20140128

Fall 1 - III

Ich fühle die Straße unter meinen Füßen. Ihren ruhigen Puls.Mit dem aufklaren des Himmels geht auch die Wiederbelebung einher. Menschen kehren, vereinzelt noch mit kleinen Regenschirmen zurück in die Adern, um Tagesgeschäften nach zu gehen.

Jeder Schritt bringt mich meinem Ziel näher. Rechterhand über die St.Andrews Street, die Kreuzung überquerend auf den Hudson Drive, dann 2 Kilometer die Straße entlang, an Caffees und Bistros vorbei, an Boutiquen und Bekleidungsgeschäften, Restaurants und Pubs, Kneipen und Elektrofachgeschäften. In einiger Entfernung kann ich schon das Rauschen des Wassers vernehmen. Aber es ist nur eine Illusion, hier inmitten der wimmelnde Masse von Mensch und Urbanem.

Wasser spritzt unter jedem meiner Schritte, während ich gehe, und als ich Mickeys Kneipe streife, bleibe ich für einen kurzen Moment stehen. Das Wasserloch wirkt in diesen Minuten selbst von außen einigermaßen respektabel, solange man den Penner davor ignoriert, der sich mit einigen Zeitungen und einem Umzugskarton eine Behausung eingerichtet hat, welche nun ein einziges großes Gematsche darstellt, da es vollkommen durchnässt ist. Der Penner flucht auch nicht gerade freundlich. Klingt nach Seeman.

Glücklicherweise haben meine Füße manchmal ihre eigenen Willen, und ehe ich noch nach der Türklinke greifen kann, bin ich schon am weitergehen. Längst ist die Stadt wieder zum Leben erwacht. Wieso auch nicht, war es doch keiner der Ruinenstürme meiner Kindheit. Das waren noch Zeiten als...

Ich bleibe rechzeitig stehen, um zu bemerken, dass ich genau vor einem Ampelmast stehe. Ein paar Passanten grinsen und schmunzeln, als ich meinen Trenchcoat zurecht rücke und drumherum über die Fahrbahn latsche, während noch Verkehr herrscht. WIldes Gehupe und Reifengequitsche folgt. Hier und da wünscht mir einer der Fahrer Pest, Cholera und Sackratten an den Hals. Das übliche. Als ich die Straße überquert habe, schlägt die Ampel auf Grün und ich setze meinen Marsch unbeirrt fort. Nicht weit von mir beginnt der Stadtpark, der an den Fluss angrenzt. Ich kann bereits das Flussufer erkennen.

Es ist eine dreckige Brühe, die da durch das Flußbett fließt. Je näher ich komme, umso mehr bekommt man den Eindruck, dass hier auch ein Klärwerk nicht mehr helfen kann. Kein Wunder, seit die Stadtverwaltung Antrag 18 durchbekommen hat dürfen die Chemiefabriken ihren ganzen Müll in den Fluß entsorgen. Letzte Woche hatte er eine pink-undurchsichtige Schaumschicht. Wenigstens heute wirkt der Fluß einigermaßen blau, aber ich kann immernoch niemanden empfehlen daraus zu trinken. Ist vermutlich alles umweltschädliches Färbemittel.

Am Flußufer fährt gerade ein Radfahrer entlang, ein Sportkurier, wie ich an seiner Kleidung erkenne. Das Rot-Weiß sieht man öfter durch die Stadt flitzen, die Jungs und Mädels vom One Time Courier Service leisten oft genug bessere Arbeit als die meisten örtlichen Poststellen. Kein Wunder, OTCS-Fahrer handeln ihren Preis selber aus, was auch dringend notwendig ist, wenn man überlegt, das sich in manche dieser Viertel nicht einmal mehr die Polizei ohne Geleitschutz hineintraut.Mit einem Mal überkommt mich das Verlangen, nach dem Revolver zu tasten. Immernoch da. Keine echte Sicherheit, aber auch das Gefühl reicht schon aus.

Unter meinen Füßen knirscht jetzt Kies. Ich betrete den Pfad am Flußufer, der direkt zum eigentlichen Pflasterweg führt, an dem man die Kloake betrachten kann, welche sich Fluß schimpft. In einiger Entfernung sehe es auch. Das Polizeiabsperrband. Der Polizeiwagen.Ein paar Streifenpolizisten und die Herren in den weißen Anzügen, die wohl von der Spurensicherung sind. Ich taste mich langsam heran, etwas so wie ein langsamer, verirrter Passant oder Fußgänger. Viel finden werden sie nach dem Wetter vermutlich nicht mehr, aber hey, immerhin sind sie so fleißig.

Als ich näher komme, bemerke ich, dass auch der Leichnam schon verschwunden ist. Wird schon vor einer ganzen Weile abtransportiert worden sein. Gleichzeitig, wenn die Leiche hier angespült wurde, kann er nicht von hier gesprungen sein. Also vermutlich etwas weiter am Flußbett entlang, vermutlich an der Greenbay. Dem typischen Ort, wo jemand in den Fluß springt. 470 Tote pro Jahr im Schnitt. Eigentlich kein Tag, wo sich nicht jemand dort das Leben nimmt. Als es vor ein paar Jahren ein junges Ehepaar erwischt hat, haben die Medien einen großen Wind drum gemacht, aber mehr als versprochen, sich um das Problem zu kümmern, ist eigentlich auch nicht passiert. Wobei, das ist nicht so ganz richtig, die Stadtverwaltung war so nett ein Schild aufzustellen mit der Bitte, nicht zu den Zeiten zu springen, an denen Kinder anwesend sein könnten. He.

Ich habe inzwischen das Absperrband erreicht und betrachte die Szene. Ungefähr am direkten Ufer zieht sich ein hart-bläulicher Streifen an der Uferbank entlang, bis er schließlich da liegen bleibt, wo jetzt noch ein paar Weißkittel dabei sind, Fotos zu machen und Abdrücke zu nehmen. Ich bemerke den Streifenpolizisten, der auf mich zukommt

Polizist - Sir, bitte gehen sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen.

Zeichner - Äh...was ist denn hier passiert?

Polizist - <Verdutzt> Ein Springer. Schon wieder. Was haben sie denn gedacht?

Zeichner - Ach, wissen sie, wenn man hier die Tage so entlang spaziert, sieht man ja so allerhand. War es jemand bekanntes?

Polizist - <Augenbraue-nach-oben> Nein, nur irgendso ein Niemand. Können sie jetzt weitergehen? Wenn sie noch länger hier herumstehen muss ich sie drängen, und <Die Hand auf dem Schlagstock> das kann unangenehm werden.

Zeichner - Meine Güte, schon so spät! Ich muss dann mal weiter, einen schönen Tag noch, Officer.

Seine Hand geht ans Polizeimütchen zur Verabschiedung, dann stapfen wir auseinander. Ich werde zurück kommen müssen, wenn das Einsatzkommando abgerückt ist. Vielleicht sollte ich mal der örtlichen Wache einen Besuch abstatten. Wobei, ein Obduktionslabor sollte nur das Hauptdezernat in der Innenstadt haben. Vermutlich ist die Leiche direkt überstellt worden.

Mit leicht beschwingtem Tritt gehe ich also Richtung Greenbay, ein kurzer Blick nach Hinten zeigt mir, dass mich der Streifenpolizist noch beobachtet. Als er merkt dass ich ihn ankucke, schaut er weg. Verstört? Nein, er spricht in das Schulterradio. Das erinnert mich daran, dass ich eigentlich die Tage Zugang zum Polizeifunk haben wollte.

Ein Läuferpaar rennt an mir vorbei. Schwung und Schwung und...hallo schöner Damenhintern! Leicht hypnotisch folge ich dem Paar. das an mir vorbeirennt für ein paar Meter, ehe ihre Geschwindigkeit und eine Kurve sie aus meiner Sicht bringt. Ich sollte mit Joggen anfangen, wenn sowas da rumläuft.

Ich schüttele den Kopf. Konzentrieren Zeichner. Der Fall! Also auf zur Greenbay. Schon lange bevor ich da bin kann ich den großen Leuchtturm an ihrem Ende entdecken, welcher die Ecke dieser Seite der Greenbay markiert, mitsamt der Würstchenbude und einer öffentlichen Toilette. Irgendwo auf dem Wasser sieht man inzwischen wieder ein paar Hobbyisten Boote fahren. Meine Schritte führen schnutzstracks zur Würstchenbude. Information und Magenauffüllung sind gleichzeitig erlangbar vorzüglich.

Die Bude ist klein und greimig, ihr Inhaber ein kahlköpfiger Graubart, dessen Spitzbärtigkeit an einen österreichischen Fu Man Chu erinnern könnte. Die Schütze die er trägt, hat auch schon ihre eigene Kruste. Gegen ein paar Scheine bekomme ich eine Spezialität des Hauses. Eine Grillwurst. Welch Vergnügen für den Gaumen. Nicht, dass durch die Röstung noch irgendwas an Eigengeschmack dabei wäre, davon mal abgesehen dass ich mir nichtmal sicher sein kann, dass da Fleisch drin ist. 

Hunger ist Hunger, und nachdem ich mir die Finger etwas ungeschickt ablecke und ein paar Servietten schnappe, drücke ich mir näher an den Tresen. Nur ein anderer Kunde, ein kettenrauchender Alter in dicker Bomberjacke und schwarzer Mütze sowie einem sehr traurig aussehenden Terrier stehen noch unter dem Regenschutz der Bude, und der scheint nicht zu Gespräch aufgelegt zu sein. Ich wende mich also dem Verkäufer zu.

Zeichner - Hey.

Fu Man Wurst- Hm? Noch ne Wurst?

Zeichner - Nein. Nein, wirklich nicht.Ich hab gehört hier ist heute morgen wieder einer gesprungen.

Fu Man Wurst - Hier springt eigentlich jeden Tag irgendwer.

Zeichner - Siehst du die alle?

Fu Man Wurst - <Achselzucken> Die meisten. Viele springen, solange es noch hell ist. Schon schräg, Selbstmörder und dann Angst im Dunkeln. <Er lacht kurz auf>

Zeichner - Kannst du mir was zu dem Typen heute morgen erzählen?

Fu Man Wurst - Warum? Bist du´n Bulle? Siehst nicht aus wie einer.

Zeichner - Grmpfl...ich bin ...Journalist. Schreibe den Artikel für die Abendausgabe. Dachte mir, ich frag mal rum.

Fu Man Wurst - Kriegt ihr nicht immer so eine Zusammenfassung von der Polizei? Wo ist dein Pressedingens?

Zeichner - Mein was?

Fu Man Wurst - Na das Dingens. Pressezeuch. Block. Stift, Kamera, Tablet, Ausweis.

Zeichner - Ach...das holen wir eigentlich nur heraus, damit die Leute uns als wichtig empfinden.

Fu Man Wurst - Aha! Hab ich mir es doch gleich gedacht. Ich hatte das schon vermutet, als ich die andere gesehen habe, die vorhin auch gefragt hat.

Zeichner - Welche andere?

Fu Man Wurst - Keine Kollegin, huh? Da war vorhin ne Schnalle von Daily Press hier, hat auch deswegen rumgefragt und mir die ganze Zeit ihre Kamera ins Gesicht gehalten, während sie Fragen gestellt hat.

Zeichner - Ach, sieh an. Kannst du sie noch näher beschreiben?

Fu Man Wurst - Öh. Weiblich?

Zeichner - Wow. An dir ist ja echt ein Schriftsteller verloren gegangen.

Fu Man Wurst - <Schaut etwas perplex drein> Naja, halt so, Regencape, Kamera, Mütze und so. Flach wie ein Brett.

Ich seufze. Neben mir grinst der Alte.

Zeichner - Und zum Springer?

Fu Man Wurst - Achso, ja. Das war ein komischer Kauz. Kommt heute morgen hier an, kauft sich erst ne Schachtel Zigaretten, dann ne doppelte Wurst und als ich mich umdrehe, um ihm die Wurst zuzubereiten, rennt er auf einmal wie ein Irrer davon. Dann flitzen hier zwei so Gorillas durch die Gegend und im nächsten Moment hör ichs knallen und klatschen und da war er auch schon gesprungen.

Zeichner - 2 Gorillas? Männer in Anzügen also?

Fu Man Wurst - Joar. So eben. 2 richtige Schränke halt. Und als er dann gesprungen ist, stehen die da noch herum, gucken kurz, und dann hauen sie wieder ab.

Zeichner - War sonst irgendetwas an ihnen auffällig?

Fu Man Wurst - Abgesehen von ihrer Größe, den schwarzen Sonnenbrillen, dem Knopf im Ohr und der Tatsache ,dass sie aussahen als wären sie aus einem geheimen Regierungsprogramm entkommen? Ne. Sonst nix.

Zeichner - Klugscheißer. Hat ...meine Kollegin dazu noch etwas gesagt?

Fu Man Wurst - He, der Konkurrenz nachschnüffeln. Ich weiss ja nicht. Wurstverkauft geht heute recht schlecht.

Zeichner - Das ist jetzt nicht dein Ernst.

Fu Man Wurst - <Er zuckt mit den Achseln> Hey, man mus tun, was man kann. Welt ist hart und ungerecht.

Zeichner- <genervt>Wieviel?

Fu Man Wurst - Och, sagen wir mal...für die Megabox.

Zeichner - Einen Zwanziger? Boah....bekomm ich dafür wenigstens auch die Box?

Fu Man Wurst - Klar.

Ich reiche der stinkenden Visage das Geld, und er begibt sich nach hinten, wo er anfängt, eine Pappbox mit Wurst und Curry aufzufüllen. Der Geruch der Chemikalien macht es nicht besser. Könnte man vermutlich auch mit Flusswasser tränken, hat wohl den gleichen Effekt. Als er zurückkommt, reiche ich ihm das Geld und nehme meine volle Box mit ungesunden Essen entgegen.

Zeichner - Und, was ist jetzt?

Fu Man Wurst - Jajaa, mal langsam mit den jungen Pferden. Also, die Schnalle hat sich so einiges in den Bart gebrabbelt und gemeint, das er den Schlüssel nicht bei sich hätte, wenn er gesprungen ist.

Zeichner - Schlüssel? Was denn für ein Schlüssel?

Fu Man Wurst - Keine Ahnung. Wobei, ich erinner mich, dass er so ein Halsband getragen hat, so wie meine Tochter hat, für ihr Schmuckkästchen.

Zeichner - Huh. Hey, hast du das der Frau auch erzählt?

Fu Man Wurst - Ne, die hat nur die Nase über meine Würstchen gerümpft. Hatse nicht verdient.

Zeichner - Wenn ich dir noch´nen Zwanni gebe, behältst du das dann für dich?

Fu Man Wurst - Klar!

Ein weiterer Zwanziger wechselt den Besitzer. Teuer, solche Nachforschungen. Und was soll ich jetzt mit der Box anstellen. Auf einmal meldet sich der Alte neben uns zu Wort.

Alte - Sachma, Manni. Die Gorillas, sahen die so aus wie die Typen da vorne?

Ich drehe mich um, für einen Moment bleibt mein Herz stehen oder setzt aus...oder wie auch immer die richtige Formulierung für einen solchen Moment heißt.

Manni alias Fu Man Wurst - Mensch, da sind sie ja wieder. Hätt ich ja nicht gedacht. Na kuck, labern gerade mit dem Streifenpolizisten.

Tatsächlich reden sie mit dem Bullen, der mich vorhin am Absperrband aufgehalten hatte. Er macht ein paar Gesten und zeigt dann in Richtung der Würstchenbude. Als sie sich zu mir umdrehen, fällt mir beinah die Pappbox aus den Händen. Scheisse. War es zu offensichtlich, als ich nach dem Toten gefragt habe? ich schaue mich um.

Zeichner - Sachma, gibt es hier irgendwo einen Ort wo man schnell verschwinden kann?

Manni - Wie? Hier? Du kannst ja springen gehen.

Ich schaue ihn beleidigt an. Klar, er will mich verarschen, für ihn stehts ja nichts auf dem Spiel, aber ich kann es nicht haben, wenn noch am Beginn meines ersten Falles mich bereits die Bundesbeamten kriegen. Ich drück also dem Alten die Pappbox in die Arme und renne Richtung Sprungpunkt. Noch von hinter mir höre ich die Halt-Rufe aus Richtung des Streifenpolzisten und von den MIBs. Als ich den Aussichtspunkt mit dem Schild erreiche, sehe ich unter mir nur den harten Flußfelsen und die Strömung, welche stark am ziehen ist. Schaue nach links, nach rechts. Hier muss doch irgendwo...da fällt es mir auf. Genau unter dem Sprungpunkt kommt ein Kanalisationsrohr raus. Vermutlich ein Sturmrohr für den starken Wasserfluss. Ich drehe mich einmal um, sehe wie die beiden Männer in Schwarz bereits Lauf nehmen und mir hinter her jagen, irgendwas rufe.  Zu spät, denke ich mir, und springe.

20140125

Fall 1 - II

Der Regen schwächt ab. Es ist einer dieser seltenen Momente, wo echtes Sonnenlicht durch die stetige Wolkendecke bricht, welche sich über der Stadt eingenistet hat. Trotz allem fällt immer noch ein leichter Niesel, der stetig gegen die Scheibe pocht, wie ein stetiger Puls. Ich greife unter den Schreibtisch und ziehe am festgeklebten Revolver. Mit einem Klienten und einem Auftrag kommen Gefahren und Geheimnisse.

Ich gebe zu, den Großteil meine Arbeit aus Krimiserien und Romanen gelernt zu haben, aber in der heutigen Zeit scheint es sowieso wenig zu geben, dass nicht mit modernsten Mitteln aufzufinden ist. Der Revolver geht nicht ab. Ich muss etwas mehr Kraft aufwenden, was schwierig ist, wenn ich überlege, wieviel Aufwand ich damals verwandt hatte, um ihn überhaupt sicher da unten hängen zu haben, aber ich brauche ihn, zu meinem eigenen Schutz wie auch zur Unterstützung meiner Argumente, denn man weiß ja nie, was für ein Pack sich auf den Straßen rumtreibt.

Nun, eigentlich weiß man es schon, man muss nur die Augen offen halten, aber allein ein Blick auf die modernen Straßen zeigt bereits, dass die meisten von Uns mit Scheuklappen durchs Leben gehen und nur noch besondere Ereignisse, Krisen und Katastrophen einen wirklich aufwiegeln. Der typische Beobachter ist apathisch und gleichgültig. Und mit einem Fotohandy ausgestattet. Haha! Mit einem harten Ruck habe ich den Revolver endlich vom Klebestreifen gelöst, mit dem er befestgt war. Es hängen noch ein paar Fussel dran, aber insgesamt sollte es gehen. Kurzer Check der Munitionskammer. Jep, immer noch keine Kugeln.

Naja, muss ich mit leben. Als ich aufstehe, zu meiner Jacke gehe, welche neben der Tür auf einem Ständer hängt, und den Revolver in den Innenseitenholster packe, fällt mir auf, wie zerschlissen sie wirkt. Immer noch besser als der alte Trenchcoat, welchen ich im Streit mit einem Penner erbeutet habe, aber um authentisch zu wirken, muss es mies sein. Und Authentizität ist alles heutzutage. In einer Welt, in der Schein wichtiger als Sein ist, muss der Eindruck stimmen.

Ich streife mir meine Jacke über, der gefüllte Holster fühlt sich ungewohnt an, da ich dieser Tage nicht sehr oft mit Waffe rausgehe, kein Wunder, wenn man keine Kugeln dafür hat. Durch die Bürotür bemerke ich wie Frau Schwarz gespannt an ihrem Computer sitzt und sich durch irgendwa durchklickt. Vermutlich wieder irgendwelche Tierseiten, ich habe ihr schon letztes Mal gesagt, dass sie ein Hauptgrund für das Virenproblem ihres Arbeitsgerätes ist, aber scheinbar sind manche Menschen recht lernresistent.

Zeichner - Frau Schwarz, haben sie schon eine Akte für Frau Rassila angelegt?

Sie schaut auf, und ich bemerke, dass sie diesen typischen "Du-Nervst!"-Ausdruck trägt, den sie aufsetzt, wenn ihr ein Gesprächsthema nicht passt. Denke an ihr Gehalt und alles ist gut.

Schwarz - Der Ordner liegt auf dem Aktenschrank. Er ist unter R eingesetzt, nachdem ich eine tote Spinne entnommen habe und ordentlich durchgepustet.

Zeichner - Sie haben alle Zahlungsbestimmungen mit der Klientin abgemacht, bevor sie Sie ins Büro geschickt haben?

Schwarz - Sie hat für die Woche im voraus gezahlt. Ich hab mir mein Gehalt schon abgenommen.

Zeichner - Hatten wir nicht ausgemacht, dass sie ihr Gehalt am Anfang des Monats bekommen?

Schwarz - Bei den Chinesen ist heute Monatsanfang.

Zeichner - Wir sind aber nicht bei den Chinesen, Frau Schwarz. Nun, wo haben sie das Geld?

Sie beugt sich zu ihrem Schreibtisch hinunter und kramt ein wenig herum, bis sie endlich in einer Schublade eine große Zigarrenkiste gefunden hat. Marke Vengardt 88, ein Klassiker, die letzten Vengardt wurden 89, kurz vor Mauerfall produziert und seitdem ist es sehr schwer geworden, sie zu bekommen. Als ich die Kiste entdeckt hatte, war mir klar, dass ich sie erstehen musste. Zu dumm nur, dass auf dem Flohmarkt schon wer anders auf die Idee gekommen war, nur die Zigarren darin zu entnehmen und die Kiste zurück zu lassen. 

Na, hat sich trotzdem gelohnt, die Kiste ist stabil und mit dem blutroten Polster und dem feinen Schloss dran kann man selbst einen Dieb ärgern. Oh, sie hat das Geld in der Kiste verstaut. Ich blicke zwar etwas verwundert, aber sie schließt sie mit dem kleinen Schlüssel auf und nimmt diverse Bündel Geld heraus. Es ist eindeutig zu viel Geld für die üblichen Konditionen

Zeichner - Frau Schwarz...was für Konditionen haben sie der Klientin mitgeteilt, dass sie diverse Bündel hiergelassen hat? 

Mich besticht gleichzeitig eine andere Frage. Was für eine Person hat mal eben so ein paar Bündel mit Scheinen dabei, um einen Privatdetektiv anzuheuern. Wenn die Scheine auch nur von durschnittlicher Währungsgröße sind, muss ich Monate an Arbeit bringen, damit die Frau überhaupt ihre bezahlte Leistung bekommt. 

Schwarz - Nur die üblichen, wie sie auf ihrer Infotafel angegeben haben. <Sie wedelt mit der kleinen Papptafel herum, die auf ihrem Schreibtisch liegt. Hab ich ihr bei ihrer Einstellung gebastelt, damit sie sofort weiß, was die Preise sind.> Sie meinte trotzdem, den Rest dazu lassen, als Gefahrenzuschlag.

Zeichner - Nun, ich hoffe mal sie haben das Geld bereits verbucht? Nun, geben sie mir mal ein Bündel.

Sie reicht mir eines der Bündel und ich zähle mir eine stattliche Anzahl Scheine heraus. Gerade so viel, dass es für Tenderosa reicht und ich trotzdem noch etwas Geld für notwendige Zahlungen habe. Reiche ihr das Bündel zurück, und greife meinen Trenchcoat.

Zeichner - Ich muss dann außer Haus, wenn jemand einen Termin will, rufen sie mich an, ich weiß noch nicht wie lange es dauern kann.

Schwarz - Herr Zeichner, die Dame ist ihre erste Klientin in Neuneinhalb Wochen. Ich glaube, wenn heute noch eine Person durch diese Tür kommt, geh ich erstmal den Tag im Kalender anmalen und einrahmen.

Zeichner - Kein Grund, gleich so sarkastisch zu werden. Aller Anfang ist schwer.

Schwarz - Kucken sie deshalb jeden Tag rüber zu Anderson?

Zeichner - Das tut doch jetzt überhaupt nichts zur Sache. Recherchieren sie lieber! Die Klientin sollte ihnen ja die wichtigsten Daten gegeben haben, oder?

Schwarz - Nö.

Plopp, explodiert ihr Kaugummi, nachdem sie es zu voller Größe, ungefähr ihres eigenen Kopfes aufgeblasen hat. Diese Frau bringt mich noch zum Wahnsinn. Und kaut auch noch gemütlich weiter. Wenigstens scheint sie tippbereit zu sein.

Zeichner - Die Klientin will die Umstände des Todes ihres Bruders Damir Mokhov untersucht wissen. Sie will wissen warum er sich heute morgen in den Fluss geschmissen hat. Vermutlich haben Passanten das ganze mitbekommen und die Cops werden seine Leiche nach kurzem rausgezogen haben. So, das sollte doch wohl genügend sein, damit sie mal erste Nachforschungen anstellen, während ich rausgehe und mir den Tatort ansehe.

Das stetige Tippern ihrer Tastenanschläge knallt hinunter wie ein Axtblatt auf eine wehrlose Birke. Ich muss mal eine neue Tastatur anschaffen.

Schwarz - Wird gemacht. 

Zeichner - Gut. Rufen sie mich an, wenn sie was wichtiges haben. Und beim nächsten Mal nehmen sie bitte ein paar Grunddaten von den Klienten auf.

Ich ziehe mir den Trenchcoat über. Er sitzt gut, wie eine zweite Haut. Er ist ungefähr so hart wie eine, wenn ich genauer drüber nachdenke, was auch der Grund dafür sein könnte, dass sein Vorbesitzer ihn behalten wollte. Schwarz hält mir ein Victory-Zeichen mit ihrer rechten Hand entgegen und winkt dann. Wendet sich dann wieder dem Monitor zu und das Klicken der Maus beginnt von vorne.

Mit einem tiefen Seufzen öffne ich die Apartment-Tür und stapfe die Treppe hoch zu den Räumlichkeiten meiner Vermieterin. Das Treppenhaus hat auch schon bessere Zeiten gesehen. Teile des Teppichs sind zerschlissen, hier und da hat man das Gefühl dass die rostroten Spuren Blut sein müssenm was vermutlich auch ganz richtig ist, aber die meisten werden dabei an etwas anderes denken. Auf der unteren Etage fehlt immernoch ein Stück des Geländers, seit Herr Falkner volltrunken durchgebrochen und zu Tode gestürzt ist, während durch ein notdürftig zugeklebtes Fenster Regen und Wind EInlass finden, das am Rand der Treppe inzwischen auf ist. Keine Ahnung warum das Fenster hin ist, seit ich hier mein Büro habe ist das schon so. Und so wie Tenderosa das Gebäude führt wird es die Tage über nicht anders werden.

Stapfend und schnaufend komme ich an. Ganz oben. Alle Stockwerke hoch. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass mit jedem Mal der Weg hinauf schwerer wird. Vielleicht sollte ich wieder anfangen Frühsport zu treiben. Egal. Ein paar mal an die Tür geklopft, schon höre ich die schweren Schritte des Pfundskerl dahinter. Als die Tür aufgeht, starre ich in die Fresse von Klausi.

Zeichner - Sag deiner Oma Bescheid, dass ich wegen der Miete hier bin.

Er starrt mich einen Moment lang an, als ob in seinem Kopf er noch die Gehirnwindungen in Gang gebracht werden müssen, und für einen Augenblick sieht es so aus, als ob man in seinen Augen diesen Vorgang bemerkt, den diese alten Fahrzeuge immer hatten, wo man früher noch kurbeln musste, damit sie anspringen. Nicht, dass irgendjemand bei Klausi kurbeln wollte. 

Klausi - Moment. <Dreht sich um und watschelt tiefer in die Wohnung hinein.>

So lässt er mich einen Moment lang stehen und erlaubt mir einen Blick ins Innere. Der Flur, auf welchen ich sehen kann, endet in einer T-Kreuzung, von der ich weiß, dass er links zum Wohnzimmer und rechts zur Küche geht. Als Klausi links abbiegt, wird mir bewusst, dass die Alte vermutlich wieder vor ihren Soaps hängt. Egal was man macht, wenn die Sendungen laufen, werden alle Verhandlungen bei laufendem Fernseher gemacht. Der Flur selber hat diesen typischen Geruch nach Mottenkugeln. Kein Wunder, die Tapeten sehen aus als wären sie aus den Siebzigern, die vielen Schwarz-Weiß-Fotos an der Wand machen ihr übriges, um den Eindruck einer Rentner-Wohnung zu vervollständigen.

Ich bekomme mit, wie irgendwer sich drinnen unterhält, und das Geräusch des laufenden Fernsehers dringt zu mir.

Fernseher - ...und wenn wir uns nicht lieben können, muss ich gehen! Lorenzo, ich kann ohne dich nicht, mein Herz...

Laute Schritte unterbrechen diesen Hochgenuss der Fernsehgeschichte, der eindeutig zu laut eingestellt ist für eine Person mit ordentlich funktionierenden Ohren, und Klausi kommt in Sichtweite, als er rasant um die Ecke biegt, nur um kurz vor dem Türrahmen zum Treppenhaus abrupt abzubremsen.

Klausi - Sie sollen reinkommen. Oma sagt, wenn sie jetzt kein Geld haben, sind sie geliefert.

Zeichner - Wuff.

Für einen Moment wird Klausi kreidebleich, dreht sich um und wirkt etwas kleiner. Bedeutet mir dann ihm zu folgen, geht den Flur entlang. Dreht sich noch einmal um. In der halben Dunkelheit des Flurs wirkt er etwas konfus.

Klaus - Oma sagt sie sollen damit aufhören. Sie mag es nicht, wenn sie sowas machen.

Ich zucke mit den Schultern und folge ihm hinein, linkerhand den Flur entlang in das zu groß geratene Wohnzimmer. Der Geruch nach Mottenkugeln wird hier drin nur stärker, und wenn ich nicht so ein harter Kerl wäre, ich müsste mir die Nase zuhalten. Ohrensessel, ein Sofa aus der Belle-Epoque und ein Schwarz-Weiß-Fernseher mit Antenne. Ein Teppich voll mit Krümmeln und die häßlichste Perserkatze, die jemals das Angesicht der Welt begnügt hat. Ich nehme auf dem Sofa Platz, welches direkt vor einem altmodischen Holztisch steht, der nicht nur optisch an Presspappe erinnert. Mir gegenüber sitzt im Ohrensessel, deutlich zu klein geraten, der Teufel. Ich meine natürlich Frau Antonia Tenderosa die Zweite. Meine Vermieterin. Schreckschraube ersten Ranges.

Fernseher - ... Giovanni, wenn du also deine Schurkereien einstellst, werde ich dir die Führung der Familie anvertrauen...

Schlohweißes Haar, das die enorm große Sonnenbrille umrahmt, die sie seit unserer ersten Begegnung trägt und angeblich einen Schutz für ihre sensiblen Augen darstellen sollen. Die Falkennase und das harte Kinn, das auch einem Bodybuilder gehören könne sowie ein Körper so gebrechlich wie ein neugeborener Spatz, eingewickelt in eine graue Wollbluse  und unter einer Holzfäller-Decke begraben sitzt sie, den Blick auf den Fernseher, in welchem immernoch das Tagesprogramm abspul. Sie würdigt mich keines Blickes. Mistige Kröte. Ruckartig dreht sich ihr Kopf zu mir. Kann sie etwa doch Gedanken lesen?

Tenderosa -  <Eine Stimme wie ein schartiges Reibeisen> Mein Kleiner hat mir gesagt, sie kämen wegen der Miete. Nun Zeichner, darf ich sie endlich rausschmeißen oder haben sie jetzt doch eine ehrliche Arbeit ergriffen?

*hüstel*...ich räuspere mich leicht. Die Spitze ist unverdient wie unnötig.

Fernseher - ... PENG...Ihr kriegt mich niemals lebend ihr Schweine! Lang lebe die Genovese Familie! PENG PENG...

Zeichner - Ich habe ihr Geld. <Ich ziehe das Bündel aus meiner Jackeninnentasche> Der gesamte Rückstand mitsamt der Miete für diesen Monat.

Sie nickt Klausi zu, der immer noch unverrichteter Dinge mitten im Raum steht und dessen Aufmerksamkeit mehr auf die Seifenoper gerichtet zu sein scheint, denn auf das Gespräch. Dann, mit einem Mal sieht er mich an, und greift das Bündel, das ich immernoch in Richtung Tenderosa halte. Und beginnt zu zählen. Von eins an. Als er bei Neunundfünfzig angekommen ist, platzt der alten der Geduldsfaden.

Tenderosa - Gib endlich her, du vermaledeite Ausgeburt der dreckigen Lenden eines nichtsnutzigen Sohnes!

Klausi zuckt scharf zusammen, und reicht ihr das Bündel. Sie beginnt selber mit geübten Fingern und einer überraschenden Schnelligkeit durchzuzählen. Dann ein Pfeifen.

Fernseher - ... Lorenzo, wenn du in Wirklichkeit Giovanni warst, warum hast du es mir nie gesagt?...

Tenderosa - Ich bin beeindruckt, Zeichner. Ich hätte nicht erwartet, dass sie das Geld noch zusammen bekommen. Vielleicht wird aus ihnen ja doch noch etwas. Ich habe mein Geld. Wollen sie noch etwas, oder muss ich ihnen auch noch Kaffee und Kuchen präsentieren?

Der leicht gereizte Ton in ihrer Stimme macht deutlich, welchen Missfallen ich für sie darstelle, da ich inmitten ihrer Serie gekommen bin. Hah, alte Krähe, so kann ich dir auch mal den Tag versauen. Ich klopfe noch einmal auf meinen Trenchcoat, erhebe mich dann von ihrem Sofa. Selbst wenn sie mir irgendwas kredenzen würde, müsste ich eher annehmen, dass sie es vergiftet hat.

Zeichner - Nein nein, ich bin nur auf dem Sprung und dachte, ich komme eben vorbei und regel das. Ich wünsche ihnen dann noch einen schönen Tag.

Ich kann ihren Blick nicht deuten durch die dicke Sonnenbrille, aber ich weiß, dass sie mich vermutlich anfunkelt wie ein Teufel den Heiligen. Eiligen Schrittes erreiche ich den Flur und schliesslich die Wohnungstür. Als ich den Griff halte und aufmache, kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen.

Fernseher - ... ist es vorbei? Gut. Sein Tod war von vornherein zu erwarten. Hier kann es nicht jeder schaffen...

Zeichner - Hehe. Wuff.

EIn Geräusch hinter mir lässt mir umfahren. Im Halbschatten steht Klausi. Ich habe ihn garnicht mir nachkommen gehört. Durch seine Höhe und die ungünstigen Lichtverhältnisse kann ich sein Gesicht nicht erkennen. Es hat etwas seltsames, aber ich weiß, dass ich das Knacken seiner Fäuste hören kann. Die Anspannung ist zum Zerreißen. Ich springe aus der Tür heraus und reiße hinter mir die Tür zu, eine schellstens die Treppe hinunter und breche mir fast den Hals, als ich am Geländer da ankomme, wo Falkner durchgebrochen ist. und ich mich beinah vergreife. Im letzten Augenblick schaffe ich es noch,  das Restgeländer zu ergreifen, das auch schon bedrohlich knarzt. Welch ein Zeichen, eh, Herr Falkner?

Nach einem Sicherheitsblick nach oben sehe ich Klausi, wie er das Treppenhaus von ganz oben aus nach unten blickt. Ich winke ihm kurz zu und gehe dann sachten Schrittes hinunter, an den Briefkästen vorbei und betrete die Straße. Der Regen hat inzwischen gänzlich aufgehört und die Straßen sind für eine kurze Weile über sauberer als vorher. 

Bevor der menschliche Abschaum sie wieder befleckt. Gegenüber leuchtet das Anderson-Neonzeichen, neuerdings mit dem kaputten A. Jetzt ringt es mir nur noch ein schwaches Grinsen ab. Ich schlage den Kragen meines Trenchcoats hoch und mache mich zum Fluß. Es ist ein langer Weg, die Straße entlang, wenn man kein Auto besitzt. Und trotzdem. Unter meinen Füßen habe ich das Gefühl, die Landschaft erst so richtig zu erfahren, als ich die Straße hinunter wandere.

20140122

Fall 1 - I

Hinter diesen Fenstern schläft sie. Ihre raubtierhafte Gestalt, ein schlagendes Herz, offen vor meinen Augen. Jeder Moment ist ein Punkt der Verwundbarkeit. Die Venen pulsieren mit Leben. Der Atem geht rasch.Flacht ab. Lebt auf. Wird langsamer. Sie kommt zur Ruhe. Aber ist nie wirklich still. Ich kann sie immer hören.

Meine Stadt. Da draussen. Die aufziehenden Wolken sind ein typisches Bild dieser Tage. Es ist schon Wochen her, dass auch nur wenige Stunden Sonnenlicht die Dächer und Straßenzüge bedeckten. Stattdessen möchte man meinen, dass Neptun die Welt aufpeitschen möchte. Langsam ziehen sie auf, ziehen sich zusammen. Füllen die Himmel. Irgendwo in der Entfernung kann ich ein Grollen vernehmen. Als wäre das Ohr neben dem Magen eines Drachen, der sich vor dem Mahle befindet, beginnt der Sturm. Mein Blick schweift ab.

Auf die hölzerne Fensterbank mit dem einsamen Telefon, das schon vor Jahren aus der Mode gekommen ist. Trotz allem kann ich mich nicht dazu bewegen, ein Gerät ohne Rotorscheibe anzuschaffen. Es hat schon irgendwie Stil. Der Blick wandert weiter, über die Heizung, die seit Wochen reparaturbedürftig leckt zum Fußboden, über die Seite und die langsam wellig werdende Tapete hinüber zu meinem Aktenschrank. Unzählige Fächer mit Platz, enormer Raum für all die unsagbaren und widerlichen Kriminalfälle, die ich lösen könnte.

Wenn ich welche hätte. Gähnende Leere starrt mir vom Schrank entgegen. Wenn ich durch die metallenen Schubladen hindurch sehen könnte, ich würde nur die Spinnen bei ihrem Tagewerk erblicken. Ein Quicken lässt mich herum fahren. Da. Die Ratte. Die Mistviecher belästigen mich in meinem Büro schon seit einigen Tagen, aber ich kann mich nicht dazu bewegen, großartig etwas gegen sie zu tun. Insbesondere, seitdem die letzte Falle dadurch kaputt ging, dass der Metallriegel gebogen war, wo er hätte das leichte, kleine Rückgrat des mistigen Nagers sprengen sollen.

Sie verschwindet irgendwo unter meinem hölzernen Schreibtisch. Ein massives Gerät, das ich dereinst bei einer offenen Auktion aus den Hinterlassenschaften einer alten Dame erlangen konnte. Die paar Kröten, die der Fahrer des Lasters haben wollte, damit er nachts um Drei das Ding mit mir bewegt, war er durchaus wert. Der Schreibtisch war aus massivem Eichenholz geschnitzt und hatte neben rund ausgehenden Fächern einen großen Innenraum und diverse kleinere Greiffächer, die ideal dazu geeignet waren, in einem wichtigen Moment zum Revolver zu gelangen, der zu diesem Zeitpunkt unter dem Tisch klebte. In meiner Weste, ach, in seinem Holster hätte er eh nichts verloren, seitdem ich die letzten Kugeln bei einem Pokerspiel mit meinem Nachbarn um eine Dose verloren hatte. Ihre einschüchternde Wirkung blieb natürlich. Solange ich sie nicht abfeuern musste.

Auf dem Schreibtisch selbst lag nur die grüne Unterlage mit den Briefen des Tages. Rechnung. Rechnung. Rechnung. Mahnung. Rechnung. Ein trauriges Bild für einen Privatdetektiv mit meinen Ansprüchen. Die Flasche Ballantines auf meinem Tisch lockt. Aber eigentlich ist mir gerade garnicht nach Trinken. Ich lasse sie schnell in einer Schublade verschwinden, wo sie sich zu einigen anderen Unterlagen gesellt. Mehr Rechnungen. Hier die von letzter Woche. Dort die von letzten Monat. Für einen Moment bleibe ich still stehen, starre auf den Berg an Papier der sich in meinem Schreibtisch anzusammeln beginnt. 

Ganz oben, jetzt direkt unter dem Scotch, liegt die letzte Mahnung meiner Vermieterin. Die alte Tenderosa drohte mir bereits seit Wochen mit Konsequenzen, wenn ich nicht bald zahlen würde. Vermutlich würde das in ihrem Fall bedeuten, dass sie mir ihren Urenkel Klausi vorbeischicken würde. Ich musste grinsen. Der Name, als ich ihn hörte, passt nicht ansatzweise zu dem tumben Riesen, zu dem er gehört. Der Kopf kleiner als die Muskeln, welche seine Oberarme zieren, das Haar in einem Ansatz von Persönlichkeit wild wuchernd über die Seite, zwanghaft zum Scheiteln gebürstet, die kleinen Schweinsäuglein die zwischen diesen Haaren herauskucken und sich alzu oft auf die längliche Nase konzentrieren wollen, als ob sie im Wege wäre. Mit knapp 7 Fuß ist Klausi ein Berg, ein Muskelprotz wie man ihn sich sonst nur im Fitnessstudio vorstellen würde. Seitdem ich aber weiß, dass er Angst vor Hunden hat, reicht es oftmals, dass ich nur ein oder zwei Laute machen muss, ehe er sich vor Angst verkrümmelt. Nein, da würde sie schon härtere Sachen auffahren müssen.

Hinter mir schlägt der Sturm los, und ich kann das Schlagen von Tropfen an die Scheibe hören. Langsam nimmt es zu. Dann wird die steigende Kakophonie von Geräuschen unterbrochen von einem, dass gänzlich untypisch für sie ist. Als ich ich zum Fenster wende, bemerke ich, dass Rauch von der Straße aufsteigt. Ein Feuer? Als ich die Nase fast gegen die Scheibe drücke, um die Straße einzusehen, bemerke ich, dass dort offensichtlich 2 Fahrzeuge kollidiert sind. Ein Autounfall, direkt vor meiner Haustür. Es würde einer von diesen Tagen werden. Das Stakkatohämmern des Regens beginnt. Lasse mich in meinen Drehstuhl fallen. Mache die Tischlampe an. Das Lickt flackert kurz. Vor mir lässt ein Blitz das Büro in einen unwirklichen Schein fallen. Mein Herz bleibt beinahe stehen, als ich bemerke, dass auf der anderen Seite der Glastür, welche ich von meinem Drehstuhl aus einsehen kann, eine Person zu stehen scheint. Es ist einer dieser Momente, in denen andere Menschen sich langsamer zu bewegen scheinen, und die eigene Wahrnehmung so verzerrt ist, dass man das Gefühl hat, als würden sie ewig andauern, nur um dann doch so schnell zu vergehen, wie sie gekommen sind.

Das Licht der Tischlampe flackert. Dann geht es ganz aus. Ich hole mir einen Aschenbecher heraus, rechte Schublade oberstes Fach. Ich wühle ein bisschen durch die Schublade, aber irgendwie finde ich den Aschenbecher nicht.Es klopft an der Tür. Mit dem nächsten Blitz höre ich Gemurmel hinter dem milchigen Glasfenster.Ich kann zusehen, wie sich der Türgriff nach unten bewegt. Und die Tür sich bedächtig öffnet. Es ist aber nur meine Sekretärin, Fräulein Schwarz. Sie war auch so eine von denen, die man als Mann niemals so ganz verstehen können sollte. Als ich die Stelle einer Sekretärin, einer Schreibkraft für die Büroarbeit einer Detektei ausschrieb, hatte ich gedacht, dass ich vielleicht mit einem Zustrom an Einsendungen zu rechnen hätte. Diversen Personen, hatte Mickey schon groß angekündigt, dass ich angesichts des kommenden Stroms an Bewerberinnen vielleicht eine Jury bilden müsste, um die best aussehende einzustellen. Es kam das Gegenteil. Schwarz war die einzige Bewerberin auf den Posten. Etwas suspekt, aber in der momentanen Lage war ich nicht soweit, dass ich einem geschenkten Gaul auch noch die dreckigen Zähne hinterfragen würde.

Als sie ihren Kopf ins Büro steckt, die amüsanterweise rote Haarpracht, die sich in halben Locken von ihrem Kopf entwindet, und so garnicht zu einer Person ihres Namens passte, wurde mir schon ganz anders. Würde sie mich mit einer Frage nach ihrem Gehalt konfrontieren? Sie arbeitete zwar nur halbtags, aber selbst dafür war sie durchaus genügsam, um genau zu sein hatte mir ein Stadtbeamter versichert, dass eine Schreibkraft sonst nicht für so wenig Geld bereit wäre zu arbeiten. Ich harrte der Dinge die da kommen. Sehe, wie sich ihr Mund bewegt. 

Schwarz
Herr Zeichner ist im Büro. Herr Zeichner. Herr Zeichner! 

Sie scheint mir irgendetwas sehr angestrengt mitteilten zu wollen. Vielleicht war sie verärgert darüber, dass ich die Kaffeemaschine erneut kaputtgemacht hatte. Wie sie aus diesem Monstrum an Gerät auch nur einen Hauch des Schwarzen Goldes herausholen konnte bleibt mir ein Rätsel, da jedesmal, wenn ich es benutzen will, aus irgendeinem Grund und einer Öffnung entweder kochend heißer Dampf kommt oder ein Stromschlag die Maschine frittiert. Vielleicht hat sie auch nur inzwischen eine Gegenmaßnahme gegen meine Problemlösung entdeckt, wenn sie mal wieder nur halbstarken Kaffee ausspuckt. Aber wie soll man sich dieser fortschreitenden Technisierung auch erwehren, wenn nicht durch einen leichten Klaps auf die weniger wichtigen Plastikteile.

Schwarz
Ach, jetzt ist er schon wieder in seinem Denkerstübchen.

Sie scheint immernoch zu reden. Dreht den Kopf weg, schaut irgend jemanden hinter sich an, durch die Art wie sie hinein schaut macht sie es mir umso schwerer zu ergründen, wer sich denn hinter ihr befindet.

Schwarz
Gehen sie ruhig schon hinein, er wird dann irgendwann auf sie reagieren. Keine Sorge, das hat er manchmal.

Auf einmal nimmt sie den Kopf aus der Tür. Als die Tür ganz aufgeht, kommt eine Dame herein, von der andere sagen würden, dass man für sie einen Waffenschein bräuchte. Schon als Sie mein Büro betrat wusste ich, dass sie Ärger bedeutete. Die unmöglich langen Beine, die in den hochhackigen Schuhen an meinen Schreibtisch traten, der eigentlich einen kleinen Ticken zu kurze Rock, der gleichzeitig perfekt zum grauen Kostüm passte, das sie, wie es sich nach Firmenart gehörte, bis auf den letzten Knopf geschlossen hatte, durch welchen man einen Hauch von Dekollete erahnen konnte. Der schlanke Hals, die vollen Lippen, der rote Lippenstift und ein Wimperaufschlag. Sie hat Augen in denen ich mich verlieren könnte. Muss an der Dunkelheit im Büro liegen. Das einzige Lich kommt momentan von draußen, die Neonlichter der Stadt erhellen mein Büro nur wenig. Gleichwohl kann ich durch die ab und zu einschlagenden Blitze ihre Form durch aus erkennen. Mit einem solchen Körper würden ihr nur wenige Männer etwas abschlagen. Warum kommt eine solche Frau zu einem Mann wie mir?

Betont lässig tritt sie an den Schreibtisch. Wirkt etwas schwierig in ihren Schuhen, aber wer bin ich, das zu kritisieren. Sie nimmt auf der anderen Seite des Tisches Platz. Holt aus einem silbernen Etui mit Initialen E.R. eine Zigarette hervor. Hält mir dieselbe hin. Sie schaut mich an. Es ist ein Blick, der gleichzeitig sagt, dass ich vor ihr zu kriechen hätte, und sie nehmen könnte, wenn ich nur den Mut hätte. Ihre Stimme ist wie geschliffene Seide.

Frau in Grau
Haben sie Feuer, Herr Zeichner?

Ich schlucke schwer und zücke mein vertrauensvolles Feuerzeug. Mit ein, zwei, verdammt, drei Versuchen, erblickt eine kleine Flamme das Licht der Welt. Ich zünde ihre Zigarette an und darf beobachten, wie sich eines ihrer Enden zwischen diese perfekten Lippen begibt, und sie einen tiefen Zug nimmt. Auf ein Mal beginne ich in fast panischer Betriebsamkeit in der noch immer offenen Schublade nach ein paar Zigaretten zu suchen. Ich will fluchen, als meine Hand gegen etwas hartes stößt, kann es mir aber im letzten Moment verkneifen. Der Aschenbecher. Es sind noch ein paar halb gequalmte Zigaretten drin. Mit einer geübten Bewegung stelle ich den gläsernen Becher zwischen uns auf den Tisch und zünde mir selbst eine an. Es ist nicht die Befreiung vom Druck, die ich mir erhofft habe. Demonstrativ schaue ich sie an, sammle meinen Mut.

Zeichner
Kann ich ihnen sonst noch helfen, Frau?

Ich lasse eine demonstrative Pause in meiner Frage. Sie blickt mich unverwandt an, ihre Miene deutet nichts, aber auch gar nichts an, das ich wirklich lesen könnte. Dabei fällt mir auf, dass sie einen Ring trägt. Gold, nicht sehr dick, kein offensichtlicher Stein. Ein Ehering? Innerlich bete ich dafür, dass mein erster Fall nicht um eine Scheidung geht. Sie öffnet ihren Mund und bläst mir ihren Qualm entgegen. Für einen Moment bin ich etwas unangenehm verwundert. Es brennt ganz leicht in den Augen und ein Räuspern zwängt sich aus meiner Kehle.

Frau in Grau
Rassila. Esther Rassila. Nun, ich benötige sie für ihre Fähigkeiten, Herr Zeichner.

Zeichner
Meine Fähigkeiten kommen mit einem Stundensatz, Frau...Rassila.

Ihr Name geht mir nicht leicht von der Zunge. Während ich innerlich bebe, weil sich endlich ein Klient zu mir verirrt hat, statt zu Anderson gegenüber, bin ich doch wieder darüber verwundert, wie dieser Tage alle Arten von Menschen in diese Stadt kommen.

Esther Rassila
Ich weiß. Ihre Sekretärin? wies mich auf ihren Preis. Ich sage ihnen gleich, dass ich bereit bin, ihn zu zahlen.

Ich war mir nicht ganz sicher. War die Pause dazu da, um die Frage noch zu verstärken? Wollte sie etwa Neid andeuten? Ich und Schwarz? Pah, im Leben nicht, die Schreckschraube, da würde doch selbst der Joghurt noch lieber mit Pelz gehen als ich mit ihr.

Zeichner
Und wofür wollen sie meine Fähigkeiten?

Ein weiterer Zug von der Zigarette. Meine war inzwischen auf einen winzigen Stummel hinuntergebrannt, ihre hingegen schien irgendwie länger zu halten.

Rassila
Es geht um meinen Bruder. Er ist tot.

Zeichner
Das tut mir leid.

Sie grinst, für einen Moment jedenfalls. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass mir die Situation bekannt vorkommt.

Rassila
Das muss es nicht. Er war ein Mistkerl. Ein Versager. Ein schwarzes Schaf. Er ist heute morgen in den Fluß gesprungen, als die Strömung am schlimmsten war.

Als ob er sie unterstützen will, klingt demonstrativ ein Blitz im Hintergrund mit seinem Grollen durch. Irgendwo knallt es hinter mir da draußen laut. Ich vermute mal, es hat eines der Neonzeichen erwischt.

Zeichner
Das klingt für mich danach, als ob das wichtigste für sie bereits feststeht. Was kann ich tun?

Rassila
Sie können für mich herausfinden, warum er gesprungen ist. Er mag das letzte gewesen sein, aber war trotz alle dem mein Bruder. Familie, wenn sie verstehen.

Familie. Sieh mal einer an. Eine so schöne Frau und dann ein missratener Bruder. Ich konnte mir denken, wie die Verteilung bei den Kindern gewesen sein muss. Frage mich natürlich, wie dann die Eltern gewesen sein müssen, wenn solche Kinder rauskommen.

Zeichner
Natürlich. Wie war sein Name?

Rassila
Mokhov. Damir Mokhov.

Hmm, ein anderer Nachname. Hat er selber den Namen geändert oder hat sie in der Zwischenzeit geheiratet. Und selbst wenn, sie stellte sich als Esther vor, was bedeuten würde, dass sie womöglich jüdische Vorfahren hatte. Mit einem solchen Namen, der östlich, möglicherweise ukrainisich oder russisch klingt würde das den Personenkreis stark einengen. Als ich erneut zu ihr hoch blicke, schaut sie neben mir aus dem Fenster.

Rassila
Der Nachname kommt daher, dass ich vor einigen Wochen geheiratet habe, Herr Zeichner. Hier, nehmen sie Da steht seine letzte Wohnadresse drauf. Auf der Rückseite ist meine Nummer für den Fall, dass sie etwas zu vermelden haben oder für Fragen.

Die Karte die sie mir reicht, ist eine Visitenkarte. Alabasterweiß mit Textur, goldene Lettern mit gedruckter Handsignatur. Teuer. Sehr teuer. Auf der Rückseite steht in einer hastigen Handschrift eine Adresse. Kipling Street 24. Das muss irgendwo in der Hafengegend sein. Eine räudige Umgebung für einen Menschen. Die Karte stinkt förmlich vor Geld. Meine investigativen Sinne sind geweckt, aber gleichzeitig weiß ich, dass irgendetwas hier nicht mit rechten Dingen vorgeht. Gleichwohl muss ich weiter vorstoßen.

Zeichner
Habe ich ein Zeitlimit? Ein Datum bis zu dem sie einen Rapport wollen?

Rassila
Nicht wirklich. Tun sie einfach ihr bestes und falls sie etwas haben, kontaktieren sie mich. Ansonsten rufe ich sie an, wenn ich wissen will, wie weit sie sind.

Sie erhebt sich von meinem Schreibtisch, blickt auf die Tür, hinter mir tobt noch immer der Regen. Ich will mich erheben, bemerke aber, dass in der konzentrierten Unterhaltung mein Fuß eingeschlafen ist. Ich beuge mich nach vorne, um Professionalität vorzutäuschen.

Zeichner
Bei dem Wetter werden sie nur schwerlich trocken davon kommen. Kann ich ihnen anbieten, vielleicht bis zum Ende des Sturms hier zu warten?

Ich habe Hintergedanken. Natürlich habe ich sie. Welcher Mann würde nicht, wenn eine schöne Frau vor ihm auftaucht. Trotz allem wäre ich vermutlich nicht in der Lage, irgend etwas zu bewegen. Ich habe die Hände zusammengelegt vor mir auf dem Schreibtisch, beuge etwas auf den Ellenbogen in ihre Richtung. Mit einem Mal guckt sie mich an, sieht mir in die Augen. Sie kommt näher, bis unsere Gesichter nur wenige Zentimeter voneinander entfernt sind. Mein Herz schlägt mir mittlerweile irgendwo im Hals herum. Die Anspannung ist bis zum Zerreißen gedehnt. 

Ich kann ihren Atem auf meiner Wange spüren. Wir sind uns jetzt so nah, wie ich es mir nur würde zu träumen wagen. Ihre rechte Hand berührt, ohne dass ihr Gesicht dem meinigen näher kommt, meine Schulter, schein ein wenig dort herumzufahren, mit den Fingern zu tasten. Will Sie , dass ich den ersten Schritt tue? Sie grinst mich an, und ich spüre einen starken Druck auf meiner Schulter, als sie mich auf dem Drehstuhl umherwirbeln lässt. Ich benötige einen Moment um mich zu fangen.

Sie ist bereits an der Tür, die Hand zum Kuss erhoben. Sie blickt mich an, als ob sie gleich lauthals loslachen will, und doch, ihre Miene ist perfekt. Sie lacht nicht, sie grinst, vielleicht etwas schelmisch. Der Ton ihrer Stimme ist als würde er mich wahnsinnig machen, so dringt er in mein Ohr und spielt an meinen Fäden.

Rassila
Bis zum nächsten Mal. Herr Zeichner.

Das laute Knallen der Tür fällt mit einem erneuten Aufwallen des Sturm einher, und ich bringe meinen Stuhl endlich dazu, die Drehung zu beenden. Lasse mich etwas im Stuhl zurückfallen. Mein Herz schlägt immernoch laut genug, dass meine Umgebung es mitbekommen müsste. Ich drehe den Stuhl zum Fenster und blicke hinaus, auch wohl um mich selbst zu beruhigen. Mein erster Fall und dann gleich wie aus einem Raymond Chandler Roman. Mit einem Mal kann ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Im Neon-Zeichen von Anderson gegenüber ist das große A kaputt.

20140119

The Banner Saga

Seeing the release on January 14th, I was tempted to look into this FinalFantasyTactics-esque game that was so espoused by many on Steam and Kickstarter.

Beautiful images, a nordic-viking flair, a story spanning a continent and a turn-based combat system leave a few things left to desire, if all is made as well as one can hope.

The story of The Banner Saga is about the events surrounding the traveling caravans in the lands of the north, where the sun has stopped descending and is evershining at an angle bringing the allwayswinter to the doorsteps of the fragile lands of man and varl, a race of giant horned humanoids. In this winter it is, that the game story follows the events of several protagonists and their ilk around the travels of the land, adding political intrigue,
wilderness, dangerous old enemies from ages past and new enemies made on the decisions of the player a part of the saga itself.

And here we have one of the main selling points of the game. Between battles you have dialogue sequences where you can talk to others and have decisions to make that influence your standing among your peers and the caravan and world as a whole, making, nay, forcing you to choose a path throughout and adding to the replay value of the game, if only for the nuances the story presents.

Now, with the story out of the way, let us look at the real meat of the game, which is the battle system. Events are played out either in storyline and a nice looking animated sort or during a tactical isometric view on a battlefield where participants are looking to bash their heads in. 

The game bases the battles system around a turn oder of "I go/You go" and each unit has a number of values that are important to the ongoing battle. Every unit posses an armor rating, negating hits to it´s direct strength, a strength value, that is synonymous for attack strength as well as hitpoints and a willpower rating, that defines the ability to do more than just "simple damage", allowing for special attacks or abilites to be used and normal abilites to be strengthened, like a stronger attack etc. Each unit is promoted on the basis of how many units it has killed and how much renown, a basic game currency you gain for killing the enemy and winning battles, you are willing to pay for its upgrade, when you are allowed to add points to their abilites.

Like FFT, the game promotes a healthy mix of units and teamwork as well as good tactical thinkers, but as always, not all battles are won in fighting the enemy, as the story mode will show.

Ultimately, The Banner Saga is a nice little game with a bit of a Flash vibe that is a bit too expensive for the stuff it brings. Should it´s price ever fall to 10 bucks/euros, then I can only endorse buying it, otherwise, be patient. 

Similarly, it´s not for everyone. If you do not have the patience to play a battle turn for turn and enjoy reading some dialogue sequences as not even half of the game dialogue is voiced, then this is not the game for you.

20140116

Fix und Fertig

Wie ich vorher angedroht habe, so merke ich es langsam selbst wahrlich. Freitag Shadowrun, Samstag LegendOfTheFiveRings, Sonntag Pathfinder, Montag Shadowrun, Dienstag REIGN, Mittwoch DSA...endlich mal einen Tag, wo ich mich in Ruhe hinsetzen kann...achne, ich sitze ja gerade bei einem bremischen Dienstleister-Unternehmen und habe einen Termin zur Arbeitsbeschauung ob einer möglichen Anstellung. 

Verflixt und zugenäht aber auch. Kann man nicht einfach im Lotto gewinnen und das ganze als abgehakt ansehen? 

Mist. Aber immerhin, das neue Tablet ist nice, wenngleich ich immernoch keine gute Hülle dafür gefunden habe. Ich sollte mich aber langsam anderen Dingen zuwenden. 

Jeden Monat ein Tablet wird auf Dauer unsinnig, ausserdem erreiche ich langsam den Moment, wo fast jeder meiner Mitmenschen ein akzeptables Gerät hat, weswegen ich meine Geräte nicht mehr mit kleinen Gewinnen abstoßen kann. Und das würde nur unschön werden, sobald der Marktsektor einmal überfressen ist, da noch hineinstoßen zu wollen.

Aber was soll das Rumgeheule. Muss ich mich halt auf ein paar Projekte endlich mal fixiert konzentrieren und dann schauen, dass ich dazu was abgehakt bekomme. Mir gefällt die Idee von Worm sehr gut. Eine Story als Serial. Quasi, wöchentlich ein neues Kapitel zu einer Geschichte schreiben....ob ich das hinkrieg ist noch eine ganz andere Frage, aber es wäre immerhin ein Anfang, um meine Schreibamibitionen endlich mal in eine Bahn zu lenken. Naja, Cheerio.

20140113

Probleme im ZeitManagement

Ich will ehrlich sein, denn es sind die typischen Probleme, die dazu führen, dass ich sowenig Zeit für den Blog erübrigen kann. Es ist die Faulheit. Der innere Schweinehund wenn man denn so will. Und der eigene Anspruch. Hauptsächlich aber die Faulheit. 

Ich werde sehen, dass ich den kommenden Tagen und Wochen ein wenig mehr Arbeitswillen abzwacke von meinen anderen Projekten, von denen ich, wie ich erneut festgestellt habe, eigentlich momentan viel zu viele habe. Aber sei es drum. Dazu kommt noch die Arbeitssuche. Argh.

Wenn ich mich doch nur mal fokussiert hinsetzen könnte, um irgendwas sinnvolles zu machen.

20140110

NPC-Interaktion III

Nachdem wir beim letzten Mal die Problematik des mechanischen NPCs aufgeworfen haben, widmen wir uns heute der Idee des Realismus beziehungsweise der Plastischen Darstellung von Nichtspielercharakteren.

Eines der großen Probleme ist für viele Spieler die Greifbarkeit.

Wir wissen alle, wenn Bob der Spielleiter vo uns sitzt, das da Bob sitzt. Gleichwohl spielt er aber in Moment 1 Prinzessin Grifalda die Aufgequollene und in Moment 2 Stinker, den Dieb aus der Gasse, es sitzt aber immer Bob vor uns.

Dies ist in der Tat ein Problem,denn für den Spieler muss der Nichtspielercharakter greifbar gemacht werden. Dazu gibt es verschiedene Methoden, die dazu führen, dass ein Spieler einen NPC auch so behandelt, als ob er mit einer anderen Person interagieren würde.

Zum einen kann es darin liegen, dass die dargestellte Person etwas ist, das Spieler persönlich ergreift. Sei es, weil sie besondere Verhaltensweisen an den Tag legt oder ein tragisches Schicksal den Spieler betroffen macht, der Charakter bleibt im Gedächtnis. Das heißt aber noch nicht, dass man deswegen den NPC gleich ander behandelt, er bleibt vielmehr nur für den Moment erstmal im Kopf.

Interessanter wird es, wenn der Spieler zwar aufgrund von Ereignissen mit dem NPC kooperieren muss, aber dies über einen gewissen Zeitraum immer wieder tut und gezwungen wird, so eine Verhaltensbasis, ein Vertrauen oder Misstrauen aufzubauen zu einer stetig wiederkehrenden Persönlichkeit. Meine Lehrer beschrieben immer 

"Wiederholung ist die Mutter allen Lernens" 

und dieses Zitat kann auch hier angebracht werden. Indem bestimmte NPCs den Spielern stetig begegnen, bauen die Spieler ob sie es wollen oder nicht, eine zusätzliche Dimension in ihr Verhalten mit den Nichtspielercharakteren auf und interagieren so anders mit ihnen. Auf einmal ist Carol nicht mehr nur die Bedienung im Diner wo die Spieler immer ihre Besprechung machen, sondern Carol mit ihrer Tochter Annie die seit 2 Jahren sich den Rücken krumm buckelt und von den miesen Alimenten ihres Ex kaum etwas bekommt, weswegen sie den Spielern schon einmal den Ort eines seiner Deals verraten hat. 

Problematisch wird diese Möglichkeit der Spielereinbindung erst, wenn sie in die Hände eines mäßigen Spielleiters fällt. Insgesamt erfordern diese Methoden Geschickt, Improvisationsvermögen und Einfühlungsfähigkeit, aber dies ist nicht immer gegeben. Wie werden uns über alternativen in den kommenden Einträgen Gedanken machen, für den Moment melde ich mich erst mal ab. Wochenende ^^...

20140107

NPC-Interaktion II

Nachdem wir beim letzten Mal NPCs in 2 Typen eingeteilt haben, machen wir uns heute darum Gedanken, was das eigentlich heißt.

Der Nichtspielercharakter als Interaktionspunkt für den Spieler ist zunächst einmal ja ein Fenster in die Spielwelt und eine Möglichkeit der Manipulation derselben. Wenn nun der NPC primär mechanischer Natur ist, ist dies ja auch sein einziger Anhaltspunkt. Die Hintergründe des NPCs sind unbedeutend, weil nur seine Funktion entscheidend ist.

Beispiel 1 - SR:
Man interessiert sich nicht für den Lebenslauf oder die Probleme des Waffenschiebers, weil man ihn hat, damit man selber an Waffen kommt. Der einzige Faktor sind Geld und Zeit, beides Dinge, die nicht interaktiv sind, weil sie letztlich durch äußere Faktoren bestimmt werden.

Wenn der Charakter diese Funktion nicht hat, wird er zumeist von den Spielern links liegen gelassen. Anders ist es jedoch, wenn der Plot den Spielern vorschreibt, das sie mit dem NPC zu handeln haben. Dies ist jedoch zumeist eher eine unwillige Interaktion, insbesondere wenn es sich um NPCs handelt mit denen die SPielerschaft im allgemeinen ungern umgeht, Kinder, Alte und Special-Needs-Fälle.

Beispiel 2 - SW:
Ich habe den Vorteil "Verbindungen" mit 3 Punkten und deswegen einen weisen alten Mentor, der mir bei Bedarf neue Kampftechniken beibringen kann oder mich in meinen Unterfangen unterstützt. Gleichwohl kenne ich den Namen des NPC und habe meinem Charakter, jedenfalls statistisch überwiegend wahrscheinlich, auch auf den Hintergrund des NPCs entworfen, so dass beide verzahnt sind.

Das grundlegende Problem ist der eigentliche Gedanke des Spiels, der einer tiefergehenden Interaktion im Weg stehen könnte. In Shadowrun spielen die Charaktere für gewöhnlich ein Modul, einen Run, weil sie Geld brauchen als Berufskriminelle. In DSA oder DnD spielt man ein Modul aus Heldenlust oder Erfahrungsgier, aus Entdeckerlaune oder Schatzsucherinstinkt. In jedem Fall aber gibt einem der Plot bestimmte Notwendigkeiten vor. Es sind diese Notwendigkeiten, die problematisch für die Substanz sind. Denn, wenn ich nur aus Story-Gründen überhaupt mit den NPCs agiere, sind sie ja ansonsten eher ein Hindernis. 

Gleichwohl hat dies viel mit Wahrnehmung zu tun. Ab wann ist ein NPC so greifbar für einen Spieler, dass er memorable und damit erinnerbar wird? Wann ist ein Charakter so bedeutsam, dass ein Spieler mit ihm interagieren "möchte", um das Muster damit auch zu durchbrechen?

Damit befassen wir uns beim nächsten Mal.

20140106

Sherlock 3x02 - The Sign of Three

And even into the second episode of three we get for the third season of Sherlock, we are going strong. After a good opening by solving the mystery of Sherlocks death back in "Reichenbach Falls", we are now on to Watsons wedding reception and can see Sherlock stumbling through the blocks that make up the institution that is marriage, and like the high-functioning sociopath that he is, he never ceases to be himself. 

Great all-around performance, outstanding moments of humanity from Benedict Cumberbatch, who continues to play a role so full of facets like few are and so difficult to act out. Moments in which we are finally meeting the person, Sherlock could be, once he believes he "mingles", as Mycroft so deviously calls it, and yet.

"Don´t get involved."

Sign of Three continues to go strong on a sunday night I suppose, having watched it a mere hour after it having screened on the BBC public and in a rather excellent quality as well, I suppose. 

The story itself unveils a bit of Watson and his character as well as shows us the problems Holmes faces, when meeting new and strange customs which he never had to develop before, but which we can only hope, benefitting him greatly in the future.

All in all, a very good middle episode with all the things fans like about this series and if it continues in this fashion a week from now, then this might well be one of the best seasons of the winter. Excellent watch, definite recommendation.

20140104

Jenseits der mechanischen Interaktion

Eines der Problem über das ich in der Vergangenheit schon geschrieben habe und das mir immer wieder am Herzen liegt, ist die Interaktion gehaltvoller Art mit NichtspielerCharakteren. Verschiedene Arten von Systemen gehen da sehr unterschiedlich an. Natürlich ist im Pen&Paper immer das große Problem, das ein Spielleiter immer nur eine Person zur Zeit darstellen kann, während ein Computer-/Videospiel dem Spieler jederzeit eine größere Bandbreite an Charakteren präsentieren kann, solange dieser sich in den Grenzen der Simulation bewegt. 

Was natürlich auch ein Punkt ist, über den zu sprechen es sich lohnen mag, da auch diese Grenze durch Firmen wie Bethesda aufgeweicht wird, aber das ist ein anderes Thema für einen anderen Zeitpunkt. Jedenfalls kann man durchaus ergründen, wie Rollenspiele an dieses Thema herangehen.

Zunächst einmal, was heißt NSC/NPC? Der Nichtspielercharakter ist eine Figur, die vom Spielleiter gesteuert wird, deren Motivation und Handlungen primär von ihm be- und ergründet werden und die dazu dient, dem Spieler die Fassade in der er sich bewegt, plastisch darzustellen und gleichzeitig ein Sichtfenster in Hinter- und Abgründe der Spielwelt sowie der Persönlichkeit des NSC zu liefern. 

Hierzu schlüpft der Spielleiter für einige Zeit in die Haut dieser Persönlichkeit, um sie dem Spieler gegenüber jenseits von optischen Beschreibungen persönlich greifbar zu machen.

Betrachten wir nun die typische Entwicklung des NPC bemerken wir vermutlich etwas. Aber schauen.

In den Frühwerken der Rollenspielzeit waren NPCs primär mechanisch ....

Okay, das ist natürlich totaler Schwachfug. Ursprünglich wollte ich hier eine große Theorie darüber aufführen wie ich mir denke, dass es seit der Frühzeit der Rollenspiele eine Umentwicklung von Rollenspiel gegeben haben könnte, aber das ist eigentlich Unsinn, eine Tatsache die mir bewusst wurde, je länger ich darüber nachgedacht habe, was unter anderem auch dazu führte, dass dieser Blogpost erst so spät kommt.

Es ist klar, dass NPCs in 2 Kategorien eingeteilt werden. Nummer 1 ist der mechanische NPC, Nummer 2 ist der inhaltliche NPC.

Der mechanische NPC, oder MNPC existiert weil er von den Regeln erfasst und erstellt wird. In Shadowrun die Connection eines Spielers, in Savage Worlds oder FATE durch den Vorteil "Verbindungen", in 13th Age das ICON, sie alle existieren in erster Linie, weil sie dem Spieler mechanische Vorteile und/oder Nachteile liefern.

Der inhatliche NPC, oder INPC, existiert primär auf der Konversations-Ebene. Die Schankmaid in der Taverne, der DJ auf der Konzernparty, der alte Weise im Dojo oder die kleine sechs-jährige im Riesenrad, die mit den Spielern interagieren und mithilfe eigener Agenda bzw. Motivation für oder gegen die Spieler arbeiten, oder auch unabhängig von ihnen.

Mehr dazu, beim nächsten Mal, ich werde mehr Gehirnschmalz auf das Thema verwenden müssen.

20140101

Happy New Year!

And don´t drink too much. Now let´s get this party started!