20180131

English Eerie IV - Die Bestie des Moores

Die Flammen tanzten vor unseren Augen, labten sich am Holze, verzehrten jeden Ast, jedes kleine Quäntchen an brennbarem. Unter zaghaftem Knistern brach ein Scheitel entzwei und Funken ergossen sich über den Kamingrund und die Fliesen...


Ich wagte kaum, das Schweigen zu brechen. In der Ferne entspannte sich einer tiefer, grollender Donner, und ein leichtes Prasseln drückte sich langsam an den Fenstern platt. Ein Sturm zog auf.

Unnatürlich und kalt. So wirkte es, als die Schatten des Kamins von den Sesseln aus die Umgebung in ihren unnahbaren Schein hüllten. Tanzten sie um uns herum? Selbst jetzt noch, im Angesicht mit den schweren Gargylen war es mir, als würde der Teufel persönlich mich beobachten.

Ich drehte mich zu Cunningham um, aber dessen Blick verharrte, wie gebannt auf den Flammen, auf ihren stetigen Zuckungen. Ich wusste, dass er meiner Gegenwart gewahr war. Trotz alle dessen kein Laut aus seinem Munde. Würde ich nicht seinen Brustkorb heben und senken sehen, ich wäre versucht anzunehmen, er wäre dahingeschieden.

Die Zeit dehnte sich endlos. Draußen wurde der Sturm immer schlimmer. Das Toben von Wind und Wetter hieb gegen die Fenster wie um den jüngsten Tag zu verkünden. Ein plötzlicher Donnerschlag. Das blitzende Licht erfüllte den Raum. Für einen Augenblick nur, tanzten und stritten Blau und Gold miteinander. Riesige Schatten zogen ihre Bahnen, und verstarben unlängst mit dem Verschwinden seines Lichtes.

Hatte ich bis eben meine Finger noch in die Armlehnen gekrallt, so war dies nur noch mehr ein Zeichen meiner Anspannung, gruben sie sich doch jetzt tief genug, dass ich befürchtete den Stoff reißen zu können, würde ich nicht alsbald loslassen.

Er zeigte keine Reaktion. Hatte er mich gehört? Mit Anstrengung löste ich meinen Griff und drehte mich in seine Richtung. Sein Finger kratzte langsam, sehnig über den schweren Wälzer. War das ein Seufzer? Ein seltsames Rollen erklang. Nicht wie der Sturm, mehr denn Schiefer, der langsam über Holz gezogen wurde. Der jede Fuge, jeden Splitter mitnahm und brach. Dann erst wurde es mir bewusst. Cunningham sprach!



Ich schüttelte den Kopf. Afrika. Afrika bewegte ihn noch immer. War das es, was diese Melancholie auslöste? Ihn so hinunter zog, dass er einen alten Weggefährten zu sich bestellt hatte? Ich wusste von einigen unserer Mannen, ehemaligen Kameraden, welche noch immer dort weilten. Manche inzwischen für immer, Opfer der ewigen Streitereien mit Wilden und Eingeborenen, andere fürs Vaterland verschollen auf der Suche nach Schätzen Salomos oder den blutigen Schätzen des schwarzen Kontinents. Hatte nun auch Cunningham dieses Fieber gepackt?

- Er beugte sich plötzlich in meine Richtung, und der Kaminschimmer tauchte sein eingefallenes Gesicht in unscheinbare Dunkelheit. Ich wusste, dass er mich anblickte, aber der dazukommende Donner jagte mir einen Schauer über den Rücken, als er kurzzeitig seinen Blick wie den eines Geiers in Angesicht seiner Beute zeigte.

Cunningham ließ sich zurückfallen. Als er sprach, wanderte mein Blick unwillkürlich zum Kamin. War da nicht...etwas im Feuer? Konnte ich nicht Bewegung sehen? Marschierende Linien? Das blutige Rot britischer Soldatenuniformen?

Spion Kop war in der Frühphase des Krieges gewesen. Erst jetzt, wo Cunningham davon erzählte, kamen mir Erinnerungsfetzen der Ereignisse in den Sinn. Ich hatte davon gehört. Umgeben von anderen Hügeln war das britische Kontingent unter schwerem Artilleriebeschuss beinahe vollständig aufgerieben worden. Unzählige Tote und Verletzte, General Warrens Truppen wurden zurück getrieben. Die Schlacht war eine Blamage für den Stolz des Empire.

Er schien auf etwas zu lauschen. Reckte sich langsam am Sessel hoch, während vor uns die Flammen langsam erstarben. Das Feuer, kaum gehegt oder nachgelegt, verlor an Intensität, während Cunninghams Gestalt immer stärker in Schatten gelegt war. Der Regen? Der Regen hatte ausgesetzt. Kein Donner. Kein Laut schien in jenem Moment hörbar. Nur das Schlagen meines Herzen dröhnte in meinen Ohren. Dann sah ich ihn hochzucken.



Seine Pupillen aufgerissen, erschrocken, entsetzt. Und hörte das bizarre Heulen. Die Fenster wackelten, der Leuchter über uns klirrte empfindlich angesichts des Tons und ich bekam eine regelrechte Gänsehaut, während Cunningham schockiert Reißaus nahm, fluchtartig hinaus sprintete. Das Geräusch war von draußen gekommen.

Wie, als hätte es nie aufgehört setzte der Sturm mit unverminderter Stärke ein, und die Flammen loderten auf. Und ich saß allein inmitten der schrecklichen Warte in der Bibliothek.

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