ein missratener Bruder. Ich konnte mir denken, wie die Verteilung bei den Kindern gewesen sein muss. Frage mich natürlich, wie dann die Eltern gewesen sein müssen, wenn solche Kinder rauskommen.

Zeichner
Natürlich. Wie war sein Name?

Rassila
Mokhov. Damir Mokhov.

Hmm, ein anderer Nachname. Hat er selber den Namen geändert oder hat sie in der Zwischenzeit geheiratet. Und selbst wenn, sie stellte sich als Esther vor, was bedeuten würde, dass sie womöglich jüdische Vorfahren hatte. Mit einem solchen Namen, der östlich, möglicherweise ukrainisich oder russisch klingt würde das den Personenkreis stark einengen. Als ich erneut zu ihr hoch blicke, schaut sie neben mir aus dem Fenster.

Rassila
Der Nachname kommt daher, dass ich vor einigen Wochen geheiratet habe, Herr Zeichner. Hier, nehmen sie Da steht seine letzte Wohnadresse drauf. Auf der Rückseite ist meine Nummer für den Fall, dass sie etwas zu vermelden haben oder für Fragen.

Die Karte die sie mir reicht, ist eine Visitenkarte. Alabasterweiß mit Textur, goldene Lettern mit gedruckter Handsignatur. Teuer. Sehr teuer. Auf der Rückseite steht in einer hastigen Handschrift eine Adresse. Kipling Street 24. Das muss irgendwo in der Hafengegend sein. Eine räudige Umgebung für einen Menschen. Die Karte stinkt förmlich vor Geld. Meine investigativen Sinne sind geweckt, aber gleichzeitig weiß ich, dass irgendetwas hier nicht mit rechten Dingen vorgeht. Gleichwohl muss ich weiter vorstoßen.

Zeichner
Habe ich ein Zeitlimit? Ein Datum bis zu dem sie einen Rapport wollen?

Rassila
Nicht wirklich. Tun sie einfach ihr bestes und falls sie etwas haben, kontaktieren sie mich. Ansonsten rufe ich sie an, wenn ich wissen will, wie weit sie sind.

Sie erhebt sich von meinem Schreibtisch, blickt auf die Tür, hinter mir tobt noch immer der Regen. Ich will mich erheben, bemerke aber, dass in der konzentrierten Unterhaltung mein Fuß eingeschlafen ist. Ich beuge mich nach vorne, um Professionalität vorzutäuschen.

Zeichner
Bei dem Wetter werden sie nur schwerlich trocken davon kommen. Kann ich ihnen anbieten, vielleicht bis zum Ende des Sturms hier zu warten?

Ich habe Hintergedanken. Natürlich habe ich sie. Welcher Mann würde nicht, wenn eine schöne Frau vor ihm auftaucht. Trotz allem wäre ich vermutlich nicht in der Lage, irgend etwas zu bewegen. Ich habe die Hände zusammengelegt vor mir auf dem Schreibtisch, beuge etwas auf den Ellenbogen in ihre Richtung. Mit einem Mal guckt sie mich an, sieht mir in die Augen. Sie kommt näher, bis unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Mein Herz schlägt mir mittlerweile irgendwo im Hals herum. Die Anspannung ist bis zum Zerreißen gedehnt. 

Ich kann ihren Atem auf meiner Wange spüren. Wir sind uns jetzt so nah, wie ich es mir nur würde zu träumen wagen. Ihre rechte Hand berührt, ohne dass ihr Gesicht dem meinigen näher kommt, meine Schulter, schein ein wenig dort herumzufahren, mit den Fingern zu tasten. Will Sie , dass ich den ersten Schritt tue? Sie grinst mich an, und ich spüre einen starken Druck auf meiner Schulter, als sie mich auf dem Drehstuhl umherwirbeln lässt. Ich benötige einen Moment um mich zu fangen.

Sie ist bereits an der Tür, die Hand zum Kuss erhoben. Sie blickt mich an, als ob sie gleich lauthals loslachen will, und doch, ihre Miene ist perfekt. Sie lacht nicht, sie grinst, vielleicht etwas schelmisch. Der Ton ihrer Stimme ist als würde er mich wahnsinnig machen, so dringt er in mein Ohr und spielt an meinen Fäden.

Rassila
Bis zum nächsten Mal. Herr Zeichner.

Das laute Knallen der Tür fällt mit einem erneuten Aufwallen des Sturm einher, und ich bringe meinen Stuhl endlich dazu, die Drehung zu beenden. Lasse mich etwas im Stuhl zurückfallen. Mein Herz schlägt immernoch laut genug, dass meine Umgebung es mitbekommen müsste. Ich drehe den Stuhl zum Fenster und blicke hinaus, auch wohl um mich selbst zu beruhigen. Mein erster Fall und dann gleich wie aus einem Raymond Chandler Roman. Mit einem Mal kann ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Im Neon-Zeichen von Anderson gegenüber ist das große A kaputt.

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