Während ich
darauf warte, dass die Person hinter der spanischen Wand soweit ist, einmal die
Räumlichkeit sondieren. Der Schminktisch ist über und über mit seltsamen Farben
und kleinen Werkzeugen besetzt, als würde man sich darauf vorbereiten,
Folterwerkzeugen zu sammeln. Der Spiegel, der als Teil desselben sich oben
anschließt, ist nur noch an wenigen Stellen wirklich blank und reflektiert
vielfach nur noch ungenau, und auch das nur an den Stellen, die nicht mit
Zetteln oder Fotos verklebt wurden.
Die spanische Wand selbst hat ein illustres Schwarz in
verschiedenen Abstufungen als Farbenmuster das von goldenen Zweigen und Ästen
ein- und umrahmt wird. In diesem Augenblick wird der obere Teil von einem
dunkelblauen Kleidungsstück bedeckt, das unsanft über den oberen Teil der
Abdeckung geworfen wird, die nicht ganz hoch genug reicht, um den dahinter
immer wieder hervor lugenden Rotschopf zu verbergen, aber eben doch, um die
Person zu verstecken, und nicht gleichzeitig noch mehr zu enthüllen oder eben an
die Decke zu stoßen.
Auffällig, das Schuppenmuster. Und mit den Bändern, wenn da nicht
noch etwas Stoff auf der anderen Seite dran hängt, verbirgt das ja weniger als
ein Bi….
Ein Blick zur Tür. Kein Name, klar, nicht der hellste Stern hier
drinnen. Mit einem Schritt drücke ich die Tür trotzdem zu, was aber auch
wiederum nicht leise geht. Schon als diese zufällt, hört man, das sie
aufhorcht.
Spanische Wand – Hmm?
Setze mich auf den Stuhl beim Schminktisch, räuspere mich
vernehmlich. Mache aufmerksam, dass ich immer noch da bin. Professionell.
Die Wand wird beiseite gedrückt. Die Dame vor mir, Ende 30, in
eben dem roten Seidengewand, das ich eben durch gereicht hatte, ist umwerfend.
Der volle rote Mund und der Schlafzimmerblick, die langen Wimpern, fast schon
stetig zwinkernden Augen, der Körper der einen Mann zum Primaten werden lässt.
Sie guckt mich fragend an, drückt sich aber trotzdem an mir auf den
Schminktisch, und fängt an, sich die Lippen nachzuziehen.
Dame in Rot – Wer sind sie?
Zeichner – Du bist Matti?
Sie nickt, drückt die Lippen noch ein paarmal aufeinander. Einmal
der Lippenstift….Konzentration. Sie bückt sich vor mir, und hält den
aufreizenden Hintern in mein Gesicht, während sie nach Schuhen kramt, wie um
mein Gesicht nicht zu sehen, während sie antwortet.
Dame in Rot – Jap.
Zeichner – Was hast du mit Tatiannas Sachen gemacht, die du aus
Mokhovs Wohnung geholt hast?
Sie bewegt sich nicht mehr. Im Hintergrund können wir die
Betriebsamkeit vor der Tür auf dem Korridor hören, das Leben des Neptuns und
seiner Angestellten. Ein Schweißtropfen geht mir langsam die Stirn herunter.
Betont langsam kommt sie hoch und dreht sich um. Blickt mich an. Die Augen sind
zusammen gekniffen, entweder um mich zu fokussieren oder mir einen billigen
bösen Blick zuzuwerfen? Sie scheint mich zu bewerten.
Dame in Rot – Ich weiß nicht, wovon sie sprechen.
Zeichner – Mokhov war plötzlich weg. Eingesackt von Smetnik. Du
bist in seine Wohnung, und hast was mitgenommen. Etwas, das du nicht für dich
mitgenommen hast.
Ich lehne mich auf dem Stuhl zurück, setze ein Bein auf das
andere, um bequemer und dominanter zu sitzen. Ihr zu zeigen, dass ich Bescheid
weiß. Sie schaut auf den Schminktisch, zieht eine Schublade auf. Im selben
Moment greife ich in die Seitentasche, ohne etwas herauszuholen. Halte das
erstbeste, das ich zu greifen bekomme, fest. Meine Brieftasche.
Zeichner – Na! Wer wird denn…
Sie knirscht mit den Zähnen, seufzt. Holt dann langsam und
bedächtig Feuerzeug und eine Schachtel Black Sticks-Zigaretten raus.
Billigmarke. Sie zieht sich eine heraus, und platziert sie zwischen ihren
Lippen, reicht mir dann die Packung. Halte den Kopf nach vorne. Sie drückt mir
die Packung gegen die Zähne, ich beiße zu. Sie zieht weg, und ich habe auch
eine Zigarette im Mund. Mit dem Klicken ihres Feuerzeugs entzündet sie ihre und
meine, und nimmt einen tiefen Zug. Ich entspanne „sichtlich“, und hole die
Hand, nachdem ich losgelassen habe, aus der Tasche. Um ihr zu zeigen, wenn ich
etwas dabei gehabt hätte, es nicht heraus hole.
Dame in Rot - Ich dachte, dein
Boss und mein Boss haben einen Deal? Matthews läßt uns in Ruhe, und bekommt
doch einiges pro Monat dafür.
Sieh an, sieh an. Ein Geschäft unter Freunden, eh. Spritzer dealt
mit dem Neptun. Wer weiß, wo Matthews, und damit indirekt Altenstamm, noch so
seine Finger drin hat? Und da schon Matthews mich zu Fouquier verwiesen hat,
als es um Tatianna ging, vielleicht war sie…mit diesem…lassen wir das.
Zeichner – Ich bin nicht wegen des Geldes hier. Was hast du
mitgenommen?
Sie verschränkt die Arme. Man merkt ihr an, dass es ihr unangenehm
ist, darüber zu reden. Sie braucht einen letzten Schubs, um aus sich heraus zu
kommen. Ich beuge mich freundlich vor. Muss ein Grinsen unterdrücken.
Zeichner – Matti, das ist eine ernste Sache. Tatianna ist in
Gefahr. Ein paar große Namen trachten ihren nach dem Leben. Und du wurdest
dabei gesehen, wie du ihre Sachen aus Mokhovs Apartment gerettet hast. Für den
Moment kann ich das unter den Teppich kehren. Aber du musst ehrlich mit mir
sein.
Matti – Fuck.
Ich kann sehen, dass ihre Lippen zu beben beginnen. Die Augen
wirken leicht glasig, die Tränenflüssigkeit sammelt sich schon. Sie schluchzt
hörbar auf, drückt sich den Handrücken an die Augen. Es schnürt mir die Kehle
zu, das mit an zu sehen. Sie hat etwas, das einen Beschützer-Instinkt weckt.
Matti – Ich hab ihr von Anfang an gesagt, dass das mit Rassila
keine gute Idee war! Und als sie sich dann auch noch anfing mit dem Alten immer
zu streiten und das mit Mokhov anfing, konnte das ja kein gutes Ende nehmen!
Ihr ganzer Leib zittert. Sie ist kurz davor, in einen Heulkrampf
zu verfallen, zieht schon die ganze Zeit die Nase immer wieder hoch.
Zeichner
– Langsam, Langsam, fang von vorne. Wie fing das mit Rassila an?
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