20170415

SOLO - Von Einem, der Auszog Allein zu Spielen

Diejenigen von euch, welche sich noch an meine Solo-Texte von vor einigen Wochen erinnern können, werden bemerken, dass ich bisher relativ wenig zu weiteren Solo-Rollenspielen geschrieben habe, obwohl ich diese sonst immer recht genüsslich aufarbeite und probespiele, auch auf der Suche nach einem System, das mich für mein eigenes Solo-Projekt nach vorne bringen könnte.

Das war bisher etwas schwierig, weil riesig viel neues bisher nicht auf dem Markt ist, weswegen ich unter anderem heute dann doch endlich mir das bisschen mal angucke, um überhaupt mal wieder was dazu schreiben zu können....

Angefangen mit SCRAWL, was von Solo Crawl, also einem Solo-Dungeoncrawl angeht, von Stuard Loyd unter der Marke Slloyd14 veröffentlicht, ist ein kleines Projekt von 40+ Seiten, welches dazu dient, in einer gewissen Bandbreite ein Solo-Spiel zu ermöglichen. 

Wie gut klappt das?

Nun, SCRAWL präsentiert auf der ersten Seite direkt zwei Regeln. Nr.1 besagt dass es kein komplexes Spiel ist, damit es möglichst einfach und schnell geht, während Regel Nr.2 besagt, dass man gerne soviele Regeln hinzufügen kann, wie man möchte, um Dinge abzubilden, die einem sonst fehlen. Eigentlich Standardt, etwas seltsam es hier so ausformuliert zu finden.

Zudem bedient sich das Dokument, das in einem sehr einfachen Einspalten-Stil gehalten ist, sehr stark an altertümlichen und Public-Domain Bildern, was auf der einen Seite viele optische Eindrücke festhält, auf der anderen aber auch für einen sehr ungleichen optischen Stil sorgt.

Wie die meisten Rollenspiele auch, fängt SCRAWL danach direkt mit der Charaktererschaffung an und benennt Konzepte, die wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennen, ist also für direkte Neueinsteiger überhaupt nicht gedacht. Ein Inhaltsverzeichnis oder gar einen Index sucht man auch völlig vergebens.

Nachdem man sich für eine Klasse entschieden hat, und ihre non-kodifizierten Vor- oder Nachteile, kommen wir zu den Listen für Zaubersprüche, welche ebenso wage gehalten sind. Hmm. Danach kommt eine mechanische Übersicht für Lebenspunkte, Schicksalspunkte oder Fate Points und Rolls, sowie Erfahrungspunkte und eine Übersicht der wichtigsten Mechaniken. Ein bisschen unordentlich, aber gut.

Die Ausrüstungslisten und andere Wertigkeiten sind dabei eher zu vernachlässigen. Rüstung gibt Lebenspunkte und man hat ein Maximum an Zeug, das man tragen kann. Gotcha. Gewürfelt wird zumeist mit einem w6, es gibt ein Vor-/Nachteil-System wie wir es aus DnD5 kennen.

Die Kampfregeln sind sehr simpel gehalten und direkt offensichtlich im Gegensatz zu Scarlet Heroes fast ein Todesurteil gegen mehrfache Kontrahenten, da diese immer noch alle einzeln zuhauen, während der Spielercharakter nur einmal zuschlägt, und dann nichtmal direkt seinen Gegner ausschalten muss. Hrmpf.

Navigation oder ähnliche Chosen passieren in SCRAWL auf einer HExkarte, auf welcher man sich jeweils ein Hexfeld pro Tag entlang bewegt. Erinnert mich ein bisschen an ein primitives Battle Brother, wenn ich ehrlich bin.

Danach folgt eine Übersicht von Zufallstabellen, wie für magische Gegenstände, udn ein Bestiarium der garstigen Kreaturen und Fallen.

Das einfachste Problem? Theoretisch hat dieses, sich selbst als OSR-Solo-Spiel beschriebene Spiel erneut keinen Ablaufplan. Durch das Durchlesen dieser Regeln wäre noch nicht zwangsläufig klar, wie bestimmte Abläufe funktionieren, oder was man wann machen muss, oder darf, weil das Regelsystem dafür schlicht keine Verwendung kennt oder nennt. Im Grunde genommen übersieht der Autor von SCRAWL, dass er, ähnlich einem Brettspiel, einen gewissen Ablaufcharakter zuführen muss, damit man logische Konsequenz hat, dies jedoch wird, da es offenscihtlich für einen kreativen Kopf geschrieben sein soll, einfach ignoriert. Ganz getreu dem OSR-Motto haben wir hier ganz viele einzelne Stellrädchen, aber kein funktionierendes Gesamtwerk.

Natürlich soll man SCRAWL aber auch nicht alleine betrachten, denn seit dem ersten Erscheinen sind eine ganze Menge an Zusatz-Materialen dafür erschienen. Das sind Sachen wie "Anatomy of a Village" oder "Dungeon of the Orc Boss". Das Problem ist hier aber dasselbe wie bei den anderen. Es ist nicht immer ganz klar, wie diese genutzt werden sollen, und innerhalb dieser Zusatzregeln selbst gibt es weitere Tabellen oder Inhalte welche nicht immer ganz kohärent mit dem restlichen Regelwerk laufen. Oft genug beinhalten die Erweiterungen eigentlich nur Begegnungstabellen für ein besonderes Areal, wie die Berge oder Hügel, und einen Zufallswurf bei dem man Verlust erleidet. Da kommt Freude auf.

Insgesamt gebe ich SCRAWL eine 4-. Die Optik ist zwar zweckdienlich, aber dermaßen unübersichtlich und unsortiert einfach, dass es wehtut, Selbst mit einem WYSIWYG-Generator wie es Office Word ist, kann man das schöner hinkriegen. Dazu kommt das der Großteil der Inhalte eine deutliche Mehrarbeit vom Spieler erfordert. Ohne eigene Ausarbeitungen, Staffierungen, Kartenmaterial etc. kommt man hier nicht vorwärts. Zuletzt ist das Spiel auch absurd schwer. Da man nur einen Charakter spielt, ist eine große Zahl an Begegnungen direkt oder fast immer tödlich und somit weit über dem Niveau angesiedelt, was man machen sollte.

Im Grunde genommen hat sich SCRAWL daran versucht, Neverwinter Nights in seiner Konzeption zu sein, und scheitert daran, dass es vergessen hat den Rest des Spiels anzupassen, denn man kann hier einfach nicht mit einem Helden durch die Weltkarte laufen und hoffen, ein spannendes Abenteuer zu erleben einfach nur weil wegen. Schade eigentlich.

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