20161219

Kleiner Rollenspiel-Review II

Da ich momentan im allgemeinen mich durch einen ganzen Berg an Material arbeite, hatte ich auch die Muße, noch ein paar andere kleine Rollenspiele anzugucken, und möchte euch an meinen Meinungen dazu teilhaben lassen.

Dance of the Damned
Wenn jemand Die Maske des roten Todes als Rollenspiel designen würde, würde vermutlich so etwas herauskommen. Wir schreiben das Jahr 1642, und Seuchen und Desaster überziehen das Land, weswegen sich die Reichen und Mächtigen in der Festung des lokalen Fürsten eingenistet haben, Wein Weib und Gesang frönen, sich besoffen auf die Tanzfläche wagen, in stundenlangen Orgien und Exzessen ergeben, während die Musiker sich die Finger blutig musizieren und die Küche die langen Vorräte im Schnellvorlauf aufbraucht.

In diese Situation kommen die Spieler als zufällig bestimmte Würdenträger und Adlige herein, welche durch die Resolutionsmechanik des Spiels, das Ziehen von Karten eines Pokerdecks, bestimmt werden, und untersuchen das Schicksal, dass sie und dieFeste selbst selbst erleiden werden.

Hierzu nutzt das Spiel die Pokerfarben um ein bestimmtes Thema vorzugeben, und die Wertigkeiten um eine Differenzierung der Wertigkeiten zu haben. Dabei gehen die meisten Szenen zwischen zwei Spielern, da es keinen Spielleiter gibt, und man Karten vorlegt, um dem anderen Spieler thematisch einen bestimmten Kurs aufzudrängen, während die Gegenseite ebenso sich verteidigt. 

Die höhere Karte gewinnt den Austausch dabei und zwingt der Verliererseite die gegnerische Karte als Konsequenz auf. So geht es reihum, bis alle Spieler ihre Hand verspielt haben, ehe schliesslich in einem Finale die Handlung im allgemeinen aufgelöst wird.

Das Buch beinhaltet auch ein paar Optionalregeln und Inspirationstipps für interessierte Leser, ist aber letztlich mit etwas mehr als 50 Seiten Text von denen nur die Hälfte in A5 großem Text auch Regeln präsentieren, eher schlank zu nennen.

Gleichwohl ist das gesamte Spiel in Optik und Inhalt natürlich extrem düster gehalten. Dazu kommt, dass es leider etwas unordentlich wirkt und der Font nicht immer super gut lesbar ist, aber es ist für die meiste Zeit ok. Was nicht ok ist, ist für ein Storygame den Fokus einerseits darauf zu legen, immer wieder betont zu haben dass es nicht ums Gewinnen geht, nur um in der nächsten Zeile darüber zu sprechen, wie man "gewinnt". Hier liegt eine extreme Tonverzerrung vor im Inhalt.

Ich werde es sicherlich noch testen in nächster Zeit und meine Eindrücke mitteilen, aber der Voreindruck ist gespalten.
In Darkest Warrens
Ein Minimalist-RPG, in derselben Art, wie wir auch schon mit Pocket Fantasy RPG gesehen haben, hier in Form eines OSR-Spiels, das ein einfaches Würfel X+ auf einem W6 nutzt, und dabei alle wichtigen Regeln in vier Spalten auf anderthalb A4 großen Querseiten präsentiert. Der letzte Abschnitt wird für ein zusätzlich inklusive sitzendes Einsteigerabenteuer genutzt.

Zunächst einmal ist es überraschend, dass das Layout bei 4 Spalten trotzdem fürs Auge akzeptabel wirkt. Ihr werdet euch erinnern, dass ich mich über Pocket Fantasy RPG so geärgert habe, und das aus gutem Grund, denn der optische Eindruck war furchtbar. Interessant ist hier also, dass es, obwohl es sogar noch eine Spalte mehr braucht, der Text größer und in einem besser lesbaren Font eine angenehmere Aufteilung fürs Auge erreicht und trotzdem weniger Platz braucht.

Regeltechnisch ist IDW nichts besonderes, es reduziert die Attribute auf 4, welche sich aus Stärke, Geschick, Geist und Persönlichkeit zusammensetzen und man wählt zu Anfang der Charaktererschaffung eine Klasse, welche alle weiteren Werte, Sonderfähigkeiten oder TP vorgibt. Eine Stufe aufsteigen lässt einen SPieler dabei nur länger leben, aber keine sonstigen Vorteile genießen.

Seit dem Erscheinen von Trollish Delver Games hat In Darkest Warrens zwei Erweiterungen in Form einer Artefakt-Übersicht bekommen (ein weiterer Zweiseiter), und einem Erweiterte Regelkompendium, mit dem ich weniger glücklich bin, da es die Einfachheit, welche das Grundspiel erreicht, letztlich verlässt und sich in eine Reihe mit anderen "Minimalist-Medium-Lvl-RPGs" einreiht, wie Pocket Fantasy es sein will.

Für sich allein genommen kann ich IDW aber 4/5 Sternchen geben, neben angenehmer Präsentation ist es durchaus ein schmuckes Grundrollenspiel auf dem man Aufbauen kann für allerhand weiteren Schabernack.
Crying Blades Beta
Auch bekannt als Crying Blades Houserules, verfügbar zum aktuellen Zeitpunkt für Nix auf DriveThruRPG präsentiert Crying Blades den Versuch, bekannte Konzepte durch Ausregelung letztlich zu einem vollwertigen, eigenen Spiel auszuarbeiten.

CBb kommt dabei aktuell mit einem GRW auf 21 von 120+ geplanten Seiten auf und einem Charakterbogen. In diesem Review gucken wir uns das Grundregelwerk einmal genauer an.

CB versteht sich selbst als Hausregelsammlung für Lamentations of the Flame Princess (LotFP) und Swords & Wizardy (S&W), zwei der bekannteren/erfolgreicheren OSR-Systeme, und geht in seinen Inhalten dabei davon aus, dass man mit diesen vertraut ist. Das ist natürlich fatal, wenn man neue Leser gewinnen will, aber so ist nunmal das Konzept laut Einleitung.

Das Spiel verwendet vom w4 bis zum w100 so ziemlich alles, was man von OSR-System gewohnt ist, und versieht jeden Spieler nach dem klassischen 3w6-Attributswurf mit einer Klasse passender Kombination. Angelehnt an seine großen Namensvettern spielt CB dabei im fantastischen Mittelalter des ausgehenden 8ten Jahrhunderts, wo die Wälder noch dunkel und voller Gefahren sind, und die Menschheit sich noch vor dem fürchtete, was dort draußen hauste. Dabei erzählt es von einer Söldnergruppierung, welche die sogenannten "Crying Blades" benutzte, Klingen, welche sich dem Nutzer anpassten und blutige Tränen weinten wenn jemand "eigener Gesinnung" damit ermordet wurde, wobei sie zudem noch "besonders magisch sind". 


Ich krieg jetzt schon Problem damit, aber gut soweit. Das Setting dreht sich im weiteren um eine sogenannte "Ewige Stadt", welche als Zentrum der Handlung dienen kann und soll, das kann Rom sein, aber die Beschreibung ist generisch genug dass es auch die Kaisersstadt Aachen oder Paris sein könnte, quasi eine wichtige Metropole der Zeit. Konstantinopel wäre auch sehr gut drin. Der Sinn dieses Ortes jedenfalls ist, dass man einen Abenteuergrund hat, denn die Ewige Stadt ist bewacht von Soldaten aller Herren Länder, um das, was da drin ist, auch drin zu halten, aber gleichzeitig scheinen dort wertvolle und seltene Schätze zu existieren. Es ist damit an den Spielern, diese herauszuholen.

Soweit zum Setting, behandelt der Rest des Dokuments erstmal Regeln, darunter die Standard-OSR-Charakterschaffung, bei der man seine Attribute auswürfelt und dann so fest hat (Bäh), mit dem Unterschie das man hier eine sogenannte "Schicksalspunkte", hier Gift genannte Version hat, welche einem einen Reroll erlaubt für das permanente Vernichten dieser Punkte. Schmeckt auch nicht.

CB benutzt dabei ein aufsteigendes Rüstungsklasse-System von 0 an, ist also nicht komplett Oldschool. Bereits im Erschaffungskapitel werden Kampfboni erläutert, welche, ebenso wie bestimmte Begriffe, in der Fußzeile des Dokuments aufgelistet sind, und werden gefolgt von Regeln zur Kommunikation mit Monstern und weiteren, zusätzlichen Regeln über Geld, Ausrüstung, Überladung und Traits, quasi Charaktereigenschaften, welche zufällig als positiv oder negativ bestimmt werden. Eher unangenehm, dass man auch hier nur wenig Kontrolle über den eigenen Charakter hat. Dem folgen 2w100 Listen von guten und schlechten Eigenschaften, ohne weitere oder tiefere Erklärung....*seufz*

Die restlichen Seiten beschreiben die einzelnen Klassen, Krieger, Schurke, Magier, Kleriker. Auch hier keine echte Neuerung. Man erhält Punkte, die man in Klassenfähigkeiten investieren kann und diese sind beziffert. Die Talente sind aber eher Standard und das, was man von diesen Klassen durchaus erwarten würde, nicht was sie erst dazukaufen sollen müssten.

Letztlich kann ich von Crying Blades nur abraten. Um es kurz zu sagen, in seiner Art verfolgt es ein weiteres OSR-Rollenspiel auf Basis einer Hausregelsammlung zu sein, ohne dass es für den Markt oder inhaltlich etwas neues bringt. Damit ist es aber, am Ende der Tage, keine Verbesserung oder Weiterentwicklung. Es bedient sich der Mechaniken der bekannteren, erfolgreicheren Spiele, ohne daraus zu lernen, warum diese so gewählt wurden, oder was man daran besser machen könnte. Finger Weg, und wir gucken es uns als Vollpreis-Produkt (Wenn es jemals so weit kommt!) nochmal an, ob es besser geworden ist.

Cthulhu for President
Why settle for the Lesser Evil?
Seufz...76 Seiten politisches Beer-&-Brezel Rollenspiel, das seinen Humor daraus bezieht, das man letztlich für die großen Alten auf Basis des amerikanischen Wahsystems in den Wahkampf gegen zeitgenössische Kandidaten antritt. 

Man erstellt den Charakter nach BRP-ähnlichen Methoden und konvertiert die Werte dann, man erhält diese wiederum aus einer sogenannten "Handy Chart", und muss dann als Wahkampfhelfer, "Campaigner" oder einem anderen, für die Kampagne wichtigen Job versuchen, Cthulhu zum gewählten Präsidenten der USA zu machen.

Das ganze Buch ist voll von Witzen und Puns, Anspielungen und bizarren, teilweise äußerst grenzwertigen politischen Kommentaren, welche ebenfalls witzig sein sollen. Ich weiss nicht so recht, Vielleicht gehe ich da auch zu ernst ran, aber ich kann dem Humor des Spiels nicht viel abgewinnen, da dieser auch oft genug bemüht und platt ausfällt, so dass es weniger eine Freunde als ein Zähneknirschen bei mir verursacht.

Aufgrund seiner Zeitgenössischen Einstellung sicherlich interessant zu lesen, aber ich kann es um Himmels Willen nicht empfehlen. Lasst, wenn ihr nicht so wie ich im Rundumschlag an Rollenspielen interessiert seid, bloß die Finger davon. Eure geistige Stabilität wird es euch danken ;)

Soweit erstmal im Moment, mehr in einem späteren Artikel, denn es liegt noch einiges an Material vor uns....

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