Durch das Sichtfenster hindurch kann ich
ein eine kleine Halle schauen. Die Halle, von innen ähnlich einer rostige
Lagerhalle, an diversen Stellen mit rostig-bräunlichen Pfützen versehen, wird
hauptsächlich von Käfigen dominiert, in denen an Ketten junge Frauen hängen,
die Ketten über ihren Köpfen an der Decke befestigt, so dass sie an den Armen
zerrend durchgehend im Hängen sind.
Es
ist ein grausamer Anblick. Ich kann auf Anhieb knapp zwei Dutzend Personen
zählen und es sind vermutlich noch mehr da drin. Sie sehen abgemagert aus, die
allermeisten tragen Kleidung, die ihnen am Körper klebt und soweit ich es
erkennen kann, sind nicht wenige von ihnen auch fast nackt und scheinen
irgendwelche Verletzungen davongetragen zu haben, so ich das Rot auf dem Körper
deuten kann.
Entführungsopfer?
Produkte eines Menschenhändler-Ringes? Teile des Prostitutionsnetzwerkes?
Energisch drehe ich am großen Rad, das auf meiner Seite scheinbar den
Schließmechanismus darstellt. Es bewegt sich keinen Zentimeter. Warum nicht?
Muss es weiter versuchen. Lege die Pistole beiseite, das leuchtende Telefon
zwischen die Zähne geklemmt. Die Hände mit festem Griff, soweit es mir
überhaupt möglich ist, an das Rad gelegt und versuche es zu bewegen. Mit aller
Kraft.
Ohne
Erfolg.
Es
bewegt sich nicht. FUCK! Vor Frust trete ich gegen die Tür. Das war unklug,
denn die Tür ist deutlich massiver und härter als ich es bin, was dazu führt,
dass mein Fuß schmerzt. Muss mich beruhigen. Tief einatmen. Langsam Luftholen.
Einatmen. Ausatmen. Fuß tut immer noch weh. Scheiß Meditationsübungen helfen
aber auch nie.
Pistole
wieder in der Hand, Telefon sitzt jetzt in der oberen Manteltasche und zeigt Größenteils
raus. Auffällig, dass die Lagerhalle durch den Sichtschutz heraus strahlt.
Lange Reihen von Neonröhren müssen da drinnen leise vor sich in summen und die
dort Gefangenen in den Wahnsinn treiben mit ihrer Existenz, wenn sie schon
solange gefangen sind, wie ihr Aussehen vermuten lässt. Warum zum Henker kriege
ich die Tür nicht auf?
Die
Maschinen sind ruhig. Mit einem Mal, von einem Moment auf den nächsten.
Totenstille. Die Halle gleicht einer seltsamen Lightshow von stationären
Punkten inmitten einer dunklen See. Und es ist fast so ruhig, dass ich eine
Nadel fallen hören könnte. Nur momentan nicht, denn momentan kann ich meinen
Herzschlag hören. Ungünstig, schließlich werde ich immer noch vom Licht
aus der Sichtluke beleuchtet, die sich oberhalb der Tür befindet und die ich
mit solcher Gewalt geöffnet habe. Jemand oder etwas muss sich meiner
Anwesenheit bewusst sein. Fouquier? Oder einer seiner Partner? Hat Fouquier
Partner? Wenn ich solche Dinge bloß im Voraus wüsste?!
Mit
einem lauten Surren erhellt sich der gesamte Bereich. Riesige Leuchtstrahler
illuminieren die gesamte Umgebung. Es ist im ersten Moment so strahlend hell,
dass es mir in den Augen brennt. Für einige Augenblicke kann ich nur helles
Weiß sehen, wie ein Blick in die Sonne, der sich in die Netzhaut einbrennt.
Es
dauert einen Moment, ehe ich überhaupt wieder ansatzweise klare Sicht vor mir
habe. Ein paar mal mit den Augen zwinkern und allmählich kehrt das Weiß aus den
Augen heraus. Endlich kann Ich die Form der Umgebung überhaupt richtig
erfassen. Es wirkte nicht nur von der Geräuschkulisse wie eine Fertigungshalle,
denn gigantische Maschinen, Rohre und seltsame Tanks mit Warnsymbolen an den
Seiten deuten an, dass hier etwas durchgeschleust und bearbeitet wird.
Industrielle Flüssigkeiten? Mein Blick wandert umher, danach Ausschau haltend,
wo der Lichtschalter gewesen sein könnte, und noch viel wichtiger, wer ihn
betätigt hat.
Das
ungefähre Layout wird auch deutlich. Knapp 10 Meter über mir kann ich das Steg
sehen, auf dem ich durch den Rohr-Korridor in die Halle gekommen bin, und die
Halle ist noch deutlich höher angelegt, auf der anderen Seite der Treppe, die
ich herunter gekommen bin, geht es aufwärts zu einem an der Wand grenzenden
Laufsteg das zu einer einsamen Tür führt, die ungefähr auf der halben Raumhöhe
hängt und nur über das Steg und die Treppe erreichbar ist. Es ist auch von
dort, dass ich eine Gestalt erblicken kann, die sich daran macht, die Treppen
hinunter zu kommen, genau auf den Boden, auf dem ich mich gerade befinde,
wenngleich etwas versteckt neben ein paar größeren Röhren.
Immerhin
kann ich hier nirgendswo Schalter oder ähnliches erblicken und erst Recht keine
Überwachungskameras. Das hätte vermutlich meinem Ausflug ein schnelles Ende
bereitet. Die Gestalt, die die Treppe hinunter kommt, ist ein älterer Herr,
kaum noch vorhandenes schloh-weißes Haar, das sich Kranz-gleich um den mit
Altersflecken übersäten Kopf legt, welcher an einem dürren Hals und zu einem
noch dürreren Körper gehört, ummantelt von einem typischen weißen Kittel wie
man ihn aus Film und Fernsehen sofort als für Wissenschaftler und Mediziner
identifizieren würde.
Er
ist alt. Schon auf halber Wegstrecke bleibt er stehen, blickt sich um,
verschnauft. Noch auf dem Weg die untere Treppe entlang auf meine Höhenstufe
kann ich das Keuchen vernehmen, das ihm entkommt mit jedem Schritt, den er
unternimmt. Es dauert eine gute Weile, bis er endlich angekommen ist. Sollte
ich mich jetzt mit Waffe in der Hand zu erkennen geben?
Nein.
Lieber abwarten, im besten Falle kann er mir die Tür zur Lagerhalle öffnen.
Wobei ich mich frage, wie er das anstellen soll, mit solch dürren Armen, wie er
sie zu haben scheint. Das wiederum deutet mir an, dass es einen alternativen
Öffnungsmechanismus geben muss. Oder ist er nur hier, um das ganze zu
überwachen? Er hat den Boden erreicht und schlurft mit einer mich zum Wahnsinn
treibenden Geschwindigkeit irgendwann auch die große Verbindungstür.
Nanu,
er stellt sich neben die Tür und tastet die Seitenwand ab. Was könnte er
...mehrfach mit dem Finger getastet hat er eine als Wand bezeichnende
Außenplatte abgenommen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen