Hinter dem Außenpanel kann eine Schalttafel mit Symbolen, Knöpfen und einem
Schieberegler ausgemacht werden. Seltsame Zeichen und eine Rot-Gelbe
Farbmischung dominieren das Bild, aber ich bin ärgerlicherweise zu weit weg, um
genau zu erkennen, was darauf abgebildet ist. Alarmanlage?
Sicherheitsvorkehrungen?
Er drückt ein paar der Knöpfe, ein kurzer, sehr hoch-töniger Pfeifton
erklingt und mit Zischen und Surren fährt der Schieberegler in seine Richtung
aus. Was für eine seltsame Maschine soll das sein? Er nimmt beide Hände auf den
Schieberegler und zieht. Er benötigt offensichtlich all seine Kraft, den
Schieberegler hinunter zu ziehen. Was für einen Effekt soll er denn damit
auslösen? Mein Blick schweift über den Eingang und den gesamten Aufbau.
Die kleine Halle, in der die Gefangenen sind, ist durchaus übersehbar, sie
guckt etwas heraus aus der eigentlichen Wand und ist selbst nach oben hin noch
mit einem seltsamen Trichterartigen Dach versehen, von dem ein paar Rohre die
Umgebung führen. Unterschwellig stellen sich mir die Nackenhaare auf. War mein
Gedanke so nahe an der Wahrheit? Aus dem immer noch offenen Sichtschutz, durch
den der Alte nun blickt, ist mit einem Male grelles Licht zu bemerken. Gelblich-Rot,
als ob es in diesem Moment heraus strahlt.
Wie ein Vorschlaghammer geht es mir ins Mark. Es sieht nicht nur aus wie ein
Hochofen. Es ist einer. Er hat die Verbrennungsautomatik aktiviert. Ich reiße
die Waffe hoch, schnelle nach vorne, remple ihn wütend beiseite, und drücke den
Schieberegler mit beiden Händen nach oben. Ein Blick in das Sichtfenster zeigt
mir, dass es zu spät kommt. Die Flammen lodern so unauslöschlich, wie das Bild,
das sich in diesem Moment in mein Blickfeld einbrennen wird für die Ewigkeit.
Menschenleiber, die sich winden in den Flammen, welche ihnen unbarmherzig,
Stück für Stück im Feuer die Haut von den Knochen brennt. Menschen, schreiend
und wimmernd, die an den Ketten zittern, während die Flammen ihre Essenz auflecken,
kochendes Fett, das aus dem verbrannten Fleisch knisternd und zischend heraus
kommt, während alsbald der Geruch von stark verkohltem Fleisch die Halle
erfüllt. Ich kann es nicht mehr mit ansehen.
Mein Magen revoltiert. Mit einem Mal ist es, als ob alle Dämme brechen. Ich
falle, falle zu Boden, drehe mich zur einen wie zur anderen Seite. Speie das
wenige, das ich verdaut hatte mit Gift und Galle wieder aus.
Es vergeht eine kleine Ewigkeit.
Ich werde nach diesem Fall einen Psychiater brauchen. Mindestens
einen.
Fuck.
Mir ist immer noch schlecht. Der Geruch von Fleisch will nicht aus der Nase
gehen, wie sollte er auch, solange ich mich hier unten herumtreibe. Ich weiß
nicht wer diese Leute waren, aber ich weiß, dass diese Behandlung von niemandem
verdient wird. Zorn übermannt mich, hilft mir auf und lenkt mich.
Der alte Mann, den ich vor kurzem so brutal beiseite gestoßen hatte, sitzt,
wimmernd an ein Rohr gelehnt, die Hände vor den Füßen, die er angewinkelt in
Richtung seines Körpers trägt. Ich trage eine Pistole. Ich entsichere sie,
richte sie auf seinen Kopf. Der Finger ist am Abzug.
Sein Wimmern erfüllt für einen Moment die gesamte Geräuschkulisse.
Mein Zorn hält nicht an. Ich traue mich nicht, abzudrücken. Ist er so klein,
dieser Zorn, dass er mich nicht dazu bewegen kann, den alten Mann zu
erschießen, der gerade mindestens 24 Menschen auf bestialische Art und Weise
ermordet hat? Warum schaut er so seltsam, dieser alte Mann? Warum sagt er
nichts?
Heruntergebeugt beäuge ich den alten Mann. Und muss mit Schrecken
feststellen, dass er dazu keine Gelegenheit hat, selbst wenn er wollte. Er hat
keine Augen mehr. Und immer, wenn der Mund sich öffnet, kann ich den Stumpf
sehen, der einst den Platz belegt, an dem andere Menschen eine Zunge haben. Er
ist blind und stumm. Ein Werkzeug seines Folterers. Er kann nicht Fouquier
sein.
Ob er wusste, was er eben getan hat? Abscheulich. Etwas erstaunlich, aber
als ich hochkomme, beginnt die Geräuschkulisse erneut. Es verbleibt
Ohrenbetäubend. Zu mindestens denke ich mal, dass es das tut. In diesem Moment
scheine ich dermaßen abgestumpft zu sein, dass es kaum zu mir durch dringt.
Immerhin kann ich jetzt etwas sehen. Richtung Treppe kann ich die Flüssigkeit
ausmachen, aufgrund derer ich beim Hinuntergehen mir fast den Hals gebrochen
habe. Es ist eine Mischung aus dunkler Lache und eingerosteten Farben. Öl und
Blut. Wie passend für diesen Ort.
Harten Schrittes erklimme ich die Treppe nach oben. Auf dem mittleren Stege
angekommen fällt mein Blick noch einmal nach unten. Noch immer sitzt er dort,
der alte Mann im Kittel. Er bewegt sich nicht, sein leerer Blick immer noch das
Augenlicht suchend, das ihm genommen wurde. Ein Seitenblick zur Treppe hinauf,
dann zurück zum Korridor. Der alte Mann kam aus dem Bereich oben und ich bin
mir sicher, eigentlich nicht mehr unter Fouquiers Anwesen zu sein. Mit anderen
Worten, wo auch immer es da oben hingeht, es kann nicht ohne Bedeutung sein. Es
sind nur ein paar Schritte, bis ich an der Tür bin, und, vorbereitet auf alles
was da kommen mag, die Tür aufreiße.
Es ist eine weitere Treppe. Eng, kaum beleuchtet, in einem grau-grauen
Farbton gehalten, jeden zweiten Meter von einem kleinen weißlich-blauen Lichte
erfüllt. Die Stufen sind recht hoch angesiedelt, fast einen halben Meter über
der vorhergehenden Stufe und das obwohl die Decke tief genug ist, dass
ich das Gefühl bekomme, bei jedem Schritt den Kopf einziehen zu müssen. Trotz
allem eile ich, so schnell es mir hier möglich ist, nach oben.
Nach vielleicht 20 oder 30 Stufen komme ich an eine weitere Tür, die von
meiner Seite aus ein bisschen an die Tür für einen Stromkasten erinnert,
wenngleich diese Tür noch dazu etwas vernarbtes hat. Spuren von Graffiti und
einer üblen Behandlung haben klare Zeichen hinterlassen. Vorsichtig drücke ich
sie auf, während beide Hände an der Waffe dazu dienen sollen, mir Sicherheit
und Schutz zu gewähren.
Es eröffnet sich ein kleiner Raum, vielleicht Acht mal Fünf Meter groß,
gerade ausreichend für ein Büro oder ein Konferenzraum. Der Fußboden ist mit
dreckigem Fliesen übersät, während an der linken Wand eine nur schlecht instand
gehaltene Pritsche hängt und der gesamte restliche Raum mit Unrat, Müll und den
Überresten von Lebensmitteln übersät ist. An den Wänden hängen
Zeitungsausschnitte aus Zeitungen aus den 1950ern während eine alleingelassene
Funzel an der Zimmerdecke einsam den Raum beleuchtet. Eine Tür zu meiner
Rechten scheint den einzigen anderen möglichen Ausgang darzustellen, zu
mindestens wäre sie das, wenn sie nicht durch einen Berg an Müll blockiert
wäre.
Es kostet mich etwas Anstrengung, aber es gelingt mir, den Berg einigermaßen
beiseite zu schieben. Vor der Tür stehend, drehe ich am Türknauf, drücke sie
auf. Geht nicht. Mist. Ziehe. Ahhh.
Mist. Vor mir ist eine Bretterwand. Ein verlassenes Fabrikgebäude? Oder nur
ein abgeriegelter Abschnitt einer größeren Anlage? Mit ein paar Schritt zurück,
ein bisschen die Muskeln beanspruchen. Gehe in Position. Laufe los. Tackle die
Bretterwand. Und breche durch.
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