20160914

Fall 1 - LVI

Trotz des schweren Regens türm die imposante Außenfassade vor mir hoch. Steige aus dem Taxi, nachdem ich keinen Preis bezahlt habe, den der Fahrer verlangt. Wieso er abwinken mag?

Das Neptun. Ein großes Luxus-Restaurant in der Hafengegend, in dem die Schwergewichte der städtischen Industrie und Gewerkschaften ebenso ein und ausgehen wie die High Society und hohe Beamte. Ein Ort, der förmlich nach Geld stinkt, was auch von seiner blauen Außenfassade aus blauem Marmor mit Gravuren griechischer Götterszenen herrührt. Immerhin hat der Regen die meisten Leute von den Straßen getrieben, dass der etwas erhöht liegende, nur durch eine Treppe erreichbare Haupteingang, überdacht von einem schweren, von Säulen gehaltenen Vordach, aber trotz dessen von zwei sehr groß und breit wirkenden Gorillas versperrt wird.

Muss aus dem Regen raus, ehe er mich gänzlich durchnässt. Die Pfützen plätschern laut, während ich hindurch jage, aber jeder Schritt bringt mich meinem Ziel, dem Inneren näher zu kommen, ein Stück weit voran. Die Treppe hoch, eine Hand vor meinem Gesicht.

Die Hand gehört zum linken der beiden Gorillas. Glatzköpfig, mit ein paar schweren Narben auf der Kopfhaut, dunklen, getönten Brillen, als würde ich hier ein paar schlechte Beispiele aus einem Spionageroman der Siebziger beobachten, dazu ein schwarzes Hemd mit weißer Krawatte. Man könnte fast meinen, Mafiosis hätten Ausgang bekommen.

Türsteher #1 – Endstation Freundchen.

Er zwingt mich förmlich, am Rand des Vordachs stehen zu bleiben. Gerade so, dass ich noch im Regen stehe, und eben nicht den Schutz vor Wasser, Wind und Regen genießen kann. Mistkerl.

Zeichner – Hey…Jungs. Ich habe eine wichtige Verabredung da drinnen!

Der Vordermann blickt mich von oben herab an, und guckt dann zu seinem Vordermann herüber, der langsam aber stetig den Kopf schüttelt. Ein Augenblick zum Vorbeisprinten!

Zeichner – Sorry, bin spät dran.

Türsteher #1 – Hey, was zum?

Mit einem kurzen Untertauchen unter seinem Arm und einem schnellen Satz über den Boden stehe ich an der milchigen Glasschiebetür hinein und …laufe gege die geschlossen bleibende Tür. Was zum Henker?!

Eine Hand packt mich unsanft hinten am Kragen und zerrt mich zurück, während sich eine andere auf meine Schulter legt. Gorilla #2 zeigt mit einem Finger auf einen Schalter neben der Tür, verborgen durch seine Person.

Türsteher #2 – Glaub mir Dude, du bist nicht der Erste, der so was versucht.

Ein Geräusch an der Seite, ein einsames Fahrzeug tuckert über die Straße, ein Transporter, der langsam um die Ecke biegt. Mas Calamari von Käpt´n Akbar. Hmm.

Türsteher #1 – Aber der Erste dem ich die Beine dafür breche.

Ich spüre, wie sich der Druck auf meiner Schulter verstärkt, während Gorilla #2 seinem Kameraden die andere Hand auf die Schulter drückt. Ein Moment, den Knopf..auauauauaua….der Druck auf meiner Schulter zeigt mir Schraubstock-gleich an, dass es nicht der richtige Moment ist.

Ich werde umhergerissen, und stolpere, hüpfe und klatsche die Treppe hinunter, in den Regen hinein, auf die Straße, ohne vollständig umzufallen, während ich hinter mir das Gelächter der Türsteher höre.

Türsteher #1 – Und jetzt verpiss dich!

Fuck. Ich drücke mich, den Trenchcoat hochgezogen, Richtung Taxi, und schmeiße mich auf dessen Rückbank, als die Tür vor mir aufklappt. Wie ein nasser Hund schmeiße ich Wasser von mir, was mir ein Gefühl der Genugtuung, aber wenig sonst bringt.

Zeichner – Hey, können sie einmal um die Ecke da fahren? Da müsste irgendwo gerade ein Transporter vorbeigekommen sein.

Fahrer - …

Er drückt aufs Gaspedal und so schnell, wie wir gekommen sind, jault der Motor auf, als sich das Taxi in Bewegung setzt und wir brausen davon, durch Regen und nasse Straßen, ein Schwall von Wasser hinter uns lassend. Im nächsten Moment quietscht es unangenehm als wir in die Seitenstraße linkerhand um das Neptun herum einbiegen, und ich keine 30m vor uns den Transporter wiedersehe, der, dort geparkt, offen steht und den Einblick in seine Ladung erlaubt.

Wir kommen zum Stehen, ebenso abrupt wie wir angefahren sind. Der Motor läuft immer noch. Das Taxameter seltsamerweise nicht. Ich steige wieder aus, und drücke mich im Regen, an Bewuchs vorbei über die nasse Straße und in Richtung des Transporters. Jede Menge frischer Nahrung. Fisch, Krabben, Krebse. Zu meiner Linken ein unbeobachtet und einsam stehender Nebenkorridor, offen durch die aufgestellte Tür, durch welche ich in einen emsigen Küchenbetrieb gucken kann.

Schnell den Trenchcoat ausgezogen, die Krawatte ebenso gelockert und umwickelt, beides um den Arm und dann eine Kiste mit Seafood in die Arme. Während der Regen unbarmherzig trommelt, marschiere ich flugs zum Seiteneingang und trete in den Korridor. Glück gehabt, zur linken, verborgen vom einfallenden Blickwinkel, ein Sicherheitsmann. Er schaut hoch, ich schaue zurück. Wir nicken uns kurz zu, während ich die Kiste mit den Krabben hoch halte und ich mich an ihm vorbei den Korridor entlang bewege. Ein Wirrwarr an Menschen und ein großer Küchenbereich, ein asiatischer Chefkoch und viel Geschreie. Ein hinzukommender junger Mann, braunes Haar, weiße Kochuniform und halber Mütze kommt mir fuchtelnd entgegen.

Koch – Hey, was soll das? Die Krabben kommen in den anderen Bereich!

Drücke ihm kurzentschlossen einfach die Kiste in die Hand, zucke mit den Schultern und verschwinde im nächsten Moment hinter einem vollsortierten Regal mit verschiedenen Speisen und einem größeren Apparat in den sie…etwas hinein füllen. Ich will es gar nicht genauer wissen.


An den Kochplatten vorbei und den vielbeschäftigten Köchen und ihren Assistenten, wickel ich mir die Krawatte wieder um, erreiche einen Seitenkorridor, Treppen die in ein untersetztes Stockwerk gehen, einen Durchgang zum Kundenbereich und wohl zu anderen Bereichen des Restaurants. Schon Nobel, was hier so aufgefahren wird.

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