Zuerst die Augen. Langsam, erst ein, zwei, dreimal blinzeln. Die Sicht ist
verschwommen. Unklar, klärt sich erst langsam. Mein Körper ist wie in Eis
getaucht. Kalt. Unbeugsam. Fremd. Erst langsam, wie kleine heiße Nadelstiche
kehrt Leben in ihn zurück.
Es ist hell hier. Sehr hell. Ein Raum. Zimmer. Es dauert einen Moment, bis
sich mein Blick einigermaßen fokussiert hat. Zu meiner rechten ist Bewegung.
Ein großes Fenster, neben einer Tür., das nur durch einen halbgeöffneten
Vorhang abgedeckt ist. Ich kann Männer und Frauen erkennen, die dort entlang
laufen. Der Raum ist gänzlich in weiß. Ich liege in einem Bett.
Metallrahmenkostruktion. Der Fußboden ist glatt, spiegelt die Neonröhren
wieder, die von der Decke ihr klinisches Weiß herunterleuchten. Zu meiner
Linken ist eine Jalousie, offen. Sonnenlicht strahlt in einem ungünstigen
Winkel hinein.
Es ist ein Krankenzimmer. Ich bin in einem Krankenhaus. Auf einem links von
meinem Bett stehenden Nachttisch ist ein großer roter Knopf neben einer kleinen
Blumenvase mit einer vertrockneten weißen Rose. Langsam kommt das Gefühl in mir
hoch und wie tausende kleine Nadeln sticht es mir ins Fleisch. Ich will mich
aufbäumen, aber meine Brust und Magen sind fixiert. Als ich die Decke anhebe,
kann ich an diversen Stellen Verbandszeug erkennen.
Ein langsames hintasten. Leichtester Druck. Enorme Schmerzen folgen der
wagemutigen aber dämlichen Idee. Aua. Zugegeben, das hätte ich mir denken
können. Etwas mehr verwundert mich der Frauenschrei, den ich gerade von rechts
vernehme.
Wende den Kopf langsam. Eine junge Frau, brünettes Haar hochgesteckt, eine
Lesebrille auf der Nase, Krankenschwestern-Klamotte, hat gerade ihr Klemmbrett
fallen gelassen. Hält die Hände vorm Mund, schaut mich mit großen Augen an. Ich
hebe eine Hand. Sie bückt sich, klaubt ihr Klemmbrett auf und rennt aus dem
Zimmer heraus. Na toll.
Schwester – Doktor Mallory, der Patient aus Zimmer
…..
Das wird jetzt wieder ein Getrappel. Es dauert
nicht lange, und ein Doktor kommt mir ihr und einer anderen Person, vielleicht
eine Art Pfleger? ins Zimmer marschiert. Der Pfleger rennt zum Bett, drückt
mich „sanft“ wieder runter. Super, ich wollte gerade aufstehen, Arschloch.
Der Arzt dabei, ein ehrwürdiges Grauhaar das
vermutlich woanders schon in Rente gegangen wäre, mit einer großen Hornbrille
die auch schon in den 50ern übertrieben wäre, kommt zum Bett, schaut mich etwas
verwundert an, nimmt ein anscheinend am Fußbrett hängendes Klemmbrett vom
Bettgestell und schaut mich unter kurzen Blicken auf das Brett immer wieder an.
Dr.Mallory – Mr. Markusson…so
so….hmm….hmmm…. …Wie fühlen
sie sich?
Ich räuspere mich vernehmlich.
Zeichner – Meinen sie mich?
Er schaut mich etwas verwundert an.
Dr.Mallory – Sehen sie hier sonst noch jemanden
im Raum mit ihrem Namen?
Zeichner – Ähhh….ich kann die Hälfte meines
Körpers unter Schmerzen spüren und die andere Hälfte ist noch taub genug das
ich gar nichts spüre?
Dr.Mallory – Ohh..das wird sich geben. Sie sollten sich glücklich schätzen, wir hatten schon Sorge
ob sie überhaupt noch aufwachen.
Zeichner – Wieso? Was ist denn passiert? Wo bin
ich hier überhaupt?
Schwester – Er hat sein Gedächtnis verloren?!
Dr.Mallory – Abwarten, Frau Lindberg. Mr.
Markusson, was ist das letzte woran Sie sich erinnern können?
Zeichner - Ich wurde verletzt…
Dr.Mallory – Richtig. Können sie die Art ihrer
Verletzung bestimmen?
Zeichner – Ich wurde angeschossen.
Dr.Mallory – Erneut richtig. Als der Krankenwagen
sie herbrachte, hatten wir eigentlich schon alle Hoffnung aufgegeben. Während
der Not-OP waren sie für mehrere Minuten klinisch tot, Mr.Markusson. Es hat
eigentlich niemand daran geglaubt, dass sie es schaffen würden, aber im letzten
Moment hat ihr Herz dann wieder von alleine angefangen zu schlagen. Wir hielten
es daraufhin für angebracht, sie unter Beobachtung zu stellen, da sie trotz
aller Versuche nicht aufgewacht sind, sondern in einem Koma verblieben. ´
Zeichner – Ein Koma? Wie…wie lange war ich weg?
Dr.Mallory – Seit ihrer Einlieferung sind etwa
Zwei Wochen vergangen. Wir haben demnächst Frühlingsanfang, Mr.Markusson.
Mir wird übel. Es dreht sich in mir. Einerseits
bin ich froh, noch am Leben zu sein, aber zwei Wochen können eine verdammt
lange Zeitspanne sein, insbesondere wenn ich überlege, was bestimmte Leute in
der Zeit alles machen konnten, ohne dass ich die Chance hatte, einzugreifen.
Ich meine, ein richtiger Detektiv lässt doch einen Fall nicht los, bis er ihn
zu Ende gebracht hat, nicht wahr?
Zeichner – Ab wann….ab wann werden sie mich
entlassen können?
Dr.Mallory – Theoretisch dürfen sie sich selbst
jederzeit entlassen, da wir ein privates Krankenhaus sind, aber praktisch würde
ich ihnen in ihrem Zustand empfehlen, noch ein paar Tage zu bleiben, wir würden
noch ein paar Tests machen wollen um sicher zu stellen, dass es ihnen auch
wirklich gut geht. Sie können dann gehen
Axel, ich denke es wird keine Probleme geben.
Axel – Okay, Doktor.
Zeichner – Ein privates Krankenhaus? Wie…wie soll
ich das bezahlen? Wieso haben sie mich aufgenommen?
Dr.Mallory – Ihr Behandlungskosten werden
vollständig getragen, Mr.Markusson. Culf Rieé hatte sich bereiterklärt, für sie
einzustehen, was die Kosten angeht.
Mir wird ganz anders. Selbst unter der Übelkeit,
die ich noch verspüre, kann ich das Kribbeln auf der Haut bemerken, und ein
leichtes Frösteln geht durch den Raum.
Dr.Mallory – Machen sie sich mal keinen Kopf, das
wird schon wieder. Mr.Rieé lässt auch täglich nach ihnen schauen, ich bin mir
sicher, er wird erfreut sein zu hören, dass sie aufgewacht sind.
Ich kann nur müde lächeln angesichts seiner
Beteuerungen. Er weiss ja nicht, was ich unter der Hand seines Neffen angesehen
und durchgemacht habe. Davon abgesehen, dass die Motivation mir dabei völlig fremd
ist. Was hat Rieé davon, mich am Leben zu halten?
Der Arzt schwallert noch ein Weilchen weiter
seinen üblichen Text ab, und die nächsten Stunden sind angefüllt mit seltsamen
kleinen Tests, die Ärzte so gerne mit einem Opfer, das sich nicht wehren kann
machen. Es ist erst gegen Abend, als man mir, an ein Schmerzmittel
angeschlossen in einem Rollstuhl erlaubt, mich wieder auf mein Zimmer zu
begeben, wo ich an die Fensterbank geschoben werden. Die Sonne ist längst
untergegangen, und ich kann aus dem hohen Stockwerk, in dem ich bin, hinunter
auf die Stadt blicken. Sie pulsiert und lebt. Öffne das Fenster ein wenig, und
atme ihren Geruch ein. Sie lebt. Ich lebe. Und ich werde mich von Rassila nicht
unterkriegen lassen.
Es klopft an der Zimmertür. Ich drehe den
Rollstuhl, es dauert. Es ist anstrengend. Aber als ich sehe, wer sich da ankündigt,
kommt mir die Galle hoch. Ich erkenne die beiden Gorillas, Angus und Hank, von
denen Hank mich angrinst, während Angus eher unfreundlich dreinschaut. Interessanter
als die beiden ist aber der ältere Herr, der sie begleitet, und an dessen Seite
eine junge Frau in einem Konzernkonstüm und Headset an der Seite steht. Ihn
habe ich bereits gesehen. Der teure Anzug, die langsam frei werdende Platte,
der Gehstock an der Seite und ein Gesicht das von den Zermürbungen der Jahre
berichten, wenn sie nicht von diesen harten Augenbrauen eingerahmt wären,
während sie mit der schlanken Taille und der Technik auf dem Arm vermutlich als
seine Sekretärin durchgeht.
Die beiden Gorillas postieren sich draußen, schließen
hinter sich die Tür, sie zieht den Vorhang vors Fenster, während er sich mit
einem gemütlichen Gang Richtung Fenster neben mir auf einen Stuhl setzt, eine
Zigarre rausholt und anzündet und aus dem Fenster raucht. Mich anguckt.
Zeichner – Mister Rieé, vermute ich mal?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen