Matti – Der alte Altenstamm hat sie damals
mitgebracht, zu einer der exklusiveren Partys hier vor Ort, die ganz großen, wo
Spritzer immer eine ganze Wagenladung von seinen Tussis ankarren lässt und so
ziemlich alles konsumiert wird, was noch in die Adern geht.
Zeichner – Und Rassila war auch da?
Matti – Da noch nicht. Aber sie war so
begeistert, dass sie den alten förmlich angebettelt hat, ob sie hier anfangen
dürfe, von wegen, großes Mädchen, arbeiten und so.
Zeichner – So habt ihr euch kennen gelernt?
Matti – Ja, das war noch in meiner Anfangszeit,
als ich noch eine der Nixen für den Pool war. Das hat sofort gestimmt, sie war
einfach mega-nett und immer für einen da.
Zeichner – Wie kam dazu, dass Rassila so
versessen auf sie war?
Matti – Der Russe lässt es sich nie entgehen,
wenn Spritzer einer Feier schmeißt. Er und Tatianna waren richtig angetan
voneinander, und dann hat sie sich von ihm „ausleihen“ lassen. Altenstamm, das
prollige Schwein hat sich wie eine Nutte an die Höchstbietenden gegeben. Aber
sie hat das auch noch mitgemacht. Weil es so viel Spaß macht, meinte sie
einmal.
Zeichner – Ausgeliehen? Auch an Smetnik?
Matti – Das war erst vor einiger Zeit. Da hat sie
Mokhov kennen gelernt. Es hat sofort gefunkt zwischen den beiden. Sie haben es
geheim gehalten, und Altenstamm hat ja auch schon länger kein Interesse mehr an
Frauen gezeigt…da dachte sie, das es okay wäre…
Zeichner – Aber dann ist es passiert.
Sie nickt. Große Krokodil-Tränen laufen ihr Gesicht
herunter, das Makeup verschmiert und die Nase ein einziger Kummerkasten. Ich
greife währenddessen zu ihrem Schminktisch und reiche ihr ein Taschentuch,
woraufhin sie sich undamenhaft die Nase putzt. Das Tröten kommt einem kleinen
Elefanten gleich.
Matti – Smetnik hat sich mit Rassila angelegt. Beide
wollten sie für sich haben, und wollten keinen Nebenbuhler akzeptieren. Gerade
Smetnik ist völlig aus dem Häuschen über sie gewesen, der Typ war richtig
besessen von Ihr.
Zeichner – War das der Punkt, wo sie mit Altenstamm
schon stritt?
Matti – Ja, er wollte sie nicht mehr aushalten, aber
gleichzeitig hat er sich auch geweigert, sie ziehen zu lassen. Faselte eines
Abends hier was davon, dass er mehr als genügend für sie bezahlt hätte, und das
sie ihm dankbar sein müsste, denn ohne Ihn wäre sie ja nicht hier.
Da Tatianna als Callgirl rüber geschmuggelt wurde,
würde das passen. Vermutlich wurde sie Altenstamm von Matthews als ganz
besonderes Paket verkauft.
Zeichner – Wo ist sie jetzt? Und was für Sachen hast
du aus der Wohnung mitgenommen?
Sie schaut mich an, lehnt, fast gekrümmt, gegen die
Außenseite der spanischen Wand und verschiedene andere Kleidungsstücke, das
Gesicht verzerrt von Angst und Kummer.
Matti – Wenn ich das wüsste! Sie hat mich nur
angerufen und gemeint, es wäre was passiert, und mich gebeten ein paar Sachen
aus Dimirs Bude zu holen.
Zeichner – Die, als du angekommen bist schon völlig
verwüstet war.
Matti – Verwüstet! Ein Schlachtfeld wäre ein Witz
dagegen gewesen, das sah aus als hätte man die Wohnung total auf den Kopf
gestellt. Ich hab schnell die Sachen aus dem Schrank geholt und bin dann, so
flink ich konnte wieder da raus.
Es klopft, laut und vernehmlich, von außen gegen die
geschlossene Tür der Umkleide, und eine gedämpfte Stimme ist vernehmlich.
Stimme – Matti, alles Ok bei dir?
Sie, etwas nach Luft ringend, wischt sich die Tränen
und das völlig versaute Make-Up runter, und schaut mich fragend an, blickt zur
Tür und wieder zu mir. Ich nicke.
Matti – Alles gut, ich bin gleich oben.
Stimme – Ok, aber beeil dich, Stéfan wartet schon
sehnsüchtig auf dich!
Ein Augenblick vergeht, ehe ich mich wieder der Sache
widme.
Zeichner – Tatianna hat angerufen?
Matti – Es war nur kurz, ich hab nicht selber mit ihr
gesprochen, es kam nur durch die Verwaltung dass sie für mich angerufen hat.
Zeichner – Und die Sachen, die du geholt hast?
Sie beugt sich vor, und zieht unter dem Schminktisch
einen kleinen Karton hervor, der mit ca 30 cm³ fast überquillt vor Kleidungstücken.
Und einer kleinen, unscheinbaren schwarzen Brieftasche mit Silbermotiv, einem
Adlerkopf, die mit diversen Zettelchen und ein Plastikkarten überquillt. Eine
davon fällt mir besonders ins Auge. Das dunkelgraue Äußere einer Schlüsselkarte
für Schließfächer der A.O. National. Ein Bankschließfach.
Sie erhebt sich derweil, entfernt die letzten Reste
der Tränen, und zieht mit ein paar geübten Handstrichen ein notdürftiges
Aussehen nach. Es wirkt verruchter. Schaut mich an.
Matti – Ich muss hoch.
Zeichner - Ich glaube, ich habe hier
alles was ich brauche.
Ich stehe auf, drücke mich dabei ab, mein rechtes Bein
dabei halb eingeschlafen, dass ich mich vorsichtig an den Schminktisch drücke,
während sie Richtung Umkleidetür geht. Beiläufig lasse ich die Brieftasche
derweil in meine Hosentasche gleiten. Die jetzt noch ausgebeulter wirkt.
Sie öffnet die Tür, nickt mir nochmal zu, während ich
langsam in ihre Richtung hochkomme und an ihr vorbei heraus humple. Mein Bein
macht derweil den Moment der Tausend Nadeln mit, jedes Auftreten ist ein
stechender Schmerz, ehe uns beide die Geräusche und die Lebendigkeit des
Außenkorridors umfangen, sie die Umkleide abschließt und sich dann zu mir
beugt, und mir etwas ins Ohr flüstert.
Matti – Sorgen sie dafür, dass ihr nichts passiert.
Ich nehme mit meiner linken ihre Hand, drücke sie, und
schaue grimmig und zuversichtlich in ihre Richtung, ehe Sie an mir vorbei in
den Korridoren und Treppen des Neptun verschwindet.
Ich brauche einen ruhigen Moment, um mir die
Brieftasche anzusehen. An mir eilen derweil diverse Personen vorbei, immer
schwer beschäftigt. Drücke mich selber Richtung Treppe, der Punkt, von dem aus
ich hier herein gekommen bin. Einfacher.
Am Fuß der Treppe angekommen, den ersten Schritt
getan, der Blick etwas murmelnd. Was ist das?
Stimmen – Den kennen wir doch!
Ich schaue auf, auf das obere Treppenende.
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