Selbst der eine Meter, den ich mit dem
Schritt hinein mache, scheint auf Glas zu kratzen. Unter meinen Füßen knirscht
es unangenehm und ich werde mit Schmerzen daran erinnert, wie aufgeregt ich
war, als sie die Tür geliefert haben. War ja nicht von Anfang an hier so drin.
Maßanfertigung. Mehrere Telefonate mit den Fachleuten.
Räuspere
mich, beim Blick, höre das Gerüffel von Kleidung und Mobiliarresten, drehe mich
dem Moment angemessen nach links, zu Schwarz.
Der
Schmerzimpuls trifft mich volle Kanne, als der Druck einer zur Faust
zusammengeballten Hand meine Wange und meinen Kopf trifft und beide radikal zur
rechten drückt. Ich verliere die Balance, stolpere unsanft zur Seite, knalle
schmerzhaft mit der rechten Schulter gegen die Überreste des Aktenschranks,
während durch die Überraschung mein Bein anfängt halb wegzuknicken. Eine halbe
Pirouette später blicke ich, mit angeschlagenem Schädel und einer sehr
ungünstig Position an der Wand. Ich kann nicht sagen, ob in diesem Augenblick
nicht mindestens zwei Frau Schwarz anwesend sind. Die Augen Tränen, der Kopf
pocht, der Bauch klopft. Und verflucht, ich habe mir auf die Zunge
gebissen….autsch.
Zeichner
– Ech värmute ech habe halbe verhient…auuu…auuu…
Während
ich noch schmerzhaft da liege und versuche meinen Körper langsam in die
richtige Bahn zu drücken, damit das aufstehen angenehmer wird, schnaubt sie
verächtlich und pustet ihre rechte Faust an.
Schwarz
– Sie hätten noch einiges mehr verdient. Die Abwesenheit war mir ja egal, aber sie hätten
mich ruhig warnen können.
Ich
kann meinen Kopf gar nicht so schnell auf Touren bringen, wie sie zu reden
beginnt, und langsam an der Wand anfange mich hoch zu drücken.
Zeichner
– Au…Wallnen…au..walln wor wah ginau?
Selbst
indem ich nicht hinblicke, kann ich den scharfen Blick spüren, der sich
momentan in meinen Schädel bohren soll. Oh gott, wie kann die verfickte Wange
so schmerzen…da ist etwas locker in meinem Mund. FUCK.
Schwarz
– Soll ich anfangen zu beschreiben oder sind sie noch clever genug, sich selber
ein Bild zu machen?
Jetzt
kann ich sie voll im Auge behalten, in harter, fast schon angreifender Pose
steht sie mitten im Raum, eine Hand immer noch auf mich zeigend, die andere
macht alle paar Sekunden die Wandlung von zur-Faust-geballt und Greifarm durch.
Zeichner
– Dasch häde ich gedahn!
Schwarz
– Zu spät, Zeichner. Viel, viel zu spät.
Langsam
weicht das Schmerzgefühl der Zunge wieder, vermutlich muss ich froh sein, dass
sie noch dran ist, während der Spuckreflex langsam ansetzt, rotze ich, wie ein
ungezogener Bengel, den Zahn mitsamt Blut und Speichel heraus. Es macht ein
unwirkliches Geräusch wie es auf dem mit den Resten meiner Existenz übersäten
Vorraums aufkommt.
Zeichner
– Was sollte ich machen?
Ich
nähere mich ihr, längst wieder in Schlagreichweite, aber selbst ihr muss klar
sein, dass ich mir das nicht ein zweites Mal gefallen lassen würde.
Zeichner
– Seitdem diese Sache angefangen hat bin ich zusammen geschlagen, überwältigt,
gekratzt, angespuckt, beschossen und verfolgt worden. Ich bin mehrfach nur
knapp mit dem Leben davon gekommen und sicher fürs Leben gezeichnet. Und es ist
nicht so, als ob ich mir das ausgesucht hätte! Wann glauben sie hätte ich sie vorwarnen sollen?
Während ich in den Pseudo-Katakomben eines verlassenen Industriegebiets
irgendwo in der Wildnis von einem Irren mit seiner Schrotflinte beharkt wurde?
Oder als ich durch die Kloake der Stadt gewatet bin auf der Flucht vor Männern
in schwarzen Anzügen? Oder doch eher in der Zeit als ich angeschossen dabei
war, zwischen ein paar Müllsäcken elendig zu verrecken?! Was meinen sie, Frau
Schwarz? HMMM!?
Im
ersten Augenblick würde ich meinen, dass ihr eine gewisse Blässe hochkommt,
während es im Hintergrund durch das Gewitter-Donnern ein kurzzeitiges,
weißliches Erleuchten der gesamten Umgebung gibt. Dann kann ich erkennen, wie
es Zornesröte sein muss, die ihr ins Gesicht geschrieben steht, alles verzerrt
zu einer grimmigen Maske.
Schwarz
– Weil sie meinten, Abenteurer spielen wäre wichtiger, wurde ich an einen Stuhl
gefesselt und zusammen geschlagen! Wenn es nach Ihnen ginge müsste ich wohl
noch dankbar sein, dass sie mich nicht vergewaltigt haben, oder wie?! Ein
einziger Anruf, Zeichner, einen Moment um Bescheid zu sagen, dass ich
vielleicht darauf achten sollte, wenn eine Gruppe von Skinheads hier rein
marschiert, ist das denn zu viel verlangt!
Sie
redet sich regelrecht in Rage.
Schwarz
– Wenn Klaus-Peter nicht gewesen wäre, alarmiert durch den Lärm als die Skins
den Laden hier auseinander genommen haben, wer weiß ob ich dann noch am Leben
wäre!? Und sie spazieren hier seelenruhig durch und reißen auch noch die Tür
mit ein. Sie sind eine wandelnde Katastrophe!
Moment
Zeichner
– Skins? Weißhemd-tragende Glatzen mit mehr Muskeln als Afrika Hungernde und so
einem kleinen, gewichtigen Typen als Sprachrohr ihrer kollektiven Intelligenz?
Schwarz
- Sie wissen auch noch wen ich
meine!? Und von sowas auch noch
verraten…
Ich
komme ihr langsam näher, lege eine Hand auf die Schulter, woraufhin sie mich
zwischen den Fingern anguckt, als würden diese ihr einen Schild, einen gewissen
Schutz verleihen. Man könnte meinen sie blickt das leibhaftige Böse an, wenn
ich ihren Gesichtsdruck
Schwarz
- Sie denken wieder, statt zu reden.
Äh…
Zeichner
- Es tut mir leid. Wenn ich das wieder gut machen…was war das?
Ein
schweres Knarzen vom Treppenabsatz. Etwas Schweres bewegt sich. Schnell. Sie
schüttelt nur den Kopf, als ich mich langsam in Richtung Türrahmen drehe. Und
im nächsten Moment von ca. 150 Kilo umgetacklet werde. Klausi schmeißt mich zu
Boden und unter mir spüre ich Glassplitter und Holztrümmer am Mantel entlang
reiben, während Schwarz im Hintergrund nur den Kopf schüttelt.
Ich
kriege im ersten Augenblick nicht nur keine Luft, sie wird mir regelrecht aus
dem Leib gepresst, während dieser Koloss von Babyspeck und Muskeln auf mir
liegt und mich zu Boden drückt, sich wie ein Gorilla anfängt langsam zu erheben
und ich das verzerrte Gesicht über mir sehen kann, schwer am Atmen, als sich
die große Faust hebt, jedes Äderchen
hervorgetreten, während sein Blick, schier wirr, einzig und allein auf einen
Fixpunkt knapp unterhalb meines Gesichts fixiert zu sein scheint. Ich kann
nicht einmal richtig Luft holen, während jeder Versuch Luft zu holen durch den
Pfundskerl über mir abgewürgt wird. Gleich ist es vorbei. Gott im Himmel…
Schwarz
– Danke Klaus-Peter, das reicht.
Ich
habe nicht mal bemerkt, wie sie an seiner Seite steht, sanft den Rücken
streichelnd, und der kindliche Riese von mir ablässt und aufsteht. Der Schwall
an Luft, der sich schmerzhaft durch meine Lungen drängt, ist eine willkommene,
wenngleich altbekannte Erfahrung.
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