Im Karneval der Rollenspielblogs, da ich ja manchmal auch was dazu schreibe, dachte ich mir, reihe ich mich auch mal ein, und befasse mich mit dem aktuellen Thema. Dieses ist:
Romantik & Liebe
Romantik und Liebe sind Dinge, die Menschen bezaubern und Herzen höher schlagen lassen. Aber im Rollenspiel? Egal was angefasst wurde, von damals noch ADnD bis heutzutage mit FATE, Romantik blieb immer auf der Strecke.
Ich kann nur aus Erfahrung berichten. Und die hat es trotzdem in sich, weil sie sicherlich ein interessantes Spiegelbild der Behandlung dieser Themen sowohl durch die Spieler/innen als auch durch das Rollenspiel selbst abbildet.
Damit meine ich nicht Erfahrungsberichte wie damals mit den ersten Gehversuchen im Rollenspiel mit 13 Jahren, wo man schnippisch lacht, wenn man auf Charisma würfelt, um die Bedienung in der Taverne rumzukriegen.
Ein Beispiel aus meiner Erinnerung. Die Situation ergab sich daraus, dass ein Spieler nicht nur den gesellschaftlichen Aufstieg suchte, sondern auch den dazugehörigen sozialen Unterbau, hoffte quasi seinen Namen einzubringen.
Im Rahmen der Session machte sich der Spieler, nachdem er erst hinterrücks den Gatten der werten Dame abserviert hatte, an besagte Dame ran, denn sie war die Tochter eines schwer reichen Kaufmannes, dessen Nachfolgesproß die Party erst kurz zuvor auf seinen wohlverdienten Posten als Führer des Handelshauses geholfen hatte.
Obwohl die "Beziehung" im Rahmen der Ereignisse immer wieder eingebunden wurde, wurde sie zumeist ignoriert oder an die Seite gespielt. Lieber nicht damit befassen, oder nur in abstrakten Out-Of-Game-Gesprächen, um das ganze hoch zu halten. Klar, der Spieler wollte ja nicht wirklich die Romanze, er wollte nur die gesellschaftlichen und politischen Hintergründe, die sich an den Namen bunden.
Dies ist aber sowohl ein Indikator für die typische Behandlung solcher Elemente. Lieber den Aspekt "Romanze" ausblenden, und dafür das ganze über "Mechaniken" abhandeln. Die Dame wird eher wie die Prinzessin im Elfenbeinturm behandelt. Ein hehres Objekt der Verehrung und Reinheit, das nicht mit solchen weltlichen Dingen wie Romantik beschmutzt werden sollte. Und der Spieler erzählt währenddessen feixend "die hätte er rumgekriegt".
Ein andernmal suchte eine Spielerin sich eine direkte, unkomplizierte Beziehung, musste aber feststellen, dass über die Monate hinweg dieselbe komplizierter und anstrengender wurde. Die Trennung, welche nicht ausgespielt wurde, war dann direkt tränenreich. Da war die Spielerin vor den Kopf gestoßen. Nicht mit so etwas zu rechnen kann an verschiedenen Dingen liegen. Weil es im Spiel nicht erwartet, oder erwünscht ist, vielleicht auch?
In einem anderen Beispiel und Rollenspiel, welches den erzählerischen Aspekt nach vorne legte, war die Romantik oder besser, die Liebschaft, direkt mechanisch verankert. Trotz allem war sie aber nicht etwas, das zu zelebrieren oder auszuleben war, sondern selbstsüchtig versteckt werden musste. Das System selbst betitelte das amüsanterweise als "Nachteil", was natürlich auch bedenklich ist.
Aber letztlich ist es doch auch die Frage, ob die stiefmütterliche Behandlung denn überhaupt schlecht ist. Denn im Rahmen der Idee des Rollenspiels muss man sich fragen, ob das etwas ist, für das die meisten sich a) interessieren oder diese Art von Eskapismus überhaupt nutzen wollen.
Liebe, Romantik, diese Aspekte sind alles Dinge, welche die meisten am Spieltisch eher vermeiden wollen. Rollenspiel ist Entspannung und Spaß für die einen, soziales Miteinander für die anderen. Aber allein in der Komplexität menschlicher Beziehungen ist Rollenspiel durch sein Ausblenden hier für viele angenehmer. Das muss beileibe nicht schlecht sein, aber es sollte deswegen auch nicht direkt gut geheißen werden.
Tatsächlich ist Romantik&Liebe etwas, das ja in unser aller Leben reinspielt, umso trauriger also, dass wir spezielle Rollenspielsysteme benötigen, um uns zu trauen, sie auch ins Spiel selbst einzubringen, siehe Monsterhearts etc. Es sollte deutlich natürlicher sein und ganz klar mehr Gewicht haben, denn keiner von uns kann ohne dieses leben.
Wir lieben Freunde, Familie, Mitmenschen. Wir bezirzen, belügen, verraten, vertrauen, und all das sind Elemente, die im Rollenspiel, durch die Chance, eine andere Rolle einzunehmen, eigentlich umso eher rein kommen können sollten, es aber nicht tun.
Was sagt uns das aber? Sollen wir jetzt plötzlich anfangen, ständig hochkomplexe, beziehungsüberladene Charaktere und Rollenspiele zu spielen, uns in Drama und Seifenopern verlieren, weil ja Romantik und Liebe überbordend von Bedeutung sind? Oder müssen wir all diese Dinge endlich in die kleine Kiste sperren, in die sie gehören?
Weder noch.
Wir müssen kein Extrem wählen. Aber wir sollten uns mal trauen, vielleicht doch mal über unseren eigenen Schatten zu springen. Romantik im Rollenspiel kann auch Spaß machen. Man muss sich nur trauen.
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