Die Tür hinter mir wieder aufmachen, vorsichtig um die Ecke lugen. Bewegung im Hintergrund. Der schwere Vorhang wackelt etwas. Jemand wird gerade von vorne nach hinten durch bewegt. Anscheinend wollen sie gleich das nächste “Objekt“ zeigen. Grauenvoller Gedanke. Oder sind sie mit dem, was sie hier tun durch? Nur noch mehr Gründe, um mich zu beeilen. Hand in die Jackett-Innentasche, an den Revolver.
Schritt vorwärts.
Noch einen. Der Typ am Pult schaut intensiv auf den Monitor, der andere wirkt
gelangweilt dabei, wie er die Gefangenen ruhig hält. Das kann jetzt ganz
schnell gehen. Geräusche im Hintergrund. Der Ansager wieder. Egal. Drücke mich
langsam durch den Türspalt, halb das rechte Bein vor und leicht in die Hocke
gehend. Linkes Bein drückt ab. Ich laufe. Meter um Meter. Nähere mich dem
stehenden Wächter mit der MP in der Schlinge. Ein Moment in Zeitlupe. Er dreht
sich in meine Richtung. Seine Augen werden groß, er hebt im Reflex die MP an.
Einschlag. Wir kollidieren. Vollkörper-Kontakt. Wucht schleudert uns einige Meter
weit, kollidieren auf dem Boden, drücke ihm die Luft aus den Lunge, mit der
Linken gleichzeitig der Griff an die MP. Ziehe den Kopf hoch, die Maske reißt
ein und ab. Umorientieren!
Mit der rechten
den Revolver Richtung Mischpult. Der Wächter an denselben hat noch gar nicht
geschnallt was los ist! Seine Hand ist noch im Greifen begriffen, wandert noch
zielstrebig Richtung MP. Ich schüttle den Kopf. Bewegung unter mir. Greife mit
der linken die MP-Schlinge und ziehe sie beim Aufstehen herunter. Ziele mit der
MP auf den liegenden, mit dem Revolver auf den sitzenden. Nicke den Kopf leicht
in die hintere Ecke des hinteren Bühnenabschnitts. Beide gucken mich mit großen
Augen an. Der am Boden liegende Wächter schüttelt sich noch leicht. Hustet,
kommt nur langsam wieder hoch. Grimmiger Gesichtsausdruck. Der kann noch
Probleme verursachen.
Im Hintergrund
dringt die Stimme des Ansagers weiter durch den schweren Vorhang und über das
Headset des Mischpults.
Ansager – …wir zum
Hauptstück der Veranstaltung kommen, der Moment auf den sie sicherlich alle
gewartet haben, ein paar kurze Worte von unserem Spons…
Stecke den
Revolver wieder ins Jackett, fürs erste. Klicke den Gurt von der MP ab.
Erschreckend, die Waffe ist schon entsichert. Im Augenwinkel immer die beiden Wächter.
Zeichner – Tut was
ich sage, und wir gehen hier nach alle gesund nach Hause. Umdrehen.
Unbekannte Stimme
hinterm Vorhang - …freundlich. Unsere Gemeinschaft hat
einen traurigen Verlust zu beklagen….
Die beide gucken
sich gegenseitig an. Zucken mit den Schultern, drehen sich langsam um. Ich
trete auf sie zu, beide zucken kurz zusammen dabei. Nehme den Gurt, und schurre
ihn um ihre Hände. Gegenseitig gefesselt. Dauert einen Moment.
Unbekannte Stimme
hinterm Vorhang - …Fouqier ist tot. Sie werden
verstehen, dass wir Sicherheitsmaßnahmen
durchführen muss…
Die Lampen
leuchten grell, selbst hier hinten. Es ist fast soweit. Die meisten stehen kurz
vor dem Durchbrennen. Das kann hier gleich gehörig knallen. Nehme den
Benommenen, welche sich verwundert über meine Tätigkeit zeigen, Teile des
Stoffs ab. Kneble die beiden Wächter. Ein erbärmlicher Anblick. Wende mich an
die Benommenen jungen Männer und Frauen. Sie wirken alle immer noch wie
benebelt. Als ob sie nicht ganz da wären. Andererseits habe ich keine zweite
Chance mehr. Zeige mit der MP Richtung Korridor-Ecke, aus der ich gekommen bin.
Zeichner – Hört
mir gut zu. Ich habt eine Chance das hier heil zu überleben.
Drücke mit der
Hand hart den Arm des vor mir stehenden. Er quäkt kurz auf. Schmerzerfüllt.
Seine Aufmerksamkeit ist gegeben.
Zeichner – Da hinten
lang, den Korridor runter und die Treppe rauf. Da geht’s nach draußen. Und
jetzt los, das knallt hier gleich!
Er nickt. Auch einige
der anderen scheinen, im Nebel der Benommenheit, mitbekommen zu haben, was ich
gesagt habe.
Unbekannte Stimme
hinterm Vorhang - … heißt natürlich nicht, dass wir
nicht trotzdem sein letztes Produkt kriegen konnten…
Die ersten fangen
an loszutrappeln. Dann ist es wellengleich. Wie Tiere stürzen sie vorwärts, fangen
an zu rennen. Laufen. Sicherlich auch um ihr Leben. Sehe ihnen kurz nach. Eine
Person bleibt. Eine junge Frau, halbnackt wie die anderen, die Haut leicht
geölt, beinah glänzend, Gesicht durch eine Kapuze verborgen. Helles blondes
Haar drückt sich unter der Kapuze willkürlich vor. Eine kleine, fast wie aus griechischem
Stein gemeißelte Näschen. Rehbraune Augen. Ein Gesicht in Unschuld und Angst.
Ansager – Was
nicht heißt, dass wir nicht immer noch sein letztes Werk präsentieren dürfen.
Ladies und Gentlemen.
Fuck.
Der schwere
Vorhang hinter mir bewegt sich. Ich kann die Rollen hören. Externe Steuerung.
Der Typ am Mischpult war für Beleuchtung und Ton zuständig, nicht Gesamt-Bühnensteuerung.
Nein!
Ansager – Tatianna!
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